Karl-Heinz Rummenigge machte große Augen, als er gefragt wurde, wer dem FC Bayern in dieser Saison aus seiner Sicht eigentlich noch gefährlich werden könne. "Borussia Dortmund", antwortete der Vorstandsvorsitzende wie aus der Pistole geschossen.
"Dortmund ist im Moment wieder gut drauf. Wir tun gut daran, die Borussia weiterhin sehr ernst zu nehmen." Es klang ein bisschen so, als ob Rummenigge den Meister krampfhaft groß reden wollte. Nach dem Motto: Jetzt kommt schon, ihr Dortmunder, wir brauchen in der Bundesliga wenigstens einen, der es mit uns aufnimmt. Zumindest als Sparringspartner.
Couscous mit Reis und Salat
Philipp Lahm antwortete auf dieselbe Frage deutlich offensiver: "Wir haben so viel Selbstvertrauen, zu sagen, dass es schwer wird, uns zu schlagen, wenn wir unsere Leistung bringen." Das musste auch die Hertha aus Berlin erfahren, obwohl das Spiel am Samstag ja eigentlich schon nach 13 Minuten beendet war und die Bayern fortan schon an das Champions-League-Spiel in Neapel dachten.
So hielten Thomas Müller und Jupp Heynckes nach rund 20 Minuten ein angeregtes Pläuschchen an der Seitenlinie und Jerome Boateng hatte mit seinem Kumpel Änis Ben-Hatira so wenige Probleme, dass er ihm eigentlich schon während der Partie seine kulinarischen Wünsche fürs gemeinsame Abendessen hätte diktieren konnte - die beiden hatten eine entsprechende Wette laufen.
"Seine Mutter wird Couscous mit Reis und Salat kochen, das passt mir sehr gut. Ich mag Couscous", meinte Boateng hinterher gutgelaunt - womit eigentlich schon die wichtigste Frage, die das Spiel aufgeworfen hatte, beantwortet wäre.
Einer nach dem anderen kapituliert
Aussagewert hatte das Spiel nach den früh geklärten Verhältnissen nämlich so gut wie keinen. Bemerkenswert waren allenfalls die Tatsache, dass der FC Bayern auch mit Halbgas weiter zu Torchancen kam und auf der anderen Seite trotzdem die nötige Konzentration aufbrachte, auch das zwölfte Pflichtspiel in Folge zu Null zu beenden.
"Wenn man nach 13 Minuten 3:0 führt, kann man optimal Fußball spielen - und das haben wir über weite Strecken gemacht", erquickte sich Trainer Jupp Heynckes am zehnten Saisonsieg im zwölften Pflichtspiel.
Die bedingungslose Kapitulation der Liga wollte der 66-Jährige jedoch noch nicht annehmen: "Natürlich gibt es noch Gegner, das weiß man doch." Auch wenn sie sich bislang versteckt hielten.
Berlins Coach Markus Babbel, dem Heynckes freundlich das "Du" anbot, hatte jedenfalls eine in Ehrfurcht erstarrte Hertha gesehen. "Alle Mannschaften, die hier Angst hatten, haben eine Klatsche bekommen. Da haben wir uns wunderbar eingereiht."
"Müssen wir noch ein bisschen dazupacken"
Nach den bisherigen neun Liga-Spielen mit sieben Siegen bei einem Torverhältnis von 25:1 sucht sich der FCB seine Gegner nun lieber in Europa, als nächstes den SSC Neapel am Dienstag. Obwohl Napoli ein Champions-League-Neuling ist, gilt die Partie im Stadio San Paolo als schwierigste Nummer der Vorrunde.
"Wir dürfen nicht denken, dass wir jeden Gegner so dominieren", mahnte Mario Gomez nach dem Spiel gegen Berlin bereits zur Vorsicht. "Wir haben noch viel Potenzial, um besser zu spielen", meinte dann auch Heynckes und forderte eine weitere Leistungssteigerung: "Napoli spielt sehr emotional, da müssen wir noch ein bisschen dazupacken."
Laufstark seien die Napolitaner, fügte Lahm an, physisch sehr stark und in der Offensive gut bestückt. Die Sicherung der Tabellenführung der Gruppe A habe deshalb Priorität, oder wie es Sportdirektor Christian Nerlinger ausdrückte: "In Neapel können wir auch mit einem Unentschieden leben."
Rummenigge lobt Heynckes
Das war angesichts der bislang gezeigten Leistungen fast schon ein bisschen viel Understatement der Münchner, die derzeit eigentlich keine Baustellen im Team zu bearbeiten haben - wenn man mal die Querelen um (den sportlich allerdings verzichtbaren) Breno und die Leidensgeschichte von Arjen Robben ausnimmt.
In der Offensive bringt der Rekordmeister derzeit das Kunststück fertig, variabel und kreativ zu agieren, gleichzeitig die Grundordnung bei Ballverlust aber nicht zu vernachlässigen. Geordnetes Chaos, quasi.
"Der Trainer lässt uns spielen", erklärte Toni Kroos das Geheimnis. "Natürlich gibt er uns Vorgaben, was die Ordnung betrifft, aber jeder hat auch seine Freiheiten. So kann ein jeder seine Topleistung abrufen." In der Defensive stehen die Münchner dennoch sicher und lassen kaum etwas zu.
Eine Entwicklung, die auch den Vereinsoberen nicht verborgen bleibt. "Jupp Heynckes ist es gelungen, in sehr kurzer Zeit eine wunderbare Balance zwischen Defensive und Offensive zu finden", lobte Rummenigge am Samstag. Und meinte: Es passt schon viel früher in der Saison, als man das eigentlich geplant hatte.
Champions League: Gruppe A im Überblick