In der Saison 2006/2007 rieb sich so mancher Fan bei Heimspielen gegen Borussia Mönchengladbach verdutzt die Augen: In der traditionell großen Fan-Schar der Borussia fielen neben den Trikots vor allem T-Shirts mit der Aufschrift "Auswärtsdeppen" auf. Eine selbstironische Aktion der Anhänger, die aus einer Serie von kümmerlichen drei Auswärtssiegen in drei Jahren resultierte.
Sieben Jahre sind seitdem vergangen und plötzlich macht sich jenes beklemmende Gefühl, das man unter der Regie von Lucien Favre längst vergessen hatte, in den Mägen der Fans wieder bemerkbar.
In der Fremde konnte sich Gladbach in dieser Saison mit einem Punkt aus vier Spielen maximal Appetit holen. Umso kräftiger bedienten sich die Fohlen mit drei Siegen aus drei Partien dagegen vor heimischem Publikum am Punkte-Buffet.
Gut gespielt, keine Punkte
Der Hauptgrund der schwachen Auswärts-Ausbeute ist ebenso offensichtlich wie erleichternd für die Borussia. In allen vier Begegnungen spielte Gladbach trotz prominenter Gegner wie Bayern und Leverkusen gut mit, hatte Torchancen und traf mindestens einfach.
Dass die Elf vom Niederrhein den Platz nach 90 Minuten dennoch dreimal ohne Punkt verließ, lag an der letzten Konsequenz, die Gladbach vor dem gegnerischen Tor und in der Defensive vermissen ließ.
Während Favre Unkonzentriertheiten in der Abwehr monierte ("Wir spielen sicherlich nicht schlecht, haben viel Ballbesitz, machen aber auch taktisch und individuell zu viele Fehler"), haderte Sportdirektor Max Eberl nach der Niederlage in Hoffenheim vor allem mit der Chancenverwertung: "Am Ende stehen wir wieder mit leeren Händen da, und das, wenn ich es so sagen darf, kotzt uns alle an."
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Fehlstart mit Folgen
Ein weiterer Grund für die Negativserie ist das Startproblem der Borussen. In bisher jedem Auswärtsspiel musste Gladbach Favres Matchplan, in dem es ein frühes Gegentor zu verhindern gilt, umwerfen und einem Rückstand hinterherlaufen. "Wir müssen endlich auch einmal auswärts das erste Tor schießen. Offensichtlich ist das bei uns ausschlaggebend", fordert Martin Stranzl.
In Panik gerät am Niederrhein allerdings (noch) niemand. Die Verantwortlichen wissen um die Stärke ihrer Mannschaft und vertrauen auf einen Knotenlöser. "Gegen Augsburg haben wir gepunktet, waren sogar kurz vor dem Sieg. Das war der erste Schritt, der nächste wird bald folgen", prognostizierte Eberl. Der Brasilianer Raffael geht noch weiter und verspricht einen "Auswärts-Dreier" in Kürze.
Transfers 2.0
Jener Raffael ist einer von drei Neuzugängen der Borussen. Verpflichtungen, die zeigen, dass sich nicht nur die Mannschaft, sondern auch die Führung des Vereins weiterentwickelt. Wurden im Vorjahr noch drei junge Spieler aus dem Ausland verpflichtet, die in der Bundesliga nur schwer in Fahrt kamen, konzentrierten sich Eberl und Favre in diesem Sommer auf Spieler mit Bundesliga- oder zumindest Deutschland-Erfahrung.
Der Erfolg gibt ihnen Recht: Max Kruse und Raffael bilden das neue Offensivduo und haben großen Anteil daran, dass Gladbach zu den torgefährlichsten Mannschaften der Liga gehört. Auch der junge Christoph Kramer benötigte keine Eingewöhnungsphase, verdrängte den zuvor gesetzten Havard Nordtveit auf der Doppel-Sechs und bildet dort mit Granit Xhaka eine zuverlässige Mittelfeldzentrale.
Xhaka, einer der drei Verstärkungen des Vorjahres, hatte einen deutlich schwereren Start in Mönchengladbach. Nach Anlauf- und Anpassungsschwierigkeiten fand er sich ein Jahr lang meist auf der Bank wieder und hat erst in dieser Saison den Sprung zum Stammspieler geschafft. In Augsburg fehlte der Schweizer gelb-gesperrt und wurde merklich im Spielaufbau vermisst.
Spuckt Dortmund in die Suppe?
Zu Hause ist Mönchengladbach eine Bank. Die Spiele gegen Hannover, Bremen und Braunschweig wurden nicht nur gewonnen, Gladbach zeigte eindrucksvollen Fußball, schoss elf Tore und kassierte nur zwei Gegentreffer. Deutlich erkennbar ist, dass die Mannschaft immer dann befreit auftritt und ansehnlichen Kombinationsfußball bietet, wenn sie die Sicherheit einer Führung im Rücken hat.
Mit Borussia Dortmund reist am 8. Spieltag allerdings die auswärtsstärkste Mannschaft der Liga nach Gladbach. Das Team von Trainer Jürgen Klopp ist auf fremden Platz noch ungeschlagen und wird auch den Fohlen den Samstag-Brunch gehörig vermiesen wollen.
Im Gepäck hat der BVB eine große Portion Selbstvertrauen aus dem 3:0 gegen Marseille in der Champions League.
54.000 Fans konnten eine Karte für das Spiel der beiden Namensvetter ergattern und hoffen auf das nächste geschichtsträchtige Borussen-Duell, wie das 6:6 im Januar 1955 oder den 12:0-Sieg der Fohlen im April 1978.
Unvergessen auf Seite der Schwarz-Weiß-Grünen ist auch das 1:0 im April 2011, als Gladbach den BVB völlig überraschend schlug und dem Klassenerhalt so einen großen Schritt entgegenging. Wen wundert's: Es war ein Heimspiel.
Borussia Mönchengladbachs Programm