Ligaverbands-Präsident Reinhard Rauball erwägt einen kompletten Ausschluss der Gästefans, DFL-Chef Christian Seifert dagegen appelliert in der Diskussion über Ausschreitungen im Fußball noch an die Vernunft der Ultras.
"Die Ultragruppierungen, die ja stets behaupten, gewaltfrei zu sein, sollten sich öffentlich und klar von diesen massiven Ausschreitungen distanzieren. Wir würden uns freuen, wenn sie in den Stadien der Bundesliga schon am Wochenende mit Plakaten und anderen Aktionen deutlich machen, dass Gewalt im Fußball nichts zu suchen hat", sagte Seifert.
Auf einer Veranstaltung der European Business School (EBS) in Wiesbaden untermauerte Seifert zudem, dass der Fußball nur mit Hilfe der Politik der zunehmenden Krawalle Herr werden könne.
"Gerade im Fußball helfen keine schnellen Parolen. Nach den klaren Worten von DFB-Präsident Zwanziger und Liga-Boss Rauball müssen nun klare Aktionen folgen. Der Fußball kann diese aber nicht alleine stemmen, sondern wird gemeinsam mit der Politik an Lösungen arbeiten", sagte Seifert.
Drakonische Maßnahmen in Betracht gezogen
Allerdings scheint die Ligaspitze nach den jüngsten Ausschreitungen bei den DFB-Pokal-Spielen zwischen Borussia Dortmund und Dynamo Dresden sowie zwischen Eintracht Frankfurt und dem 1. FC Kaiserslautern auch Maßnahmen zu diskutieren, die die Fans bis ins Mark treffen würden.
"Natürlich ist zum Beispiel eine Reduzierung der Auswärtskontingente bei manchen Klubs denkbar. Bis hin zu einem kompletten Ausschluss von Gästefans", sagte Liga-Boss Rauball in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung".
Allerdings weiß der 66-Jährige um die Schwierigkeiten der Umsetzung. "Man weiß nie, an wen Eintrittskarten weitergegeben werden. Ganz einfach ist das in der Praxis nicht", sagte Rauball. Die Einnahmeverluste bei den Ticketverkäufen der Heimmannschaft müssten bei einem Ausschluss durch den Klub kompensiert werden, dessen Fans gesperrt sind.
Ausschluss gewaltbereiter Fans
Trainer Armin Veh vom Zweitligisten Eintracht Frankfurt sprach sich indes gegen einen kompletten Ausschluss der Fans aus. "Dann höre ich lieber auf. Ein Operettenpublikum macht den Fußball nicht aus", sagte der 50-Jährige. Am Rande des Pokalspiels der Eintracht am vergangenen Mittwoch gegen den Bundesligisten 1. FC Kaiserslautern war es zu massiven Übergriffen der Fangruppen beider Vereine auf Sicherheitskräfte gekommen.
Rauball kündigte an, in einer gemeinsamen Aktion mit DFB-Boss Theo Zwanziger das Gespräch mit den Generalstaatsanwälten und dem neuen Generalbundesanwalt zu suchen.
Am 14. November gibt es einen Runden Tisch mit Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, den Landesinnenministern und der Polizei. "Man muss sehen, was wir an Strategien entwickeln können", betonte Rauball, der wie Seifert einen Selbstreinigungsprozess aber für den wichtigsten Schritt hält: "Letztlich wird es nur so gehen, dass die anständigen Fans die Randale-Macher auch selbst ausgrenzen."
Schock über Ausmaß neuer Entwicklungen
Der Liga-Boss zeigte sich schockiert von der "neuen Qualität" der Ausschreitungen und dem "direkten Einfluss" auf das Spielgeschehen. "Ich war vor allem überrascht über die Brutalität, die nun offenbar auch in die Stadien zurückkehrt. Bisher fanden diese Probleme ja vor den Stadien und im Umfeld statt", sagte Rauball, der in seiner Funktion als Präsident des deutschen Meisters Borussia Dortmund am vergangenen Dienstag die Krawalle der Gästefans beim Pokalspiel gegen Dynamo Dresden von der Tribüne aus beobachtet hatte.
Zudem erteilte Rauball der Forderung nach der Erlaubnis von Pyrotechnik in deutschen Stadien eine deutliche Absage. "Es gibt da eine Geisterdebatte, dass der Deutsche Fußball-Bund und die Liga die Pyros doch 'legalisieren' könnten. Schon die Gesetzeslage verhindert das", erklärte der Präsident der DFL.
Laut Versammlungs- und Ordnungsrecht dürfe Feuerwerk nur ein ausgebildeter Feuerwerker zünden - und das ganz sicher nicht im Bereich einer dicht besetzten Tribüne im Stadion. "Das ist verboten. Die Vereine können daran nichts ändern", fügte Rauball an. Viele Ultra-Fangruppen hatten die Einführung von "Pyrozonen" gefordert.
Dresdner Fanszene verurteilt Krawalle in Dortmund
"Unsere ausdrücklich ablehnende Haltung zu Böllern, Körperverletzungen - als nichts anderes betrachten wir auch die Attacke mit Laserpointern - oder Zerstörungen ist oft dokumentiert und hat sich nicht geändert", hieß es in einer offiziellen Stellungnahme der Fangemeinschaft Dynamo: "Die Fangemeinschaft Dynamo hält konsequente, ehrliche, zielorientierte Arbeit für den einzig brauchbaren und erfolgreichen Weg. Rückschläge wie der am vergangenen Dienstag dürfen dabei kein Grund zu Resignation sein."
Ähnlich äußerte sich auch die Gruppe Ultras Dynamo. "Die Ultras Dynamo verurteilen das Zünden von Böllern, das Werfen von Pyrotechnik und gewalttätige Übergriffe im Stadion entschieden", hieß es in einer Stellungnahme auf der Internetseite der Gruppe: "Das war so, das bleibt so. Solche Aktionen widersprechen unseren Ansinnen."
Beim 0:2 in Dortmund hatten Dresdner Problemfans vor, während und nach dem Spiel randaliert und zwei Polizisten verletzt. Darüber hinaus entstand erheblicher Sachschaden, 15 Dresdner Anhänger wurden vorläufig in Gewahrsam genommen.
Die Ultras Dynamo wiesen jedoch auch darauf hin, dass die ehrenamtliche Fanarbeit des Vereins in den letzten Monaten deutliche Fortschritte gemacht habe. Dies sei bei den friedlichen Spielen gegen Union Berlin, Hansa Rostock und Eintracht Frankfurt zu beobachten gewesen.
"Die Berichterstattung über Ultras an sich und die Gruppe Ultras Dynamo ist tendenziös und widerspricht der Realität", hieß es weiter. Zusätzlich kritisierte die Gruppe auch "das Verhalten der Dortmunder Seite, das unzureichende Sicherheitskonzept und die allgemeine Organisation."