Wer von Holger Badstuber persönliche Einschätzungen zum anstehenden Topspiel des FC Bayern bei Borussia Dortmund (Mi., 19.45 Uhr im LIVE-TICKER) lesen will, sucht ihn bei Twitter vergeblich. Keine BVB-Tags, keine Kampfansage auf 140 Zeichen. Sein Berater Robert Schneider hat Badstuber geraten, von jeglichem Gezwitscher abzusehen.
Immerhin verschließt sich Badstuber nicht komplett den sozialen Netzwerken. Auf Facebook ist er aktiv und hält seine Fans auch weitgehend aktuell auf Stand. Aber auch hier: Finger weg von Kampfansagen oder anderen brisanten Statements.
Am Samstag nach dem mühsamen 2:1 gegen den FC Augsburg war Badstuber schon etwas angriffslustiger. "Wir haben sehr gute Möglichkeiten, in Dortmund zu gewinnen. Ich liebe solche Spiele, deswegen bin ich Fußballer geworden. Ich wüsste nicht, warum wir unsere Siegesserie nicht ausbauen sollten", sagte Badstuber.
Heynckes lobt "tolle Entwicklung"
Sein Selbstbewusstsein kommt nicht von ungefähr. Nach einer schwächeren letzten Saison hat Badstuber wieder das Niveau, das ihn während der Spielzeit 2009/10 zum Nationalspieler machte. Badstuber stand in 42 von 43 Pflichtspielen der Bayern in der Startelf und wurde nur einmal ausgewechselt, am 10. Spieltag beim 1:2 in Hannover in Minute 87.
"Er hat eine tolle Entwicklung genommen und spielt eine herausragende Saison", sagt Bayern-Trainer Jupp Heynckes. Beim FC Bayern und auch in der Nationalmannschaft ist Badstuber unumstrittener Stammspieler.
"Ich stelle Holger nicht in Frage, auch wenn er in München gerade eine schwierige Phase hat", sagte Bundestrainer Joachim Löw vor gut einem Jahr. "Dass ein junger Spieler wie er im zweiten Jahr bei den Bayern in ein Loch fällt, ist normal. Da wird er sich wieder herausarbeiten."
Besondere Harmonie mit Alaba
Löw sollte recht behalten. In der "Kicker"-Rangliste ist Badstuber in dieser Saison mit einem Notenschnitt von 2,89 auf Platz drei hinter dem Dortmunder Mats Hummels und (2,71) und dem Gladbacher Roel Brouwers (2,83).
Wie 2010, als der FC Bayern in allen Wettbewerben bis zum Ende dabei war, besticht Badstuber durch Konstanz. "Ich fühle mich körperlich sehr gut, die Belastung mit dem Drei-Tage-Rhythmus macht mir nichts aus", sagte er nach dem Augsburg-Spiel.
Dabei musste sich Badstuber während der Saison auf viele unterschiedliche Partner in der Viererkette einstellen. Die Hinrunde spielte Daniel van Buyten neben Badstuber in der Innenverteidigung, seit dem 19. Spieltag ist es Jerome Boateng. Und seit dem 7:1 gegen Hoffenheim am 10. März ist David Alaba Badstubers Nebenmann auf der linken Verteidigerseite.
Besondere Eingewöhnung bedurften die personellen Umstellungen nicht für Badstuber. "David und ich harmonieren sehr gut. Für ihn freut es mich immens, dass er sich so gut entwickelt und starke Spiele gemacht hat. Je nachdem, wer neben mir spielt, ist es natürlich ein anderes Spiel für mich. Aber ich kenne die Spieler vom täglichen Training, deswegen war die Umstellung Philipp (Lahm, d. Red.) auf rechts und David auf links kein Problem", sagte er zu SPOX.
Sicherheitsrisiko Boateng
Alaba interpretiert die linke Verteidigerposition anders als Lahm. Der Österreicher zieht deutlich mehr Offensiv-Sprints an, was aber für Badstuber kein Problem darstellt. "Es ist sein Spiel und er macht das sehr gut. Wir profitieren ja davon und David lässt die Defensive dabei nie außer acht", so Badstuber.
Dass die Bayern seit der Umstellung alle Spiele gewonnen haben, hängt für Badstuber nicht unbedingt mit der neu formierten Viererkette zusammen: "Wir hatten in der Hinrunde in anderer Konstellation eine Serie von zehn Spielen in Folge ohne Gegentor."
In den letzten neun siegreichen Spielen waren es auch nur drei. Dabei hat der FC Bayern ein Sicherheitsrisiko in der Abwehr. Jerome Boateng war zuletzt immer wieder für einen dicken Patzer gut. Gegen Hannover verlor er Didier Ya Konan vor dem Anschlusstreffer der 96er aus den Augen und lenkte den Ball anschließend wuchtig mit dem Knie Richtung eigenes Tor.
In Marseille spielte er eine souveräne erste Halbzeit, legte aber kurz nach der Pause OM-Stürmer Remy den Ball einschussbereit auf, was Torhüter Manuel Neuer zu verhindern wusste. Und gegen Augsburg verschuldete Boateng den Ausgleich, weil er über den Ball schlug. Diese Unkonzentriertheiten können tödlich sein im Saisonendspurt. Zudem gewann Boateng im Derby nur 40 Prozent seiner Zweikämpfe.
Keine Alternative zu Badstuber/Boateng
Die derzeitige Besetzung der Innenverteidigung ist für Heynckes aber alternativlos und wird es bis Saisonende bleiben. Van Buyten macht zwar gute Fortschritte nach seinem im Januar erlittenen Mittelfußbruch, ist aber noch weit entfernt von einem Einsatz, geschweige denn von Breno, der nie wieder für den FC Bayern spielen wird.
In der nächsten Saison kommt mit dem Brasilianer Dante Verstärkung aus Mönchengladbach. Van Buyten wird wohl noch einmal verlängern in München; jedenfalls ist das der erklärte Wunsch des Belgiers. Dann hätten die Bayern vier Innenverteidiger, mit denen man auch international um Titel spielen kann.
Für den Rest der Saison müssen es Boateng und Badstuber richten. In Dortmund werden sie schon mal besonders gefordert sein.
Dortmund - Bayern: die Bilanz gegeneinander