Thomas Kraft ging es in den vergangenen Tagen gar nicht gut. Dies lag aber weniger an den Rückenschmerzen, die den 22-Jährigen seit vergangener Woche plagen.
Der junge Keeper von Bayern München, zu Beginn der Rückrunde überraschend zur Nummer eins aufgestiegen, ist vielmehr das Opfer des Machtkampfs zwischen den Verantwortlichen des deutschen Fußball-Rekordmeisters und dem inzwischen entlassenen Trainer Louis van Gaal geworden.
"Ging voll gegen mich"
"Sündenbock" Kraft schmerzen vor allem die harschen Worte von Präsident Uli Hoeneß, der den Torwartwechsel bei den Bayern im Winter als Ursache für "die ganze Scheiße" ausgemacht hatte. Dieser Frontal-Angriff von Hoeneß auf der Pressekonferenz am vergangenen Sonntag sollte eigentlich van Gaal treffen - "ging aber voll gegen mich", wie Kraft der Münchner tz sagte. Er werde sich dazu "zu gegebener Zeit äußern".
Die Zukunft des jungen Mannes beim FC Bayern ist derzeit ungewisser denn je. Nach gerade einmal 16 Pflichtspielen als Stammtorwart scheint seine Karriere bei den Bayern schon wieder beendet zu sein.
In München gilt es als ausgemacht, dass im Sommer Schalkes Nationaltorwart Manuel Neuer kommt. Kraft hatte für diesen Fall schon angekündigt, die Bayern zu verlassen. Sein Vertrag läuft am Saisonende ohnehin aus.
Butt wieder im Tor?
Bis dahin muss sich Kraft wieder mit der Rolle des Ersatzkeepers begnügen. Auch wenn sich der neue Bayern-Trainer Andries Jonker dazu noch nicht äußern wollte: Ab Sonntag (Sa., 15.15 Uhr im LIVE-TICKER) beim wichtigen Spiel gegen Bayern Leverkusen wird mit ziemlicher Sicherheit wieder Routinier Jörg Butt im Bayern-Tor stehen.
Der 36-Jährige soll der zuletzt sehr wackligen Münchner Abwehr wieder die nötige Sicherheit geben.
Für Kraft würde die Zurückstufung einen empfindlichen Karriereknick bedeuten. Er müsste sich dann mit einer Situation abfinden, die so ähnlich vor nicht allzu langer Zeit auch schon Michael Rensing erlebt hatte.
Auch der galt als großes Talent und legitimer Nachfolger von "Titan" Oliver Kahn. Und auch Rensing fand sich nach einigen Fehlern und internen Diskussionen plötzlich auf dem Abstellgleis wieder. Der 26-Jährige war monatelang sogar arbeitslos, ehe er im Januar beim 1. FC Köln eine neue Chance erhielt.
Rückendeckung von Sepp Maier
Da hilft es Kraft, der am Samstag beim 1:1 in Nürnberg schwer gepatzt hatte, auch nicht allzu viel, dass ihm die Münchner Torwart-Ikone Sepp Maier zur Seite sprang. Es treffe "den Falschen. Dass man dann nach so einer Leistung auf einen jungen Torwart losgeht, ist in meinen Augen eine Frechheit. Das geht so nicht. Ich bleibe dabei: Er ist ein talentierter Mann, ein guter", sagte Maier der tz.
Vielmehr übte er Kritik an seinen ehemaligen Mitspielern Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge: "Seit Jahren gibt es nur Theater, das hat mit Klinsmann angefangen. Dieses Theater kommt sicher nicht von der Mannschaft, sondern von oben."
Rummenigge: Schuld bei van Gaal
Rummenigge war im Fall Kraft aber immerhin bemüht, die prekäre Situation zu entschärfen. "Der arme Kerl kann gar nichts dafür", sagte er und gab stattdessen die Schuld an van Gaal weiter: "Den Fehler hat Thomas gemacht, weil man ihm Tag und Nacht beigebracht hat, den Ball nicht nach vorne zu schlagen. Er hat nur das gemacht, was man von ihm verlangt hat."
Kraft wollte sich dennoch nicht herausreden: Das Gegentor beim Club gehe auf seine Kappe, "ansonsten habe ich mir nichts vorzuwerfen".
Der 22-Jährige war im Winter von van Gaal gegen den heftigen Widerstand der Bayern-Bosse zur Nummer eins gekürt worden. Für Ehrenpräsident Franz Beckenbauer war dies "die unnötigste Aktion". Zumal Butt eine gute Vorrunde gespielt hatte und in der Mannschafts-Hierarchie ganz oben steht.
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