In der Wahrnehmung der Öffentlichkeit tauchen Schiedsrichter meist nur auf, wenn sie Fehler machen. In der abgelaufenen Bundesliga-Hinrunde bestimmte jedoch vor allem der Suizidversuch von Babak Rafati die Schlagzeilen und die psychische Belastung der Referees rückte in den Mittelpunkt.
Um all diese Themen - und mehr als 1.600 Spielszenen - aufzuarbeiten, kamen die Spitzenschiedsrichter des Deutschen Fußball-Bundes für drei Tage bis Sonntag in Mainz zu ihrer turnusgemäßen Halbzeittagung zusammen.
Rein sportlich zog Herbert Fandel ein positives Fazit: "Die Spielleitungen waren sehr, sehr gut", sagte der Vorsitzende der DFB-Schiedsrichterkommission, auch wenn es in der Mitte der Hinrunde bei den Leistungen eine "kleine Delle" gegeben habe.
Verbesserungsbedarf sehen die Verantwortlichen beim Abseits und der einheitlichen Bewertung von Strafraumsituationen. "Die Zusammenarbeit der Schiedsrichterteams untereinander ist sicher noch verbesserungswürdig", führte Lutz Michael Fröhlich, DFB-Abteilungsleiter Schiedsrichter, außerdem noch an.
Psychische Belastungen als ein Hauptthema
Unter dem Eindruck des Suizidversuchs von Schiedsrichter Babak Rafati vor dem Bundesligaspiel Köln gegen Mainz im November vergangenen Jahres rückten auf einem solchen Treffen erstmals die Themen Druck und psychische Belastungen auf die Agenda. "Auf uns ist einiges eingeprasselt", sagte FIFA-Schiedsrichter Felix Brych.
Psychologe Marco Nill referierte über Stress, Burnout und Depressionen. Diesen Themen wird nun mehr Bedeutung beigemessen. "Die Leistung des Schiedsrichters ist ein sensibles Gebilde. Es lag ein enormer Druck auf den Schiedsrichtern", sagte Fandel und fügte hinzu: "Es ist unsere Pflicht, dieses Thema nicht außen vorzulassen."
Aktuell befindet sich der Hannoveraner Rafati in Behandlung. Kontakt zum Betroffenen habe es seit dem Vorfall nur indirekt gegeben. "Einziges Ziel ist es, dass er wieder gesund wird, dass er glücklich wird", sagte Fandel. Die Entscheidung, ob und wann Rafati in den Spielbetrieb zurückkehren wird, treffe dieser alleine.
Daher werde seine Stelle vorerst nicht neu besetzt. Lediglich der Platz des Esseners Marc Seemann werde vom bisherigen Zweitligaschiedsrichter Tobias Stieler aus Obertshausen übernommen.
Zukunft von Michael Kempter offen
Eine Entscheidung über die sportliche Zukunft von Michael Kempter durch den Verband wird frühestens im April gefällt. Eine baldige Rückkehr auf die Bundesligabühne schloss Fandel aus, weil Kempter aufgrund seiner Auseinandersetzungen mit dem ehemaligen Schiedsrichter-Obmann Manfred Amerell seit nunmehr zwei Jahren kein Spiel mehr gepfiffen habe.
Das von FIFA-Präsident Joseph Blatter befürwortete Modell des Profischiedsrichters lehnt Fandel weiterhin ab: "Wir sind der Überzeugung, dass wir dadurch keine besseren Schiedsrichter bekommen", sagte der ehemalige Spielleiter.
Tor-Kamera befürwortet
Die Einführung einer Tor-Kamera würde er begrüßen und erhält dabei Unterstützung von den Aktiven: "Es wäre super, wenn die Tor-Kamera kommt und für uns eine große Hilfe. Entweder ist der Ball drin, oder nicht."
Es würde den Druck auf ihn und seine Kollegen sicherlich ein wenig verringern.
Bundesliga: Ergebnisse & Tabelle