SPOX: Der Sieg im Pokal gegen den KSC war das lang ersehnte Erfolgserlebnis, von dem man sich nun Selbstvertrauen und Sicherheit verspricht. Geht das wirklich so einfach?
Mats Hummels: Es war für uns einzig und allein wichtig, das Achtelfinale zu erreichen. Das haben wir geschafft. Mit diesem positiven Schub gehen wir das nächste Spiel an.
SPOX: Lucas Barrios war nicht nur wegen seiner zwei Treffer kaum wieder zu erkennen, sondern auch was Spielfreude und Bindung zu den Mitspielern angeht...
Hummels: Lucas hat einfach eine Eingewöhnungszeit gebraucht. Schließlich hat er den Kontinent und all seine Lebensumstände geändert. Vom ersten Tag an ist er bei uns total engagiert zur Sache gegangen. Deshalb freuen wir uns, dass er in Karlsruhe zwei tolle Tore erzielt hat.
SPOX: In der Bundesliga gab's zuletzt wenig Grund zur Freude. Inwiefern war das Verpassen der Europa League in der letzten Sekunde der Vorsaison ein Genickschlag, den man mitgenommen hat?
Hummels: Dass uns das nicht gefallen hat, ist ja klar. Ein Stück weit hat uns das auch beeindruckt, das muss ich zugeben. Das ist aber lange abgehakt und hat nach meiner Überzeugung nichts mit dem holprigen Saisonstart zu tun.
SPOX: Was dann?
Hummels: Die Niederlage in Hamburg haben wir schwer verdaut. Wir haben es dann nicht geschafft, die Führung, die wir in jedem der vier Spiele danach hatten, durch eine konstant gute Leistung über 90 Minuten zu halten oder auszubauen. So etwas würde uns bestimmt mehr Sicherheit und Selbstbewusstsein geben.
SPOX: Letzte Woche war die Mannschaft im Kurztrainingslager in einem Kloster. Wie sah denn dort der Tag aus?
Hummels: Vom Training her war das ganz normal. Wir trainieren auch in Dortmund dienstags und mittwochs je zweimal. Der Unterschied war, dass wir abends oft zusammengesessen sind und lange miteinander geredet haben.
SPOX: Wer hat mit wem geredet?
Hummels: Der Trainer mit uns oder wir Spieler untereinander ohne Trainer. Es ging einfach darum, zu analysieren, was die Gründe für unser Abschneiden zuletzt waren und was wir ändern müssen. Jeder hat sich ein Stück weit mehr ins Team eingefügt.
SPOX: War das vorher nicht so?
Hummels: Man kann jetzt nicht sagen, dass wir als Team gespalten waren. Es war einfach nicht dieser hundertprozentige Zusammenhalt zu spüren, der uns in der letzten Saison ausgezeichnet hat.
SPOX: Sie sagten, es gab Aussprachen ohne Trainer. Wer hat diese denn initiiert?
Hummels: Da hat jeder seinen Teil dazu beigetragen. Bevor Sie aber fragen: Ich werde nicht verraten, was da genau besprochen wurde (lacht). Aber es ist doch völlig normal, dass sich eine Mannschaft auch mal ohne den Vorgesetzten trifft und sich unter Männern die Meinung gesagt wird.
SPOX: Hat der Trainer auch seine Meinung geäußert, warum Sie zum Beispiel nach dem Debakel gegen die Bayern wieder in der Innenverteidigung ran durften?
Hummels: Das weiß ich nicht genau. Der Trainer hat keine konkreten Gründe genannt, warum ich wieder hinten gespielt habe. Da kann ich wie Sie auch nur spekulieren.
SPOX: Als Sie zu Saisonbeginn nur auf der Bank saßen, hatte man das Gefühl, dass Sie etwas resigniert haben.
Hummels: Ich habe nicht resigniert, sondern war enttäuscht, dass ich nicht gespielt habe. Meine Vorbereitung war zwar auch nicht ideal, aber ich war einfach traurig, dass ich nicht direkt Stammspieler wurde. Auf der Bank hat man eben weniger Spaß.
