Der frühere Weltklasse-Torwart Oliver Kahn hat in der Führungsspieler-Debatte um Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm nachgelegt.
"Sie stehen exemplarisch als Vertreter einer Generation. Mich hat früher Kritik auch geärgert, ich habe mich aber hinterfragt. Diese Einstellung ist sehr empfehlenswert. Die beiden möchten und sollten jetzt den nächsten Schritt in ihrer Entwicklung machen", sagte der 42-Jährige im "Kicker" und erläuterte, wie er sich einen Führungsspieler vorstellt.
"Ein Führungsspieler besitzt den Willen und die Leidenschaft, in entscheidenden Momenten seine Mitspieler zu motivieren, um zu gewinnen", erklärte der langjährige Bayern-Keeper: "Führungsspieler verstehen es, das Team so anzufeuern, dass es in jeder Sekunde an den maximalen Erfolg glaubt."
Kahn hatte zu Wochenbeginn Schweinsteiger und Lahm eine Mitschuld daran geben, dass Bayern München seit 2001 auf einen internationalen Titel wartet und auch den Führungsstil der beiden Bayern-Kapitäne bemängelt.
Hoeneß kontert Kahn
Sowohl die beiden Nationalspieler wie auch Bayern-Präsident Uli Hoeneß und Sportdirektor Christian Nerlinger hatten Kahn daraufhin hart kritisiert. "Ich bin der Meinung, dass ein Ex-Spieler wie Oliver Kahn das nicht nötig hat, in irgendwelchen doofen Blogs seinen Senf zu allem dazuzugeben", sagte Hoeneß am Mittwoch vor dem 2:0 des Rekordmeisters gegen den FC Zürich.
"Das ist so unnötig wie ein Kropf. Wenn er ein Problem hat, soll er das selber den Spielern sagen und nicht im Internet, wo das in zehn Sekunden vom Feuerland bis nach Alaska um die ganze Welt geht. Ich halte davon gar nichts, das ist alles Käse", schimpfte Hoeneß. Nerlinger hatte Kahns Aussagen als "polemisch und respektlos" bezeichnet.
Kahn zeigt sich von den Reaktionen überrascht
Kahn überraschten diese heftigen Reaktionen offenbar. "Diese Diskussion über Führungsspieler ist in Deutschland anscheinend schwer zu führen, weil sie sofort stark von Emotion und Polemik besetzt wird. Es geht überhaupt nicht um Lautstärke oder Alphatiergehabe", sagte Kahn.
Jeder Trainer könne sich glücklich schätzen, fünf oder sechs Spieler zu haben, "die für ein Ziel alles geben und das täglich demonstrieren. Solche Spieler waren gestern nötig, sie sind es heute und in 100 Jahren." Er fand deshalb auch Lahms Aussagen "nicht in Ordnung, dass man Führungsspieler heute nicht mehr brauche. Man sollte nicht so tun, als wären die heutigen Führungsmuster das Nonplusultra."
Grundsätzlich war "Titan" Kahn aber bemüht, versöhnliche Töne anzustimmen. Die Entwicklung der Nationalmannschaft sei "wunderbar", es ginge lediglich noch um die "letzten fünf bis zehn Prozent im mentalen Bereich".
Das Verhältnis zwischen ihm und seinen früheren Mitspielern Schweinsteiger und Lahm sei keinesfalls belastet. "Im Gegenteil. Sie sollen drüber nachdenken und die letzte Stufe angehen, den internationalen Titel", sagte Kahn: "Da wäre ich weit davon entfernt, beleidigt zu reagieren."
Oliver Kahn im Steckbrief