UPDATE Fred Rutten kann sich mit seiner neuen Rolle auf Schalke, Trainer und Manager in Personalunion zu sein, nicht anfreunden. Der Niederländer weint Andreas Müller eine Träne nach. "Andi war mehr als mein Chef. Es ist sehr emotional. Aber wir müssen Profis sein", sagte Rutten.
Die Position des Trainers wurde durch Müllers Entlassung indes keineswegs gestärkt. Aufsichtsratschef Tönnies bestätigte dem "kicker", Müller nach dem Pokal-Aus in Mainz darauf hingewiesen zu haben, welche Maßnahmen dessen Vorgänger Rudi Assauer ergriffen hätte, nämlich den Trainer zu feuern. Tönnies betonte zwar, Müller diesen Schritt nicht empfohlen zu haben, doch allein der Gedanke ist ein Indiz dafür, dass Ruttens Job am seidenen Faden hängt.
Auch Bruchhagen sagt ab
Eine Niederlage am Freitag beim VfL Wolfsburg kann sich der Coach wohl nicht erlauben, wenn er seinen Job behalten will.
Bei der Manager-Suche will sich Tönnies Zeit lassen. Ebbe Sand und Olaf Thon kommen laut Tönnies nicht infrage, Oliver Kahn und Heribert Bruchhagen haben bereits abgesagt.
Das Anforderungsprofil für den Neuen bietet ein weites Spektrum. Doch im Augenblick scheint es, als müsse Müllers Nachfolger vor allem für die Fans gut vermittelbar sein - und natürlich auch bezahlbar. Namen gibt es aber weiterhin reichlich. Von hoch seriös bis extrem abwegig. Ein Überblick.
Kandidat mit Stallgeruch
Marc Wilmots: "Früher hatten wir auf Schalke auch einen starken Mann, der die Richtung vorgab - und die anderen folgten. Das war die Basis für den Erfolg", sagte Wilmots am Montag im "Kicker". Insofern nimmt er sich damit selbst aus dem Spiel. Denn der geforderte starke Mann ist der Belgier nicht und überdies noch unerfahren. Das ehemalige Senatsmitglied der belgischen Regierung ist bei den Fans allerdings noch immer hoch angesehen und bis heute das Sinnbild der Eurofighter von 1997.
Die klassischen Varianten
Rolf Rüssmann: Eine Schalker Institution. Über 300 Bundesligaspiele für Königsblau, dazu bereits zwischen Februar und August 1987 schon einmal Manager auf Schalke. Rüssmann hat schon zehn Jahre Managererfahrung auf dem Buckel (neben Schalke auch bei Borussia Mönchengladbach und beim VfB Stuttgart) und den Lokalkolorit, den sich Tönnies und Co. wohl auch wünschen. Allerdings ist Rüssmann nach seinem Rauswurf beim VfB vor sechs Jahren ohne Job im Profigeschäft.
Peter Pander: Die Allzweckwaffe. Pander war bereits beim VfL Wolfsburg und Borussia Mönchengladbach als Manager aktiv, verfügt also über genügend Erfahrung. Allerdings ist der 58-Jährige nicht die erhoffte 1A-Lösung, bringt kein Renommee mit und hat auch bei seinen vorigen Stationen keine großen Erfolge aufzuweisen.
Christian Hochstätter: Wurde erst vor einigen Wochen bei Hannover 96 entlassen und wäre damit ebenfalls sofort zu haben. Hat schon sieben Jahre Erfahrung bei Hannover und in Gladbach gesammelt. Allerdings gilt auch für Hochstätter: Kein Hochkaräter.
Jörg Schmadtke: Schied im Oktober im Unfrieden vom Zweitligisten Alemannia Aachen. Davor hatte Schmadtke sieben Jahre lang hervorragende Arbeit auf dem Tivoli geleistet und gezeigt, dass er ein klares Konzept auch vernünftig umsetzen kann. Allerdings wäre der Sprung ins Haifischbecken auf Schalke ein enorm großer Schritt und ein Wagnis zugleich. Interesse scheint Schmadtke durchaus zu haben. "Ich habe lange genug ausgesetzt", sagte der 44-Jährige. Auf die Frage nach Kontakten zu Schalke antwortete er: "Man kennt sich." Grundsätzlich sei er interessiert, "aber dazu gehören immer zwei Seiten".
