Stein, Weber, Bindewald, Binz, Falkenmayer, Bommer und Yeboah - allesamt Frankfurter Helden, deren Verehrung bis heute andauert. Mit diesem ausgewogenen Gerüst an Defensiv- und Offensivspielern gelang der Eintracht in der Saison 1993/1994 letztmals die direkte Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb.
Seitdem sind 16 Jahre vergangen und der fünfte Tabellenplatz war für die Eintracht meist so weit weg wie Charly Körbels Rekord von 602 Bundesligaeinsätzen.
Aktuell aber befindet sich die Eintracht auf den Spuren von Stein und Co. Nach nur einer Niederlage aus den letzten neun Partien schnuppert man am Riederwald an den Europapokalrängen. Die Ursachen für diese von vielen Beobachtern nicht für möglich gehaltene Leistungsexplosion sind vielfältig.
Bruchhagen spricht vom "Herzstück"
Der neue Trainer Michael Skibbe entstaubte mit seiner erfrischend forschen Spielphilosophie das antiquierte Bild der zögerlich-defensiven Eintracht der vergangenen Jahre.
Den Kader musste er dazu allerdings fast nicht umkrempeln. Einzig Maik Franz, Pirmin Schwegler und seit dem Winter Halil Altintop sind in eine Mannschaft gekommen, deren Gerüst seit Jahren steht, die nun aber erstmals ihr wahres Potenzial anzudeuten scheint.
Das "Herzstück", wie es SGE-Boss Heribert Bruchhagen im Gespräch mit SPOX nennt, besteht aus sieben Spielern, die seit fünf oder mehr Jahren bei der Eintracht spielen und größtenteils auch schon den Bundesligaabstieg 2004 mitgemacht haben.
SPOX gibt einen Überblick über die Achse, die das Spiel der Frankfurter derzeit so variabel und erfolgreich macht.
Oka Nikolov (35 Jahre, seit Juli 1991 im Verein): Der Inbegriff des Urgesteins. Der Keeper mit mazedonischen Wurzeln hat sich über die letzten Jahre einen zähen Zweikampf mit allerhand Konkurrenten geliefert und stand trotz seiner Schwächen in der Strafraumbeherrschung und regelmäßig wiederkehrenden Patzern die meiste Zeit im Tor. Warum? Weil neben Schatten auch viel Licht zu sehen ist und Nikolov seiner Mannschaft auch mal im Alleingang Punkte sichert. Strahlt eine Bärenruhe aus, mit der er auf seine Mitspieler einwirkt. Steht derzeit erstmals seit Ewigkeiten abseits des Sportlichen im Mittelpunkt: Red Bull New York möchte Nikolov ab März in seinen Reihen sehen - und das Urgestein ist nicht abgeneigt. "Es wäre fatal, wenn er ginge", sagt Skibbe, der noch Ralf Fährmann und Markus Pröll in der Hinterhand hat. Ein weiterer Beleg für Nikolovs Unersetzlichkeit.
Marco Russ (24 Jahre, seit Juli 1996 im Verein): Trägt seit der C-Jugend den Adler auf der Brust. Gehört seit sechs Jahren zum Profiteam und ist seit drei Jahren unumstrittener Stammspieler. Als Innenverteidiger äußerst zuverlässig, zweikampf- und kopfballstark und mit einer natürlichen Aggressivität ausgestattet. Nicht umsonst gewann Frankfurt 52 Prozent seiner Zweikämpfe am Ball - die beste Bilanz nach Spitzenreiter Leverkusen. Schwächen: Ist wahrlich kein Lautsprecher. Zudem schleichen sich ab und zu Konzentrationsfehler in sein Spiel ein - siehe das Eigentor bei der Heimpleite gegen Köln.
Christoph Spycher (31 Jahre, seit Juli 2005 im Verein): Der Schweizer Nationalspieler trägt seit letztem Sommer die Binde und ist nicht nur deshalb eine Führungskraft in "allen Bereichen", wie Skibbe sagt. Besticht durch schnörkelloses Spiel und taktisch gut geschultes Auge. Bewegt sich geschickt im Raum, ist offensiv allerdings weniger präsent. Sein Vertrag läuft zum Saisonende aus, scheinbar interessiert sich Lazio Rom für ihn. "Christoph muss gehalten werden, er ist ein Kopf dieser Mannschaft", lobt Bruchhagen.
Patrick Ochs (25 Jahre, seit Juli 2004 im Verein): Solide, schnell und mit Vorwärtsdrang ausgestattet. Skibbes Schachzug, Ochs statt als Rechtsverteidiger im rechten Mittelfeld auflaufen zu lassen, ist einer der Hauptgründe für den aktuellen Höhenflug. Dass der gebürtige Frankfurter dabei kaum Anlaufzeit benötigte, ist seiner Laufstärke geschuldet, dank der er sich taktisch geschickt bewegt und schnelles Umschalten garantiert. Seine Vielseitigkeit nutzte Skibbe auch schon auf der Sechserposition, wo er aufgrund seiner Defensivstärke geschickt verschiebt und Räume zuläuft. Wenn er seine Form hält und torgefährlicher wird, durchaus ein Kandidat für die Nationalelf.
Chris (31 Jahre, seit August 2003 im Verein): Von Funkel und Skibbe in einem Zug als "wichtigster Spieler" betitelt. Der Brasilianer verleiht dem Team Stabilität, ob im defensiven Mittelfeld oder in der Innenverteidigung. Der Pendler zwischen den defensiven Mannschaftsteilen hat einen hervorragenden Kopfball, antizipiert gut und dient als erster Umschaltspieler. Sein Manko: Er hat es in seinen sechseinhalb Jahren am Main bis heute nicht geschafft, mehr als elf Partien am Stück zu absolvieren, da er immer wieder durch Verletzungen zurückgeworfen wurde. Wirkt allerdings in manchen Situationen mental abwesend.
Benjamin Köhler (29 Jahre, seit Juli 2004 im Verein): Das Stehaufmännchen. Pendelt oft zwischen Spielfeld, Bank und Tribüne. Ob auf dem linken Flügel, als Linksverteidiger, im offensiven oder defensiven Mittelfeld - der technisch beschlagene und ballsichere Köhler kann alles. Schaffte bei Hertha BSC zwar den Sprung in die U 21, musste jedoch den Umweg über die 2. Liga (Duisburg) und Regionalliga (Essen) gehen, um in der Bundesliga anzukommen. In der Hinrunde - mal wieder - völlig weg vom Fenster (nur vier Startelfeinsätze). Seit Korkmaz' Verletzung drin im Team und mit drei Toren in den letzten vier Partien.
Alexander Meier (27 Jahre, seit Juli 2004 im Verein): Ein Mann, wie ihn sich eigentlich jede Mannschaft wünschen müsste: kopfballstark, torgefährlich, nervenstark, herausragende Technik, im Offensivbereich vielseitig einsetzbar. Ohne seine Verletzungsanfälligkeit wäre er wohl schon längst bei einem Topklub. Mitunter aber auch phlegmatisch. Taucht über weite Strecken eines Spiels ab, ist in den entscheidenden Situationen aber da - wie beim Siegtor in Dortmund. Stand als einziger Akteur in allen 22 Partien in der Startelf und hat mit sieben Treffern seinen persönlichen Rekord eingestellt.
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