Der Hamburger SV kommt aus den Turbulenzen nicht mehr heraus: Zwei Tage nach dem Aus für Klubchef Bernd Hoffmann hat auch Trainer Armin Veh seinen Abschied angekündigt.
"Es wird so sein, dass ich nächstes Jahr nicht mehr hier bin", sagte der 50-Jährige am Dienstag: "Ich habe so etwas wie hier noch nie erlebt. So kann man nicht arbeiten. Es geht nicht mehr um Fußball. Der HSV befindet sich in einer gefährlichen Situation."
Eigentlich war Veh noch bis zum 30. Juni 2012 an die Hanseaten gebunden. Nun machte der Coach von einer beidseitigen Ausstiegsklausel zum 31. Mai 2011 Gebrauch und zog die Konsequenzen aus dem chaotischen Saisonverlauf des HSV.
"Es sind in diesem Klub viele Dinge passiert, die ich nicht nachvollziehen kann", meinte Veh, der den Traditionsverein im Mai 2010 übernommen hatte und sich nun von den nicht abreißenden Turbulenzen der vergangenen Monate zermürbt zeigte: "Eigentlich ist das hier ein geiler Klub. Es ist traurig, dass man sich selbst im Weg steht und nicht zu einer Einheit wird. Sonst wäre hier einiges möglich." Seit seinem Dienstantritt musste Veh mitansehen, wie sich der HSV immer wieder selbst vorführte.
Absage von Top-Kandidat Gulden
Nach der Posse um die Besetzung des Sportchef-Postens, den nach der Absage von Matthias Sammer der Däne Frank Arnesen zur kommenden Saison übernimmt, droht der HSV momentan auch noch in ein Führungsvakuum zu stürzen.
Am Sonntag hatte der in seiner Rolle zunehmend überfordert wirkende Aufsichtsrat Klubchef Hoffmann die Verlängerung des bis zum 31. Dezember datierten Vertrags verweigert. Während darüber spekuliert wird, ob Hoffmann seinen Vertrag überhaupt bis zum Ende der Laufzeit erfüllt, hat der als Top-Kandidat für die Nachfolge geltende Norweger Björn Gulden abgesagt. Für Gulden, seines Zeichens Chef des Schuhkonzerns "Deichmann", "steht ein Wechsel zum HSV nicht zur Debatte", erklärte sein Pressesprecher.
Uwe Seeler: "Possentheater!"
Wie Veh kritisierte auch Vereins-Ikone Uwe Seeler das Durcheinander beim HSV: "Es ist ja ein einziges Possentheater", schimpfte der 74-Jährige im Gespräch mit "sid": "Da müssen sich die Verantwortlichen mal hinterfragen. Die Betroffenen wissen schon, was ich meine. Der Verein kann sich nur selbst helfen."
Vehs Abschied bestärkt Seeler in seiner Kritik. "Wir hatten acht Trainer in den vergangenen acht Jahren. Was soll ich dazu noch sagen?", äußerte der DFB-Ehrenspielführer."
Und ein Ende der Unruhe ist nicht absehbar. Nach Vehs Abschied wird im Umfeld des Vereins nicht mehr nur über potenzielle Nachfolger für Hoffmann spekuliert. Auch ein neuer Trainer muss her. Der ehemalige Hoffenheimer Ralf Rangnick und Michael Laudrup (Real Mallorca) werden bereits gehandelt. Da Hoffmann entmachtet ist und Arnesen erst zum 1. Juli die Freigabe vom FC Chelsea erhält, scheint allerdings offen, wer die Suche überhaupt übernehmen soll.
Hintertür für Hoffmann
Hoffmann und seine ebenfalls auf Abruf stehende Vorstandskollegin Katja Kraus wandten sich am Dienstagmorgen in einer emotionalen Versammlung an ihre Mitarbeiter. In Internet-Foren gibt es bereits Initiativen für die Einberufung einer außerordentliche Mitgliederversammlung, auf der der Aufsichtsrat neu gewählt werden könnte. Eine Hintertür für Hoffmann, aber kein Schritt heraus aus dem Chaos.
Veh ließ derweil offen, ob sein Abgang beim HSV gleichbedeutend mit dem Ende seiner Trainerkarriere in Deutschland ist. Vor einigen Wochen hatte der Coach angekündigt, nach den Hamburgern keinen einheimischen Verein mehr übernehmen zu wollen. "Ob das noch Bestand hat, lasse ich offen. Ich hatte mir das in Hamburg etwas anders vorgestellt", meinte der frühere Stuttgarter Meistertrainer, der davon ausgeht, seinen Vertrag beim HSV erfüllen zu dürfen.
Am nächsten Samstag geht es gegen Bayern München. Auch da sitzt in Louis van Gaal ein Trainer auf Zeit auf der Bank. "Wir haben immer noch neun Spiele und können Platz fünf noch erreichen. Darauf konzentrieren wir uns jetzt", sagte Veh. Eine schwierige Aufgabe für den Trainer. Verglichen mit den Problemen, die auf den HSV zukommen, aber fast ein Kinderspiel.
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