Hamburger SV: Auch wenn Trainier Oenning das nach außen naturgemäß anders kommuniziert: Der HSV ist enttäuschend in die Saison gestartet. Vor allem das Remis zuhause gegen die Hertha war ernüchternd - auch unabhängig vom Ergebnis. Wohlwollend formuliert lautet das Zeugnis für die neue Mannschaft: bemüht, aber kopflos. In beiden Partien war keine klare Linie zu erkennen, weder mit noch gegen den Ball. Vor allem hat sich bislang noch kein Korsett an potentiellen Leistungsträger herauskristallisiert, das das runderneuerte Team zusammenhalten könnte. Oennings größte Baustelle bleibt dabei das zentrale Mittelfeld. Gegen Dortmund fiel die Doppelsechs Rincon / Kacar durch. Gegen die Hertha war Westermann als alleiniger Abräumer überfordert. Gut möglich, dass gegen die Bayern nun Jarolim seine Chance von Anfang an bekommt. Den Trainingseindrücken nach zu urteilen wohl neben Westermann im Mittelfeld.
Werder Bremen: Nachdem die Verletztenliste langsam immer kürzer wird, kristallisiert sich Wesley als kleines Sorgenkind heraus. Trainer Schaaf schenkte dem Brasilianer nach einer schwachen Vorbereitung, aber einem guten Joker-Einsatz gegen Lautern in Leverkusen das Vertrauen - und wurde bitter enttäuscht. Wesley wirbelte überall auf dem Platz, richtete damit aber deutlich mehr Schaden bei der eigenen Mannschaft an, als dass er dem Bremer Spiel gut getan hätte. Immer noch sind taktische Defizite augenscheinlich, Wesley verheddert sich zudem oft in unnötigen Einzelaktionen und hat Ballbesitzzeiten wie ein Spieler aus den 70er Jahren. Das Problem: Trotz öffentlicher Kritik von Klaus Allofs sieht Wesley kaum Bedarf für eine Veränderung seiner Spielweise. Die Konsequenz: In der Form wird Wesley gegen Freiburg keine Alternative für die Startelf mehr sein, zumal Philipp Bargfrede ins Team zurückkehrt und Alexandar Ignjovski jetzt spielberechtigt ist.
1. FC Nürnberg: Kapitän Raphael Schäfer hatte am vergangenen Spieltag Probleme mit dem Unterschenkel nur mit starken Schmerzmitteln in den Griff bekommen. Das Ergebnis ist bekannt: Der Keeper sah beim ersten Gegentor etwas unglücklich aus und verschuldete obendrein einen Elfmeter. Seine Lehre daraus: Er will fortan nur noch spielen, wenn er hundert Prozent fit ist. Das rückt einen gewissen Patrick Rakovsky in den Fokus. Der 18-jährige Torwart kam im Sommer aus Schalke und war eigentlich als Nummer 3 vorgesehen, ließ den Konkurrenten Alexander Stephan aber mit guten Trainingsleistungen hinter sich und saß zuletzt zweimal bei den Profis auf der Bank. Winkt nun sogar das erste Bundesliga-Spiel? Nur Schäfers Unterschenkel weiß mehr.
Bayer Leverkusen: Ist mit dem Transfer von Torwart Bernd Leno erstmal eine Baustelle zu, macht Trainer Robin Dutt eine weitere auf. Nicht nur im defensiven Mittelfeld (Rolfes oder Ballack?) und im Sturm (Derdiyok oder Kießling?) ist sich der Coach ob der Idealbesetzung unklar, auch die Rechtsverteidigerposition birgt Potenzial für Experimente. Im Pokal spielte dort Hanno Balitsch, am 1. Spieltag dann Daniel Schwaab und nun plötzlich Gonzalo Castro, über den Dutt eigentlich gesagt hatte, dass er ihn eher als Sechser sieht. Eine Entscheidung nahm ihm leider keiner der Spieler ab - alle drei spielten nicht wirklich gut. Fraglich also, wer nun in Stuttgart hinten rechts aufläuft. Vielleicht ja Rechtsverteidiger Nummer vier: Youngster Danny da Costa durfte während der Vorbereitung dort ebenfalls ab und an ran.
SC Freiburg: Das hatte sich Garra Dembele vermutlich anders vorgestellt. Im Sommer wechselte er mit großen Erwartungen aus Sofia nach Freiburg. In der Vorbereitung allerdings stellte sich nach und nach heraus: Eine Doppelspitze will beim Sport-Club nicht recht funktionieren.Dembeles letzter Auftritt in der Startelf war das peinliche Pokal-Aus gegen Unterhaching. Seither brachte es der Nationalspieler aus Mali auf exakt elf Bundesliga-Minuten. Der 25-Jährige mutierte vom Hoffnungsträger zu einer Art Was-wäre-Wenn-Platzhalter. Was nämlich wäre, wenn Cisse doch noch den Verein verlässt? Zwei Wochen lang ist das Transferfenster noch geöffnet. Und bis auf weiteres heißt es für Dembele: abwarten.
1899 Hoffenheim: Zwei Partner werfen sich gegenseitig mangelnden Respekt vor, beide suchen die Schuld beim jeweils anderen, sie ziehen sich in ihren Schmollwinkel zurück und keiner weiß so genau, wie der Streit eigentlich angefangen hat. Szenen einer kaputten Ehe: So sah das noch vor gar nicht allzu langer Zeit zwischen Hoffenheim und Sejad Salihovic aus. Eine Fortführung der Beziehung schien fast ausgeschlossen. Nun sind zwei Bundesligaspiele gespielt, Salihovic stand zwei Mal in der Startelf, erzielte zwei Tore, darunter den Siegtreffer gegen Dortmund. Auch wenn der Bosnier im Augenblick wohl noch vom Verletzungspech seiner Kollegen (vor allem Tobias Weis) profitiert: Salihovic ist drauf und dran, einer der Schlüsselspieler von Trainer Stanislawski zu werden. Der Anfang einer neuen Liebesbeziehung?
FC Bayern: Beim Heynckes-Team läuft längst noch nicht alles rund. Doch was machen eigentlich die kleinen Bayern bislang, die in der Regionalliga unter Andries Jonker den sofortigen Wiederaufstieg wollen?Dasselbe: Der Saisonstart lief mit zwei Remis gegen Nürnberg II (2:2) und Memmingen (0:0) nicht wunschgemäß. "Sie haben sich gestritten mit dem Ball", sagte Jonker nach dem Auftritt in Nürnberg und gestand: "Das war eine ganz große Strecke entfernt von dem, was ich vorhabe." Dem Spiel gegen Memmingen konnte Jonker mehr abgewinnen, dort fehlte den kleinen Bayern aber die Durchschlagskraft.
Die von Heynckes mit ins Trainingslager genommenen Cüneyt Köz und Bastian Müller sind mittlerweile wieder bei Jonker angekommen und standen je zweimal in der Startelf. Weitere Empfehlungen für die Profis gab es bislang keine - nur Saer Sene kommt nach fast einjähriger Verletzungspause immer besser in Form. Beim Audi Cup 2009 hatte der immerhin bei den "Großen" gegen den AC Mailand getroffen.
Der 3. Spieltag der Bundesliga im Überblick