Der Transfer von Marco Reus hat auch gezeigt: Borussia Dortmund holt immer mehr zu den Bayern auf. BVB-Boss Watzke über die rosigen Perspektiven der Nummer 1B im Land und die Zukunft von Trainer Jürgen Klopp.
Nachdem sich die Wogen um den Transfer von Marco Reus zu Borussia Dortmund langsam geglättet haben, zieht Dortmunds Vorstandsboss Hans-Joachim Watzke ein kurzes Zwischenfazit und zeichnet eine rosige Dortmunder Zukunft.
"Es ist soweit alles okay, wir können sehr zufrieden sein, haben den Klub auf allen Ebenen entwickelt", sagte Watzke in einem Interview mit "derwesten.de".
Bayern-Vorsprung wird weniger
"Unsere größte Stärke ist die innere Geschlossenheit und Gelassenheit. Zweitens die einmalige Fantreue. Drittens die starke Marke. Und natürlich das Kerngeschäft auf dem Rasen mit einer ambitionierten Mannschaft mit extrem viel Perspektive, Leidenschaft und Charakterstärke."
Der BVB habe den Abstand zum Krösus FC Bayern in fast allen Bereichen verringert. Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, soll sich die Differenz beim Umsatz der beiden besten Klubs Deutschlands nach dieser Saison auf "nur" noch rund 100 Millionen Euro belaufen - vor zwei Jahren erwirtschafteten die Bayern noch ca. 200 Millionen Euro mehr als der BVB.
FCB finanziell nicht einzuholen
Rein finanziell betrachtet sei "der Abstand zu den Bayern natürlich uneinholbar", so Watzke. "Es gibt den Standortnachteil: Die Bayern, mit denen wir ein respektvoll kollegiales Verhältnis haben, sind seit 40 Jahren erfolgreich. Der Vereinsname besetzt ein ganzes Bundesland, in dem sie inzwischen keine Konkurrenz mehr haben."
Das Wirtschaftsumfeld in Bayern sei "einmalig. Die Bayern sind in der Region ohne Konkurrenz, während bei uns Schalke, Gladbach oder Köln um dieselben Sponsoren werben. In Bayern fließen Milch und Honig, dort werden seit Jahren keine Schulden mehr gemacht - genau wie beim BVB. Im wesentlich ärmeren Bundesland Nordrhein-Westfalen gibt es neben uns die veritablen Traditionsklubs Mönchengladbach, Köln und Schalke."
Einige Vorteile für den BVB
An den harten Fakten kommt also auch der aufstrebende BVB nicht so schnell vorbei. Trotzdem sieht Watzke seinen Klub in manchen Bereichen längst an der Spitze.
"Wir haben das größte Stadion, sind in allen Bereichen auf Wachstumskurs. Die Perspektiven des Klubs sind großartig. Aber das Kerngeschäft, die Performance im Fußball, überlagert, ja dominiert alles. Wenn wir erfolgreich und leidenschaftlich Fußball spielen, haben wir jede Menge Chancen. Das ist das Wichtigste. Nicht fußballaffine Geschäftsfelder. Die Bayern haben doppelt so viele Fans, polarisieren aber erheblich mehr, werden deshalb auch abgelehnt. Wir haben jetzt seit Jahren hohe Sympathiewerte. Die Merchandising-Einnahmen gehen bei uns durch die Decke."
Dortmund als andere Anlaufstelle
Was bei den Fans offenbar längst angekommen scheint, setze sich nun mehr und mehr auch in den Köpfen vor allen Dingen junger, entwicklungsfähiger Spieler fest. Nicht zuletzt der Wechsel von Marco Reus zum BVB soll dafür stellvertretend stehen.
"Den Automatismus, zu den Bayern zu gehen, gibt es seit zwei Jahren nicht mehr. Das haben wir bei Vertragsverlängerungen bemerkt, wie bei der von Mats Hummels", sagte Watzke.
"Die Spieler wissen, dass wir ein ambitionierter Verein sind, in dem das Individuum sehr geschätzt wird. Bei uns ist auch Spieler Nummer 28 samt seinen Stärken und Schwächen voll integriert. Am Beispiel Nuri Sahin sieht man, wozu ein Spieler in einem intakten Umfeld fähig ist. In einem anderen Umfeld wird es erheblich schwieriger."
Troika Watzke, Zorc, Klopp
Das ruhige, beinahe familiäre Umfeld halten Watzke, Präsident Reinhard Rauball, Sportdirektor Michael Zorc, und Trainer Jürgen Klopp stets im Auge. Vor allen Dingen die Troika Watzke, Zorc und Klopp fungiert bisher als geschlossene Einheit - weshalb Watzke auch vor der Zukunft nicht bange ist.
"Wir müssen die wirtschaftliche Balance halten und möglichst wenige Fehlentscheidungen treffen. Wir werden das in der jetzigen personellen Konstellation hinkriegen, da bin ich sicher. Aber das ist auch ein Risiko, wenn irgendwann die handelnden Personen durch andere ersetzt werden."
Gespräche mit Klopp über Vertragsverlängerung
Vor allen Dingen Trainer Klopp dürfte bei weiter anhaltendem Erfolg mittelfristig schwer zu halten sein. Das sieht auch Watzke so - allerdings nicht um jeden Preis. "Jürgen ist als Gesamtpaket aus Trainer, Psychologe, Mensch und Sympathieträger unfassbar werthaltig. Das haben auch andere Vereine verstanden."
Und weiter: "Es ist normal, dass irgendwann jeder Handlungsträger ersetzt werden muss. Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten. Wenn Jürgen mal gehen würde, wäre das eine gewaltige Zäsur. Wir versuchen, diesen Zeitpunkt möglichst weit hinauszuschieben, aber irgendwann war auch die Ära von Otto Rehhagel beendet. Ich sehe aber aktuell keinen Anlass."
Trotzdem bleibt Watzke optimistisch, dass der bis 2014 datierte Vertrag Klopps beim BVB noch einmal verlängert wird. "Jürgen fühlt sich wohl in Dortmund. Wir haben auch was zu bieten. Wenn wir das Gefühl haben, die Zeit ist reif, werden wir im Laufe dieses Jahres miteinander sprechen."
Darüber hinaus bekräftigte Watzke noch einmal seine Worte, dass Ex-Spielmacher Nuri Sahin beim BVB jederzeit alle Türen offen stünden. "Die Aussage gilt uneingeschränkt. Das habe ich auf der Meisterfeier gesagt, und das bleibt auch so. Voraussetzung ist allerdings, dass es realisierbar sein müsste."
Das ist Borussia Dortmund