Bevor das Trainingslager in Doha begann, schwebte der Name Manuel Neuer lange Zeit über München. Das tut er gewissermaßen zwar immer noch, doch beim Thema Torwart scheint nun ein neues, kurzfristigeres Kapitel aufgeschlagen worden zu sein.
Bei den Trainingseinheiten ist zu beobachten, dass Ersatzkeeper Thomas Kraft, der schon in der Champions League gegen Rom und Basel spielen durfte, im A-Team agiert. Jörg Butt hütet dagegen das Tor des B-Teams.
Van Gaal lässt Torwartfrage offen
Wie mehrere Medien erfahren haben wollen, wird Kraft in Wolfsburg den Kasten hüten - auch wenn sich Trainer Louis van Gaal noch um eine klare Aussage drückt. "Ich will das jetzt noch nicht sagen", meinte der Niederländer am Freitag in Doha. "Wir haben noch zehn Tage Training. Wir müssen das abwarten."
Zuvor hatte der Coach bereits gegenüber der "Bild" erklärt: "Bei mir ist jede Position offen. Es ist auch möglich, dass Kraft spielt." Am Freitag lobte van Gaal seinen jungen Torhüter: "Kraft ist ein großes Talent, hat in der Champions League schon Einsätze gehabt und spielt super gut."
Der Youngster selbst weiß noch nichts von seinem Glück. "Der Trainer hat noch nicht mit mir darüber gesprochen, aber ich würde mich natürlich sehr freuen, wenn's so ist. Ich habe immer gesagt, dass ich die Nummer 1 werden will", erklärte Kraft gegenüber SPOX.
Pfaff pro Kraft und pro Neuer
Dass neben den Bayern-Fans, die sich längst zu Kraft bekannt haben, auch van Gaal ein Fan des 22-Jährigen ist, ist bekannt. Und diese beiden Lager erhalten nun auch Unterstützung von einer Torwartlegende des Rekordmeisters.
Jean-Marie Pfaff, von 1982 bis 1988 im Tor der Münchner, spricht sich ebenfalls für Kraft aus: "Ich könnte verstehen, wenn van Gaal Kraft ins Tor stellt. Butt hat viel Erfahrung und strahlt viel Ruhe aus. Aber Kraft gehört die Zukunft. Und er hat ja in Rom schon gezeigt, was er drauf hat. Er ist ein spektakulärer Torwart. Man sollte ihm eine Chance geben", so Pfaff im Gespräch mit SPOX.
Doch selbst wenn Kraft kurzfristig - und durchaus überraschend - den Vorzug vor Butt erhalten sollte, wird das Torwart-Thema beim Rekordmeister nicht ruhen. Kraft hätte zwar die Chance, ein klares Bewerbungsschreiben für die neue Saison abzugeben, doch am Standing eines Manuel Neuer wird er in einem halben Jahr kaum vorbeikommen.
Daher sagt auch Pfaff: "Bei Bayern müssen immer die besten Spieler spielen. Manuel Neuer ist der beste Torwart in Deutschland und überhaupt einer der besten der Welt. Er hat sich in den letzten zwei Jahren enorm gesteigert. Wenn er die Chance hat, zu Bayern zu kommen, dann muss er das sofort machen. Wer bei Bayern spielt, wird automatisch noch besser."
Pfaff macht Rensing Mut
Kraft betonte schon frühzeitig, den Verein verlassen zu wollen, wenn der Klub im Sommer im Kasten nachrüstet. Für Pfaff ist ein Wechsel von Kraft im Falle eines Neuer-Transfers jedoch nicht zwingend notwendig: "Kraft hätte doch die Chance, Neuer zu verdrängen. Ich würde einen offenen Konkurrenzkampf ausrufen. Man muss Neuer ja nicht gleich automatisch zur Nummer 1 machen."
Doch ob sich Kraft dies antun wird? Wer Neuer verpflichtet und ihn dann nicht ins Tor stellt, muss mit Scheuklappen durch die Gegend laufen. Kraft will dagegen unter allen Umständen vermeiden, einen ähnlichen Karriereknick wie Kahn-Nachfolger Michael Rensing zu erleiden.
Der Ex-Bayer hat für seine neue Aufgabe in Köln das Vertrauen von Pfaff: "Er ist kein schlechter Torwart und wird das auch in Köln zeigen. Er ist bei Bayern gescheitert, weil er mental nicht so stark war. An Kahns Nachfolge hätte aber jeder Torhüter der Welt zu knabbern gehabt. Michael ist ein guter Torwart, auch wenn er mir persönlich immer zu viel Krafttraining gemacht hat. Zu viele Muskeln sind schlecht für die Beweglichkeit eines Torhüters."
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