Mainz: Wann kommt die Choupo-Explosion?

Von SPOX
Maxim Choupo-Moting (M.) setzt sich hier gegen Lahm und Ribery durch
© Getty

Die Bundesligisten bereiten sich auf die Rückrunde vor. In den Tagen vor dem Start in die zweite Saisonhälfte beleuchtet SPOX alle 18 Klubs. Dieses Mal: der 1. FSV Mainz 05.

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Es begann mit einer Blamage und es endete mit einer Blamage. Dennoch rückt der FSV Mainz 05 nach der Hinrunde nicht von seinen Prinzipien ab. Top-Sturmtalent Eric Maxim Choupo-Moting trägt die Hoffnungen des Vereins, der trotz der Abstiegsgefahr bislang auf Zugänge verzichtet und sich wenn überhaupt nur vereinzelt verstärken möchte.

So lief die Vorrunde

Es ist das literarisch Stilmittel der sogenannten Klammer: Mainz kehrte am Ende der Hinrunde wieder zum Startpunkt der Hinrunde zurück. Die da wäre: eine Blamage.

Begonnen hatte die Saison mit dem Ausscheiden in der Europa-League-Qualifikation gegen den rumänischen Niemand Gaz Metan Media, woraufhin sich die Mannschaft in der Bundesliga wesentlich verbessert zeigte - nur um im Anschluss an die zwei Auftaktsiege kein einziges der folgenden neun Partien zu gewinnen.

Dem Zwischenhoch im Herbst (5 Spiele ohne Niederlage) folgte wiederum die düstere zweite Dezember-Hälfte: Die Niederlage am 17. Spieltag in Mönchengladbach (0:1) war ärgerlich, das Pokal-Aus beim Viertligisten Kiel (0:2) hingegen fast schon beschämend. "Normalerweise spielen nur charakterlose Mannschaften so wie wir", sagte Manager Christian Heidel.

Das war gut

Mainz ist noch immer ein Hort der Besinnlichkeit. Oder zumindest ein Hort des Gleichklangs. Einige mögen daran zweifeln, doch die Beobachtungen sprechen allesamt dafür, dass sich der FSV trotz der enttäuschenden Hinrunde tatsächlich den vermeintlichen Zwangsläufigkeiten der Bundesliga widersetzt.

Von einer Aussage des Präsidenten Harald Strutz abgesehen, der Trainer Thomas Tuchel zu einer freundlicheren Außendarstellung geraten hatte, stützte die sportliche Führung den wegen seiner impulsiven Art kritisierten Tuchel vorbehaltlos - zumindest nach außen.

Intern wird es Redebedarf gegeben haben, doch die diskrete Diskussionskultur bleibt eine der Stärken der Mainzer. Durch die Politik der ruhigen Hand von Manager Christian Heidel drang auch kaum Unruhe zur Mannschaft, so dass das wegen den zahlreichen Wechseln (24 Zu- und Abgänge) fragile Gebilde nicht unnötig geschwächt wurde.

Zudem entwickelten sich Spieler zu Leitfiguren, mit denen nicht unbedingt zu rechnen war: Im Tor verdrängte Christian Wetklo den nicht minder überzeugenden Heinz Müller, im Defensivbereich erwies sich mit Jan Kirchhoff der Jüngste als stabilisierende Kraft.

Im Mittelfeld zeigte der früher wankelmütige Andreas Ivanschitz, dass er nicht nur hochtalentiert, sondern auch charakterfest und torgefährlich ist (Bestwert mit fünf Toren). Selbst Bo Svenssons Ausfall für die gesamte Rückrunde (Kreuzbandriss) dürfte dank des überzeugenden Niko Bungert auszugleichen sein.

Das muss besser werden

Die Gleichung ist simpel. Teil eins: Dreiviertel der Viererabwehrkette (Noveski, Svensson, Fathi) fanden die Hinrunde nicht zur gewohnten Form, lediglich Rechtsverteidiger und Top-Transfer Zdenek Pospech verbesserte sich merklich.

Teil zwei: Im Mittelfeld wiesen fast alle Spieler ihre Wertigkeit nach - dies jedoch nur unbeständig und für kurze Phasen. Ivanschitz und der zwischen Sechs und Innenverteidigung wechselnde Kirchhoff waren die Ausnahme, ansonsten konnte keiner das für drei, vier Spiele angedeutete Niveau auf Dauer halten (Baumgartlinger, Caligiuri, Müller, Polanski, Soto)

Teil drei: Es klingt seltsam, aber fußballerisch spielt Mainz nicht viel schlechter als in der Vorsaison. Der große Unterschied: Der FSV trägt die Konter zu hastig vor und wenn sie zu einer gefährlichen Strafraumszene führen, fehlen Konsequenz und Abgebrühtheit - was vor allem den Stürmern anzulasten ist.

Eric Maxim Choupo-Moting, Sami Allagui und Anthony Ujah hatten ihre hellen Momente, doch es überwog der Eindruck der fehlenden Reife. Für Zoltan Stieber, Mario Gavranovic und Deniz Yilmaz gestaltet sich der Sprung zur Bundesliga-Stammkraft als zu anspruchsvoll. Die enttäuschende Hinrunde ist ein Ergebnis der einzelnen Variablen.

Der Spieler im Fokus

Eric Maxim Choupo-Moting. Glaubt man Trainer Tuchel, sind seine Anlagen herausragend: Choupo-Moting habe "außergewöhnliches Potenzial" und sei extrem flexibel.

Er könnte gleichermaßen als Sturmbrecher auflaufen, über die Flügel marschieren oder als Zehner über das Spiel walten.

Nur: Er zeigt all die Qualitäten zu selten. 4 Tore sind keine miserable Bilanz, doch mit etwas weniger Verspieltheit und mehr Entschlossenheit hätte die Ausbeute deutlich höher sein können. Anders formuliert: Choupo-Moting alleine könnte Mainz aus der Abstiegsregion verhelfen. "Er hat Qualitäten wie kein anderer im Team", sagt Svensson.

Prognose

Der Ausnahmezustand der Vorsaison verkehrte sich zu einer veränderten Wahrnehmung der Medien und in Unzufriedenheit bei vereinzelten Fans: Plötzlich war der FSV-Fußball zu unspektakulär und Tuchel wandelte sich vom genialen Mastermind zum hysterischen Rumpelstilzchen. Dabei änderte sich von den fehlenden Punkten abgesehen nichts Substanzielles beim FSV.

Daher zweifelt Tuchel auch nicht an seinen Prinzipien: "Ohne etwas schönfärben zu wollen, muss man sagen: Wir waren ausnahmslos in der Lage, die Spiele für uns zu entscheiden. Vor zwei Jahren war es noch undenkbar. Trotzdem haben wir solche Spiele verloren. Nun gilt es, an vielen kleinen Stellschrauben zu drehen."

Wenn dies gelingt und Leistungsträger ihre Normalform erreichen (allen voran Abwehrboss Noveski) sowie die Neuzugänge den FSV-Stil besser adaptieren, sollte die Klasse sicher gehalten werden. Die Qualität im Kader ist vorhanden - besonders, wenn der für fast ein Jahr ausgefallene Adam Szalai die Eindrücke aus der Vorbereitung bestätigt und sich als Alternative im Sturm anbietet.

Der Kader des FSV Mainz 05 im Überblick