Zu viele Fragezeichen

Von Stefan Rommel
Ständige Reibereien, trotzdem die Retter des FC? Sportdirektor Finke (l.) und Trainer Solbakken
© Getty

Der 1. FC Köln schwebt im luftleeren Raum, dabei wäre gerade jetzt die Zeit wichtiger Planungen für die kommenden Saison gekommen. Etliche Faktoren verhindern das aber konsequent, der Klub hat mit einer handvoll ungelöster Variablen zu leben. Lukas Podolskis Zukunft nicht mit eingerechnet...

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Der 1. FC Köln verirrt sich gerade in Einzelepisoden, vom gestohlenen Auto der Trainerfrau bis zum offenbar feststehenden Wechsel des besten Spielers.

Dazwischen: Eine schief sitzende Maske (Pezzoni), ein latent brüchiges Verhältnis zwischen Trainer und Sportdirektor, unzufriedene Führungsspieler (Rensing, Eichner, Riether), Stress mit dem Ex-Trainer (Daum), aber immerhin: kein Stress mit dem Präsidenten. Es gibt momentan keinen, unter der Woche hat mit Manfred Hell ein aussichtsreicher Kandidat abgesagt.

Davor: Meinungsverschiedenheit zwischen Spieler Riether und Co-Trainer Wiggen, provokantes Podolski-Interview, Brecko-Alkoholfahrt.

Keine Planungssicherheit

Die laufende Saison fordert vom FC einmal mehr alles ein. Beim Heimspiel gegen den HSV hatte die Mannschaft die Chance, den Rest der Saison in halbwegs ruhigen Bahnen verlaufen zu lassen, den Vorsprung auf die Abstiegsregion beruhigend groß werden zu lassen.

Die absolut vermeidbare Niederlage sollte aber den Startschuss geben hinein in turbulente Wochen, die in den Tagen vor dem Hoffenheim-Spiel selbst für erprobte FC-Fans ein wenig zu jeck wurden. Im Vordergrund geht einiges durcheinander. Für die Arbeit hinter den Kulissen ist das eine denkbar schlechte Ausgangslage.

Planungssicherheit mag ein typisch deutsches und vielleicht auch oft negativ behaftetes Wort sein. Der 1. FC Köln könnte sich eine schönere Basis für die Vorbereitungen der kommenden Saison aber gar nicht vorstellen.

Podolski-Deal: Nur 60 Prozent bleiben

Jetzt ist die Zeit, in der die Strippen gezogen und die Kaderplanungen für die kommende Saison vorangetrieben werden. Dafür fehlt es dem FC aber an harten Fakten.

Die deuten sich im Fall Lukas Podolski zumindest an, auch eine Summe X steht im Raum - abzüglich der dann fälligen Rückzahlungen an Investor Franz-Josef Wernze und die Solarworld AG, die den Transfer damals mit ihrem Geld erst möglich machten und jetzt Transferanteile an Podolski besitzen.

Hinzu kommen die Abgaben an die Bayern, die dem Deal damals nur zugestimmt hatten, wenn bei einem Weiterverkauf ein bestimmter Anteil des Erlöses an die Säbener Straße fließt. Bei einem Transfervolumen von 20 Millionen Euro wird mit rund 60 Prozent gerechnet, die dem FC dann bleiben würden.

Davon wiederum dürfte ein beträchtlicher Teil in die Tilgung der Schulden gehen. Und zwei, drei Leistungsträger gilt es ja auch noch zu halten, mit einem finanziell verbesserten Angebot natürlich. Viel bleibt da nicht mehr übrig.

Horstmann: "Keine Panikaktionen"

Aber es ist eine wahrscheinliche Realität. Dem gegenüber steht eine Reihe offener Fragen, die die Arbeit für alle Beteiligten derzeit unheimlich erschweren. Auch, weil der eine oder andere gar nicht weiß, ob er im Sommer überhaupt noch für den FC arbeiten wird.

Geschäftsführer Claus Horstmann lässt da keinen Spielraum zu, erst vor wenigen Tagen erläuterte er noch einmal eindringlich, dass an den Besetzungen der wichtigen Posten nicht zu rütteln sei, trotz offenkundiger Meinungsverschiedenheiten auf fast allen Ebenen. Und dass es "keine Panikaktionen" geben werde.

Solbakken und die Systemfrage

Dennoch drängt sich der Verdacht auf, dass im Verein derzeit nur auf Zeit gespielt wird. Um wichtige Dinge endlich selbst klarer zu sehen. Wer wird neuer Präsident? Heißt der Trainer im Juli noch Stale Solbakken, und der Sportdirektor Volker Finke? Und überhaupt: Mit welcher Liga kann man interessante Spieler locken?

Dass Trainer Solbakken noch genügend Einfluss auf die Mannschaft nehmen kann, haben nicht zuletzt seine Umstellungen und entsprechenden Auswechslungen beim Spiel in Hoffenheim gezeigt. Solbakken reagierte auf den Spielverlauf, und er reagierte richtig.

Das ändert allerdings nichts daran, dass die Mannschaft mit seiner präferierten Spielidee derzeit schwer zurecht kommt und einzelne Spieler dies zwischen den Zeilen auch kundtun. Eigentlich schien Solbakkens System im Spätherbst letzten Jahres verinnerlicht.

Aber offenbar sind Teile der Mannschaft immer noch nicht ganz überzeugt. Oder schon wieder am Zweifeln, auf jeden Fall fühlen sie sich unwohl und nicht sicher in ihrem Schaffen. Tatsache ist, dass Solbakkens Idee ungewöhnlich ist und in der Umsetzung immer noch Probleme bereitet.

Fragen, Fragen, Fragen

Finke wiederum mag enorm viele Kontakte und ein gutes Händchen haben, besonders für ausländische Spieler, die in Deutschland kaum jemand kennt.

Aber wenn gestandene Bundesligaspieler mit dem Kölner System auch nach Monaten noch Probleme haben, dürften auch neue Spieler ohne Deutsch-, Mentalitäts- und Ligenkenntnisse zumindest in einem gewissen Zeitrahmen damit Schwierigkeiten haben.

Oder darf Solbakken eine Reihe von Spielern vorschlagen, bei denen er genau das ausschließen kann? Wie würde Finke darauf reagieren? Wie kann man interessante Spieler überhaupt überzeugen, wenn zu viele Faktoren ungewiss sind?

Der 1. FC Köln bleibt ein Mobile, das beim leichtesten Windhauch in Bewegung gerät und kaum mehr aufhören mag, sich um die eigene Achse zu drehen. Und eine Mannschaft, die weiter auf der Suche nach sich selbst ist.

Das ist der 1. FC Köln

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