Stundenlang steckten die Klubchefs des FC Bayern München die Köpfe zusammen - am Sonntag intern, am Montag gemeinsam mit dem zum Rapport bestellten Trainer. Herausgekommen ist ein Kompromiss: Louis van Gaal darf weitermachen, aber nur bis zum Saisonende. Der eigentlich noch bis 2012 laufende Vertrag des Niederländers wird vorzeitig aufgelöst.
Das heißt konkret: Van Gaal wird nicht mehr zugetraut, die Mannschaft in eine erfolgreiche Ära zu führen. Aus Mangel an Alternativen darf er seinen Job aber bis Mai behalten.
Van Gaal: Dead-Man-Walking
Ein schleichender Tod für den Trainer. Seit dem öffentlichen Angriff von Präsident Uli Hoeneß im Herbst des vergangenen Jahres ist van Gaal ein Dead-Man-Walking. Hoeneß, der große zwischenmenschliche Probleme mit van Gaal offenbarte, duldete den Coach seitdem nur, weil die Ergebnisse im Rahmen des Erträglichen blieben. Auch van Gaals Alleingang bei der Bestimmung von Thomas Kraft zur neuen Nummer eins wurde zähneknirschend hingenommen.
Die durch das 1:3 gegen Dortmund in Gang gesetzte Abwärtsspirale, die eine seltsame Eigendynamik entwickelte, kostete van Gaal nun aber den Kopf. Der Trainer hat beim Vorstand fachlich an Autorität eingebüßt und die Grenzen der Loyalität durch den sportlichen Negativtrend überstrapaziert.
Wischiwaschi statt konsequentes Handeln
Die Entscheidung, sich von van Gaal zu trennen, ist aufgrund der verheerenden sportlichen Lage und dem Zustand der Mannschaft in den letzten Spielen nachvollziehbar, die Umstände sind es nicht.
Van Gaal hat das Haltbarkeitsdatum überschritten, weil es aber noch nicht schimmelt, wird er (noch) nicht entsorgt. Die Bayern haben das Vertrauen in ihren Trainer verloren, können sich aber nicht zu einem sofortigen Rauswurf durchringen. Wischiwaschi statt konsequentes Handeln, wie es Hoeneß nach Hannover noch gefordert hatte.
Arbeitet van Gaal noch konsequent?
Van Gaal wurde zuletzt vorgeworfen, keinen Plan B zu haben, nachdem sein Offensiv-System von Dortmund, Schalke und Hannover scheinbar mühelos decodiert worden war. Doch auf der anderen Seite sind die Klubchefs selbst nicht einmal in der Lage, ihren Plan A vernünftig durchzuziehen. Nach dem Motto: Louis, Du musst uns in die Champions League führen, danach aber schleichst Du dich bitte, denn eigentlich halten wir nichts mehr von Dir.
Die Bosse wollen mit ihrer Entscheidung so wenig Schaden wie möglich anrichten, doch der halbgare Kompromiss impliziert mögliche katastrophale Folgen. Jede weitere Niederlage stößt die Diskussion aufs Neue an, ob van Gaal noch tragbar ist. Und ein Trainer, dem nur mehr Gnadenbrot zugeworfen wird, führt seine Arbeit nicht zwangsläufig mit der letzten Konsequenz zu Ende.
Rummenigge und Co. haben sich von ihrem Coach losgesagt, müssen das Ding jetzt aber durchziehen, um nicht ihr Gesicht zu verlieren.