Als Wolfgang Overath am 14. Juni 2004 die Macht beim 1. FC Köln an sich riss und Huub Stevens als Wahlgeschenk präsentierte, schallten dem Weltmeister von 1974 minutenlanger Applaus und "Wolfgang, Wolfgang-Sprechchöre" entgegen.
Alles sollte sich ändern beim ersten Bundesliga-Meister von 1964. Overath stellte vollmundig einen Vier-Jahres-Plan vor, an dessen Ende die Rückkehr auf die internationale Fußball-Bühne stehen sollte.
1. FC Köln: 24 Millionen Euro Schulden
Wieder großer Applaus, wieder Sprechchöre, die FC-Hymne wurde gesungen, alle lagen sich in den Armen.
Über sechs Jahre ist das inzwischen her. Nach Stevens sind fünf weitere Trainer gekommen. Ein Abstieg folgte, der fünfte der Vereinsgeschichte könnte nun am Saisonende bittere Realität werden.
Gut 60 Spieler wurden seit 2004 geholt, der Schuldenberg auf gut 24 Millionen Euro angetürmt und doch ist der FC vom Europacup weiterhin soweit entfernt wie der Kölner Dom vom Vatikan. Der Soll-Ist-Vergleich kommt in der Nachbetrachtung einer Bankrotterklärung gleich. Und in den Armen liegt sich auch keiner mehr.
Ungemütliche Fragen für Meier und Overath
Kein Wunder, dass es bei der nächsten Mitgliederversammlung am Mittwoch (19.00 Uhr) ungemütlich für Overath, Manager Michael Meier und Co. zugehen dürfte.
Die Kölner Fußball-Seele kocht nach dem Sturz auf den letzten Tabellenplatz und der 0:4-Demütigung gegen den ungeliebten Rivalen Borussia Mönchengladbach.
Mit Fensterreden ist es nun nicht mehr getan. Overath wird den Mitgliedern viele unangenehme Fragen beantworten müssen, so er denn überhaupt erscheint.
Wie aus dem Umfeld des 67-Jährigen durchsickerte, soll er über einen Rücktritt nachdenken. Mit ihm würden dann auch seine Vorstandskollegen Jürgen Glowacz und Friedrich Neukirch abdanken. Derartige Absichten hat Meier ("Ich habe nichts verbrochen") nicht, wenngleich für seine Person schon Nachfolge-Kandidaten (Matthias Sammer, Jan Schindelmeiser) gehandelt werden.
Beckenbauer stellt sich hinter den FC-Präsidenten
Unterdessen formiert sich bereits der Widerstand. Im Internet rufen FC-Mitglieder dazu auf, dem Vorstand die Entlastung zu verweigern. Das hätte zwar keine direkten Folgen, käme aber einem Vertrauensentzug gleich.
Unvorstellbar, dass der stolze Overath dies mit seinem Ego vereinbaren könnte. Rückendeckung erhielt Overath unterdessen von seinem alten Weggefährten Franz Beckenbauer.
"Er ist ein Glücksfall für den FC. Er setzt seine Zeit und Kraft ein, kriegt nichts zurück und wird am Ende noch dafür beschimpft", sagte der Kaiser der "Bild-Zeitung". Auch Nationalspieler Lukas Podolski machte sich in den letzten Tagen vehement für den Präsidenten stark.
Das Rücktritts-Szenario sieht unterdessen vor, dass Verwaltungsratschef Dr. Rolf-Martin Schmitz dann den Vorsitz führen würde. Als möglicher Overath-Nachfolger wird unter anderem der ehemalige Oberbürgermeister Fritz Schramma gehandelt, der aber vorsorglich schon mal mitteilte, dass er es nicht machen würde.
Daum bietet dem FC seine Hilfe an
Ein alter Bekannter bietet indes seine Hilfe an. "Im Rahmen meiner Möglichkeiten würde ich dem FC auch in dieser schweren Phase selbstverständlich helfen", sagte Ex-Trainer Christoph Daum, der im Sommer 2009 den Klub in einer Nacht-und-Nebelaktion verlassen hatte und zu Fenerbahce Istanbul gewechselt war, dem "Express".
Nicht wenige Kölner Fans hatten dem Coach damals den Schritt übel genommen.
Unterdessen setzte sich auch Daum, der bei seinem nächsten Klub das "Modell Magath" ausüben will, für Overath ein: "Wolfgang Overath ist als Persönlichkeit für mich unantastbar. Bei mir genießt er eine hohe Wertschätzung. Ich hoffe, dass die Mitglieder genauso denken."
Das wird sich am Mittwoch zeigen. Die FC-Mannschaft muss indes auf der Mitgliederversammlung nicht erscheinen. Langeweile dürfte aber trotzdem nicht aufkommen