Es war genau eine Minute vor zwölf, als Felix Magath vor die Tür trat. Demonstrativ lächelnd ließ sich der Trainer und Manager von Schalke 04 mit den Fans fotografieren, amüsierte sich über die wartenden Journalisten und stieg kommentarlos in seinen Dienstwagen.
Hartnäckig hielten sich die Gerüchte, dass es die letzte Abfahrt des 57-Jährigen auf Schalke sein könnte.
"Es gibt heute keine offizielle Stellungnahme", erklärte in seinem Schlepptau Sprecher Rolf Dittrich. Wenige Stunden später war der Magath-Vertraute seinen Job los. Nach übereinstimmenden Medienberichten wurde Dittrich am Abend gefeuert.
Dies gilt als Indiz für Magaths baldigen Abschied. Zuerst werden seine Freunde im Klub gefeuert, dann der Coach.
Rehhagel steht bereit
Die Uhr für Felix Magath ist abgelaufen. Aufsichtsratschef Clemens Tönnies ließ daran keinen Zweifel. "Wir müssen die Reißleine ziehen. Völlig unabhängig von der Champions League. Im Verein brennt es lichterloh", sagte der Fleischfabrikant dem "kicker".
Wie das Fachmagazin berichtet, stehe Magaths Entlassung unmittelbar bevor. Schon am Samstag könnte Otto Rehhagel als Trainer auf der Schalke-Bank sitzen, der offenbar Bereitschaft erklärt hat, seinem Freund Tönnies auszuhelfen.
Tönnies rechnete regelrecht ab mit Magath, den er vor 21 Monaten noch als Retter für den angeschlagenen Klub geholt hatte. "Unmenschlichen Umgang" warf er dem früheren Münchner und Wolfsburger Meistertrainer vor und sprach von einem "verlorenen Jahr".
Immerhin hat Tönnies Magath für das Wochenende zu einem intensiven Gespräch eingeladen. "Ich habe in den letzten Tagen immer gesagt, dass das Spiel gegen Valencia absolute Priorität hat. Jetzt, nach unserem tollen Sieg, können wir uns wieder anderen Dingen zuwenden, die in letzter Zeit aufgelaufen sind. Ich bin nicht sein Kontrahent, sondern sein Kontrolleur. Deshalb lade ich Felix Magath zu einem klärenden Gespräch unter Männern ein", so Tönnies.
Training ohne Magath
Das Training nach dem Einzug ins Champions-League-Viertelfinale überließ Magath seinen Assistenten Seppo Eichkorn und Bernd Hollerbach. Die wenigen Kiebitze im alten Parkstadion warteten zunächst vergeblich auf den Cheftrainer. Erst später traf er auf dem Vereinsgelände ein und verschwand im Mannschaftstrakt des Reha-Zentrums.
Für Magath geht es gut anderthalb Jahre nach seinem Amtsantritt offenbar nur noch um den Zeitpunkt und die Modalitäten des Abgangs. Das Meinungsbild im Aufsichtsrat ist eindeutig. Doch um den Trainer und Manager als Vorstandsmitglied zu entlassen, müssen Fristen eingehalten werden.
Magath muss drei Tage vor der entscheidenden Sitzung offiziell eingeladen werden und Gelegenheit zur Stellungnahme bekommen. Der Aufsichtsrat tagt turnusmäßig am kommenden Montag. Als Trainer müsste ihn der Vorstand feuern, dem neben Magath selbst Finanzvorstand Peter Peters und Sportdirektor Horst Heldt angehören.
Leipzig? Hamburg?
Um seine Zukunft muss sich Magath wohl keine Sorgen machen. Neben einer millionenschweren Abfindung winkt schon der nächste Job. Red-Bull-Milliardär Dietrich Mateschitz will den ehemaligen Nationalspieler für seinen Retortenklub RB Leipzig gewinnen, schon im vergangenen Sommer gab es erste Gespräche.
In Leipzig hätte Magath die gleichen Vollmachten wie derzeit auf Schalke. Und auch sein Ex-Klub Hamburger SV hat in der nächsten Saison eine große Vakanz.
Demonstrative Gelassenheit
Am Abend zuvor hatte Magath demonstrativ gelassen, ja sogar angeblich unwissend auf die Meldungen über seinen bevorstehenden Abschied reagiert.
"Ich habe nichts erfahren, mit mir hat keiner gesprochen", wiederholte er vor und nach dem Spiel immer wieder. Was offensichtlich nicht ganz stimmte, denn auf seiner Facebook-Seite hatte er geschrieben: "Nicht verrückt machen lassen, liebe Schalker!"
Er habe nur "auf Zeitungsartikel reagiert", sagte er nach dem Spiel, "aber nicht auf die Tatsache, dass ich nächstes Jahr nicht mehr Trainer bin." Ihm sei klar gewesen, dass auf Schalke viel Unruhe herrsche, "aber, wie Sie an solchen Abenden sehen, macht auch unruhiges Arbeiten Spaß".
Neuer: Beschwerde über Magath
Zuvor hatten viele Fans Magath den Rücken gestärkt. "Pro Magath" und "Felix gefällt mir" hieß es auf vielen Schildern, auch "Felix Magath"-Rufe hallten durch die Arena.Von den Profis indes ergriff keiner Partei für den Trainer. Wie die "Bild" berichtet, soll sich Kapitän Manuel Neuer intern über Magath beschwert haben.
Selbst Magaths Königstransfer Raul nahm die Meldungen über die bevorstehende Trennung gelassen auf. "Irgendwer wird schon eine Entscheidung fällen", sagte der Spanier, wünschte sich allerdings noch ein wenig Aufschub: "Aber erst am Saisonende. Es ist jetzt nicht der Augenblick, irgendwelche Dinge anzustellen."
Der FC Schalke im Steckbrief