SPOX: Es schien aber, dass Sie gegen Neven Subotic und Felipe Santana gar keine echte Chance bekamen. Wie begründete Jürgen Klopp denn Ihr Bankdasein?
Hummels: (überlegt lange) Ich bitte um Verständnis, dass ich Ihnen das nicht verrate.
SPOX: Sie durften dann zuerst auf der Sechserposition ran - wie im U-21-EM-Finale. Das kam damals recht überraschend. Für Sie auch?
Hummels: Zu diesem Zeitpunkt auf jeden Fall. Horst Hrubesch hatte mir am Tag nach dem Halbfinale Bescheid gegeben. Ich war vollauf begeistert, dass er mir so viel Vertrauen schenkte. Das war ja mein erstes Spiel nach über einem halben Jahr Pause. Und dann auf einer relativ ungewohnten Position und im Finale - überragend!
SPOX: Beim BVB spielten Sie aber nur, weil Sebastian Kehl und Tinga ausfielen und Nuri Sahin sich auf einer anderen Position behauptet hat. Fühlt man sich da nicht als Notnagel?
Hummels: Nein, ich war einfach nur froh, dass ich zum Einsatz komme. Es ist mir aber schon klar, dass es anders gewesen wäre, wenn alle fit gewesen wären. Aber als ich verletzt war, haben auch andere davon profitiert.
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SPOX: Apropos Verletzung: Sebastian Kehl fehlt dem BVB und seine Rückkehr steht weiterhin in den Sternen. Wie niedergeschlagen ist er derzeit?
Hummels: Er gibt sich kaum niedergeschlagen. Er hat eben einfach sehr großes Pech. Wir als Mannschaft aber auch, denn wir brauchen ihn. Er ist sowohl auf als auch neben dem Platz eine unumstrittene Persönlichkeit, die uns natürlich gut zu Gesicht stehen würde.
SPOX: Vor allem im Revierderby am Samstag. Die Fans sangen in Karlsruhe schon vom Derbysieg. Was bekommt denn die Mannschaft von der Euphorie mit?
Hummels: Die Bedeutung des Derbys für die Fans spürt man in jedem Gespräch, in jedem Zuruf. In Dortmund kribbelt es. Wir werden im Derby alles tun, um die Wünsche der Fans zu erfüllen.
SPOX: Sie haben zuvor lange Zeit in München gespielt. Kann man außerhalb des Ruhrgebiets überhaupt die leiseste Ahnung davon haben, was das Spiel für die gesamte Region bedeutet?
Hummels: Vorher kannte ich die Ausmaße in der Tat nicht. Mittlerweile hat man aber verinnerlicht, wie die Fans und das gesamte Ruhrgebiet darüber denken und dass bei dieser Partie sehr viel auf dem Spiel steht.
SPOX: Wurde Ihnen, als Sie zum BVB kamen, in irgendeiner Weise die Geschichte dieser Rivalität erklärt?
Hummels: (lacht) Also nicht direkt nach meiner Verpflichtung. Vor dem 3:3 im Vorjahr wurde der gesamten Mannschaft ein Video von den besten Derby-Highlights aus Dortmunder Sicht gezeigt. Da hat man dann deutlich gesehen, was von einem erwartet wird und wie die Fans darüber denken.
SPOX: Auf den Rängen und außerhalb des Stadions wurde die Grenze des Erlaubten zuletzt allerdings mehrfach überschritten. Welche Vorschläge haben Sie, um die stetig steigende Gewalt zu bekämpfen?
Hummels: Auf dem Platz kann man nur dadurch positiv dazu beitragen, dass man keine groben Fouls begeht oder andere hässliche Szenen provoziert. Man muss fair bleiben, auch wenn das Spiel so emotional für alle Beteiligten ist. Alles Negative spiegelt sich dann nämlich sehr schnell auch auf den Rängen wider.
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