Seinen Humor hat Franck Ribery noch nicht verloren. Als Daniel van Buyten beim Pressetalk des FC Bayern am Mittwoch gefragt wurde, ob er seine beste Zeit beim FC Bayern erlebe, schüttelte Ribery den Kopf und wischte seinem Kumpel mit der Hand durch die Haare.
Ein kurzer Augenblick willkommener Ablenkung für den 26-Jährigen in einer nicht enden wollenden Leidenszeit. Die Hinrunde musste sich Ribery aufgrund einer Knieverletzung fast komplett schenken und jetzt zwingen ihn im Trainingslager der Bayern in Dubai zwei entzündete Zehen erneut zum Zuschauen.
Außer bei einer leichten Laufeinheit am Dienstag war Ribery noch nicht auf dem Trainingsplatz auf der Anlage des von Frank Pagelsdorf trainierten Al Nasr Sports Club Dubai zu sehen.
Angeknackste Psyche
"Mit der Verletzung geht es hoch und runter. Einmal wird es besser, dann ist es wieder schlechter. Heute ist es wieder schmerzhaft", sagte Ribery am Mittwoch. Ein bisschen Radfahren auf dem Ergometer - mehr war an diesem Tag nicht drin.
Die permanenten Wehwehchen kratzen am Selbstbewusstsein des Franzosen. Ribery ist nicht nur physisch angeschlagen. Auch die Psyche ist angeknackst. "Ich drehe noch nicht durch, aber die Verletzungen bereiten mir viel Stress. Ich habe Probleme und im Moment keine Form. Das beschäftigt mich schon. Zumal die Rückrunde für den Verein und für mich sehr wichtig ist. Im Sommer gibt es noch eine Weltmeisterschaft", so Ribery.
Noch hat Ribery die Hoffnung auf einen Einsatz im ersten Pflichtspiel des Jahres gegen 1899 Hoffenheim aber nicht aufgegeben: "Zum Rückrundenstart will ich auf jeden Fall im Kader stehen. Es wäre schön, wenn ich noch in Dubai mit dem Ball trainieren könnte."
Pendant der Flügelzange wartet sehnsüchtig
Ein Spieler wartet sehnsüchtig auf die Rückkehr von Ribery: Arjen Robben. Der Niederländer will endlich zeigen, wie gut die mit so vielen Vorschusslorbeeren ausstaffierte Flügelzange der Bayern ist. "Ich habe große Lust, mit Franck Ribery zusammenzuspielen. Das war bislang leider selten der Fall", sagte Robben.
Dem 25-Jährigen ist es auch egal, in welchem System die beiden zum Einsatz kommen. "Wir können mit Ribery und mir 4-4-2 und 4-3-3 spielen. Wir müssen in beiden Systemen unsere Defensivarbeit machen. Vor allem müssen wir sie verbessern", sagte Robben zu SPOX.
Robben dreht auf
Der derzeitige körperliche und psychische Zustand der beiden Superstars könnte allerdings unterschiedlicher kaum sein. Während Ribery in flauschigen Pantoffeln das Vormittagstraining im Rasen sitzend verfolgte, weil seine entzündeten, Blut unterlaufenden Zehen nicht mal in einen Turnschuh passen, spult Robben ein beeindruckendes Pensum ab.
Im bislang einzigen 11-gegen-11 am Montag war Robben sehr agil und bereitete zwei Tore von Mario Gomez erstklassig vor. Im sehr intensiven 5-gegen-5 am Dienstag erzielte er ein Tor nach dem anderen und zeigte auch in den Zweikämpfen den nötigen Biss.
Der beste Robben kommt noch
Dass Robben nicht nur Freude am Spiel hat, sondern auch in einer guten körperlichen Verfassung ist, zeigte sich beim Sprinttraining. Alle Feldspieler stellten sich auf Höhe der Strafraumlinie auf und sprinteten gleichzeitig zur Mittellinie. Robben kam dort meistens ein, zwei Meter vor dem Rest an. Kein anderer Bayern-Spieler hat eine so kurze Reaktionszeit und einen so starken Antritt wie Robben. Der Niederländer hinterlässt bislang den besten Eindruck aller Feldspieler des FC Bayern.
"Letzten Sommer hatte ich keine vernünftige Vorbereitung. Jetzt habe ich große Lust auf Fußball und möchte in der Rückrunde alle Spiele machen", sagte Robben und gab gleich noch eine Warnung an die Konkurrenz heraus: "Bayern hat den besten Arjen Robben noch nicht gesehen."
Ribery widerspricht seinem Berater
Den besten Franck Ribery haben die Bayern auch eine Zeitlang nicht mehr gesehen. In Dubai schuftet der Franzose, um endlich wieder beschwerdefrei Fußball spielen zu dürfen.
Dass er dies in absehbarer Zukunft bei Real Madrid, beim FC Chelsea oder in Barcelona tun wird, steht keineswegs fest. "Ich entscheide über meine Zukunft. Wir werden uns zusammensetzen und dann sehen, wie es weiterläuft", sagte Ribery und widersprach damit energisch seinem Berater Alain Migliaccio, der vor wenigen Tagen behauptet hatte, Ribery werde seinen 2011 auslaufenden Vertrag bei den Bayern auf keinen Fall verlängern.
"Warum nicht?", antwortete Ribery auf die entsprechende Frage. Die Entscheidung soll vor der WM fallen. "Bis dahin muss alles geregelt sein", so Ribery.
Komfortable Situation
Erste Gespräche mit Ribery planen die Bayern für Februar. "Natürlich sind wir uns bewusst, dass er ein außergewöhnlicher Spieler ist. Wir werden versuchen, ihn zu halten. Aber es muss eine Situation sein, mit der beide Seiten gut leben können - die berühmte Win-win-Situation", sagte Sportdirektor Christian Nerlinger dem "sid".
Die Bayern sind in einer komfortablen Situation. Entweder sie behalten einen Weltklasse-Spieler oder sie bekommen am Ende der Saison viel Geld.
Bevor aber überhaupt verhandelt wird, muss Ribery fit werden. "Wichtig ist, dass er zurückkommt und sich stabilisiert", so Nerlinger. Dann kann Ribery auch auf dem Platz wieder lachen.