Die Kandidaten in Doppelfunktion
Fred Rutten: Der Trainer und Interims-Manager bleibt in beiden Ämtern. Ein sehr unwahrscheinliches Szenario, da selbst sein Verbleib als Trainer nach der Saison momentan am seidenen Faden hängt.
Huub Stevens: Seit Stevens vor ein paar Wochen das Aus beim PSV Eindhoven ereilte, geistert sein Name in schöner Regelmäßigkeit durch Gelsenkirchen. Stevens könnte nach englischem Vorbild - wie übrigens etliche seiner holländischen Kollegen auch - Trainer und Manager in einer Person werden. Felix Magath macht beim VfL Wolfsburg derzeit vor, dass das durchaus funktionieren kann.
Louis van Gaal: Der General wäre für viele Schalker ein Traum. Van Gaal ist ein harter Hund, mit einem außerordentlichen Gespür für Talente und würde als Ex-Coach von Ajax Amsterdam und dem FC Barcelona das gewünschte Flair mit in den Ruhrpott bringen. Mit seinem derzeitigen Klub AZ Alkmaar dominiert van Gaal die Eredivisie mit elf Punkten Vorsprung und steht vor dem ersten Titelgewinn seit beinahe 30 Jahren. Van Gaals Vertrag bei AZ läuft aber noch bis Sommer 2010.
Jacobson "Co" Adriaanse: Noch ein Niederländer. Adriaanse steht für Offensivfußball, sorgte mit Alkmaar vor einigen Jahren für Aufsehen und holte danach mit dem FC Porto zwei Titel. Im Sommer 2008 beerbte er Giovanni Trapattoni in Salzburg und steht mit Red Bull kurz vor dem Gewinn der Meisterschaft. Sein Vertrag in Salzburg läuft im Sommer aus.
Dick Advocaat: Eine echte Hausnummer. Advocaat ist bei UEFA-Cup-Sieger Zenit St. Petersburg der Alleinherrscher, also Trainer und Manager in einer Person. Vor ein paar Wochen wurde er mit der russischen Nationalmannschaft in Verbindung gebracht, weil deren Coach Guus Hiddink als Interimslösung beim FC Chelsea angeheuert hatte. Advocaat lehnte aber ab. Advocaats Vertrag in Russland läuft noch anderthalb Jahre - aber zwischen St. Petersburg und Schalke besteht seit dem Deal mit Hauptsponsor Gazprom ja eine ganz besondere Beziehung...
Die sehr unwahrscheinlichen Varianten
Klaus Allofs: Auch Mister Bremen war vor ein paar Monaten mal im Gespräch. Allerdings legte Werder damals schon ein klares Veto ein. Im Sommer wird Bremens Kader komplett umgekrempelt und Allofs soll der Baumeister des neuen Werder sein. Zudem wird Allofs auch immer wieder als Nachfolger des Ende des Jahres scheidenden Uli Hoeneß bei den Bayern gehandelt.
Andreas Möller: Turbo-Andi ist seit August 2008 Manager beim Drittligisten Offenbacher Kickers und macht beim OFC einen richtig guten Job. Im Sommer 2000 landete Schalke mit der beinahe sensationellen Verpflichtung Möllers von Borussia Dortmund schon einmal einen echten Kracher.
Rudi Assauer: Der Vorgänger Müllers war am Ende auch sein schärfster Kritiker. Assauer meldete sich immer wieder zu Wort, besonders in Krisenzeiten. Damit hat er sich innerhalb des Klubs viele Feinde gemacht. Allerdings ist auch Faktum: Unter Assauer hatte Schalke so viel Erfolg wie nie.