Odise Roshi rannte nach seinem 1:0-Siegtreffer am vergangenen Wochenende gegen den 1. FC Kaiserslautern zur Kölner Bank und herzte Co-Trainer Bard Wiggen.
Eine riesige Jubeltraube versammelte sich an der Seitenlinie. Es war ein immens wichtiger Treffer, der nach dem knappen Sieg in der Pfalz ausgiebig mit den Fans bejubelt wurde. Köln gewann nach 23 Jahre wieder auf dem Betzenberg und sprang auf Rang neun - so gut wie seit 2008 nicht mehr. Und das ohne den verletzten Lukas Podolski. Alles in Butter beim Effzeh?
Mitnichten. Sportlich zeigt sich Köln zwar so solide, doch hinter den Kulissen brodelt es. Besonders zwischen Trainer Stale Solbakken und Sportdirektor Volker Finke scheint das Verhältnis eingefroren zu sein. Dabei fing alles so gut an...
Heikler Start für Solbakken
Finke wollte den norwegischen Übungsleiter unbedingt an den Rhein holen. "Er ist taktisch ein ganz besonders begabter Trainer", sagte der Sportdirektor bei der Verpflichtung über Solbakken. Außerdem blätterte Finke 500.000 Euro Ablöse auf den Tisch - nicht gerade wenig, wenn man bedenkt, dass Köln hochverschuldet ist.
Doch schon bald kam es zu Reibereien: Solbakken vertagte seinen Amtsantritt und nahm Podolski die Kapitänsbinde ab. Die Medienaufmerksamkeit war schon vor Solbakkens erstem Spiel riesig. Und dann setzte es gleich zu Saisonbeginn zwei saftige Niederlagen. Doch Finke stärkte seinem Trainer in dieser schweren Phase den Rücken.
"Da wird jeder Idiotenball mitgezählt"
Danach festigte Köln seine Leistung. In der Domstadt sprach man vom besten Trainer seit Jahren. Kann ein Norweger endlich Ruhe und Beständigkeit nach Köln bringen? Besonders Podolski war wie ausgewechselt: Unter dem Norweger spielte das FC-Idol die beste Vorrunde seiner Karriere.
Podolski übt heftige Kritik an Kölner Vereinspolitik
Nach dem 0:1-Rückrundenauftakt gegen Wolfsburg gab es dann allerdings Kritik vom Sportdirektor: "1:15 Ecken gegen uns, 4:26 Flanken - da fällt dann irgendwann mal ein Gegentor." Und auch FC-Chef Claus Horstmann zeigte seinen Unmut über die "unbestreitbar kritische Flanken-Statistik".
Solbakken reagierte gereizt auf solche Aussagen: "Da wird jeder Idiotenball mitgezählt, egal, ob aus dem Halbfeld oder von der Eckfahne. Jeder Fußball-Lehrer sollte hinter die Statistik schauen." Und er setzte noch einen drauf. In Dortmund habe man 55 Prozent der Zweikämpfe gewonnen, aber 0:5 verloren: "Das zeigt, wie wenig aussagekräftig solche Statistiken sind. Aber ich habe kein Problem, wenn man anderer Meinung ist. Ob das dem Verein hilft, so was öffentlich zu machen, steht auf einem anderen Blatt Papier."
Das Verhältnis? "Professionell"
Dem Verein sollte vor allem ein Stürmer-Transfer im Winter helfen. Doch statt eines Wunschkandidaten Solbakkens kam Chong Tese in die Domstadt, von dem Finke ein großer Befürworter ist.
Horstmann dazu: "Wir haben nach einem Stürmer gesucht, für den das Profil in Zusammenarbeit mit dem Trainer erstellt worden ist." Finke war bemüht, die Unstimmigkeiten beim Transfer von Tese zu erklären. "Der Trainer hat zugestimmt, aber dass es nicht seine Wunschoption war, können wir so stehen lassen", sagte der Sportdirektor dem TV-Sender "Sky".
Zwischen Finke und Solbakken scheint eine Eiszeit angebrochen zu sein. Beide bezeichnen ihr Verhältnis seit Wochen nur noch als "professionell".
Nach der 0:5-Klatsche gegen Dortmund am 10. Spieltag ging Finke laut "Kicker" sogar in die Kabine und stellte die rhetorische Frage, wer auf die Idee gekommen sei, Martin Lanig in den Sturm zu stellen.
Zwei starke Charaktere
"Meine Person nehme ich nicht wichtig", sagt Solbakken. "Ich arbeite hier so, dass nach meiner Zeit jeder sagen kann: 'Der hat immer alles für den FC gegeben.' Das habe ich überall so gemacht. Nur in Köln ist das etwas schwierig - vor allem für einen Trainer, der von außen kommt."
Eines ist klar: Mit Finke und Solbakken stehen zwei starke Charaktere an der sportlichen Spitze des FC, das zeigt auch ein Blick in die Vergangenheit. Schon beim SC Freiburg rasselte Finke als Trainer mit dem damaligen Manager Andreas Rettig regelmäßig zusammen. "Wir haben uns unglaublich oft gefetzt wegen der Bewertung von Spielern. Das ist völlig normal", sagte Finke der "Sport Bild". Finke ist sich bewusst, dass "der große Unterschied ist, dass in Köln Dinge nach außen getragen werden und dann als skandalös bewertet werden".
Schon zum Antsamtritt von Solbakken sagte Stig Inge Björnebye im SPOX-Gespräch über seinen Landsmann: "Er hat einen sehr starken Charakter. Er ist seinen Spielern gegenüber sehr fordernd, aber sie werden ihn mögen. Er hat eine ausgeprägte Siegermentalität."
Finke hat kein Problem mit Reibungspunkten: "Um den Fußball voranzubringen, sind unterschiedliche Auffassungen zu bestimmten Dingen einfach nur gut", sagt Finke. Und Solbakken will Geschichte schreiben: "Es wird auch beim FC mal einen Trainer geben, der genug Spiele gewinnt. Ich hoffe, das werde ich sein."
Der 1. FC Köln im Steckbrief