SPOX: Herr Babel, wer die letzten Jahre die Berichterstattung über Sie verfolgt hat, wurde nicht recht schlau aus Ihnen. Was muss man über Sie wissen, um Sie zu verstehen?
Ryan Babel: Eines der zentralen Dinge in meinem Leben ist Gerechtigkeit. Ich finde, es gibt nichts Wichtigeres. Wenn ich mitbekomme, dass ein Fußballer von seinem Verein oder dem Trainer nicht fair behandelt wird, tut es mir fast schon körperlich weh. In Liverpool gab es dafür einige Beispiele, und es ging nicht immer um mich. Jeder Spieler, jeder Mensch sollte fair behandelt werden.
SPOX: Aber es können immer nur elf Spieler aufgestellt werden.
Babel: Wenn ich es auf mich beziehe: Mir ging es nie darum, ob ich aufgestellt wurde oder nicht. Sondern es ging mir wie gesagt um Fairness. Und das beinhaltet, dass man gesagt bekommt, woran man arbeiten muss oder welche Fehler man begangen hat. Sonst bekommt man ja nie die Chance, sich zu verbessern. Aber ich wurde häufig im Unklaren gelassen.
SPOX: Sie wirken sehr umgänglich - dennoch gelten Sie in England als jemand, der nur lamentiert. Woher kommt das?
Babel: Es ist nicht so, dass ich die gesamte Schuld den Medien gebe. Es gibt gute Journalisten, es gibt vor allem in England aber auch schlechte Journalisten, die einen falsch zitieren. Sehr oft mit Vorsatz falsch zitieren. Ich dachte, ich hätte es hinter mir, aber ich habe mich getäuscht. Ich wurde letztens in Hoffenheim gefragt, wie ich mich fühle. Ich antwortete wahrheitsgetreu, dass es mir so gut wie lange nicht mehr geht, weil ich in Hoffenheim die gesamte Woche trainieren kann, während das in Liverpool wegen den internationalen Wettbewerben nur selten möglich war. Daraus wurde in England die Geschichte gestrickt, dass Ryan Babel nachtritt und die Trainingsmethodik in der Premier League und speziell von Liverpool kritisiert. Wegen so etwas versuche ich mittlerweile, gewisse Fragen nur sehr vorsichtig zu beantworten.
SPOX: Waren Sie als 20-Jähriger zu unerfahren, als Sie von Ihrem Heimatklub Ajax Amsterdam nach Liverpool gewechselt sind?
Babel: Einige sagen ja, andere sagen nein.
SPOX: Und was sagen Sie?
Babel: Hängt davon ab, nach welchen Kriterien ich es beurteile. Im Nachhinein ist es leicht zu sagen, dass es sportlich vielleicht besser gewesen wäre, ein Jahr länger bei Ajax zu bleiben. Andererseits bereue ich nichts. Damals ging es Schlag auf Schlag mit dem Debüt als Profi und als Nationalspieler und dem Wechsel nach England. Aber von so einer Chance träumen so viele andere Jugendliche, und ich wollte sie mir nicht entgehen lassen. Ich konnte nach Liverpool, zu einem Weltklub. Ich werde den Verein immer in meinem Herzen behalten.
SPOX: Sie hätten auch innerhalb der Premier League einen neuen Verein finden können. Unter anderem lag Ihnen ein Angebot des FC Fulham vor. Haben Sie sich letzten Winter für Hoffenheim entschieden, weil Sie einen kompletten Neustart wollten?
Babel: Mir ging es nicht darum, eine neue Kultur kennenzulernen. Ich habe Hoffenheim gewählt, weil ich in aller Ruhe von null wieder anfangen wollte, das Land war mir dabei egal. Die meisten interessierten Klubs wären nicht so geduldig gewesen, Hoffenheim hingegen versprach mir, dass ich meine Zeit bekomme. Ich musste mich wieder auf den Fußball fokussieren.
SPOX: Wie sehr hat es Sie gestört, dass Sie vor allem in England nur noch als Problemfall angesehen wurden?
Babel: Ich muss zugeben: Es hat mich schon abgelenkt und ich machte mir Sorgen, wie es weitergeht. Wenn Leute auf der Basis falscher Informationen aus den Medien ein Urteil über einen bilden, beschäftigt das einen auch innerlich. Ich habe in den letzten Jahren einige Fehler begangen wie mit dem Twitter-Bild von Howard Webb. Doch wenn man alles nüchtern betrachtet, kann man auch zum Schluss kommen, dass vieles übertrieben dargestellt wurde.
SPOX: Wegen Ihrer Äußerung, dass Sie am liebsten zu Ajax zurückgekehrt wären, hatten Sie auch in Hoffenheim einen unnötig schweren Start.
Babel: Die Verantwortlichen in Hoffenheim haben das nie zu hoch gehängt. Nur in der Öffentlichkeit kam es falsch rüber: Es ging darum, dass ich einfach nur einen Wunsch ausgesprochen habe. Bevor es überhaupt um einen endgültigen Weggang von Liverpool ging, dachte ich mir, dass es optimal wäre, wenn ich für ein halbes Jahr an Amsterdam ausgeliehen werde und dann mit Spielpraxis und mehr Selbstvertrauen zurückkehre. Es ging nie darum, dass ich fix zu Amsterdam wechsele. Als Liverpool dann die Entscheidung traf, dass ich nicht ausgeliehen, sondern verkauft werden soll, kam Hoffenheim auf mich zu - und es hat gepasst. Hier habe ich die Möglichkeit bekommen, wieder zu mir selbst zu finden.
Hier geht's zu Teil II: Babel über Robbens Egoismus und ein Desaster