Ist das eigentlich noch zu toppen?

Fatih Demireli
22. Dezember 201323:14
Die Köpfe des Bayern-Jahres 2013: Pep, Heynckes und Co.spox
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Der FC Bayern hat das erfolgreichste Jahr der Klubgeschichte hinter sich gebracht: Der Sieg bei der Klub-WM setzte das i-Tüpfelchen auf eine Saison voller Triumphe, Rekorde und toller Momente. Doch das Jahr 2013 hatte auch seine Schattenseiten. Ein Rückblick in zwölf Akten.

Januar: Der Urknall

Einen guten Vorsatz legten sich die Münchener zu Beginn des Jahres zurecht: "Das beste Trainingslager aller Zeiten", sollte keiner mehr sagen. Frag' nach im Jahr davor, als man vorauseilend frohlockte und später drei Mal Zweiter wurde. In Doha gab es nur eine Devise: Arbeiten. Die äußerst erfolgreiche Hinrunde veranlasste keinen, sich großartig sicher zu fühlen. Derweil schraubte der FC Bayern fleißig an der Zukunft: Der Mainzer Jan Kirchhoff wurde für die neue Saison verpflichtet. "Das ist unser Wunschspieler", sagte Sportvorstand Matthias Sammer über den "Rohdiamanten". Pläne, Kirchhoff sofort zu holen, wurden nach Gesprächen mit dem FSV schnell verworfen.

Doch Kirchhoff sollte nicht die einzige Zukunftsinvestition des FC Bayern in diesem Monat werden: Am 16. Januar wehte ein hartnäckiger Wind durch München, der Schnee bedeckte die Straßen und der FC Bayern - inzwischen zurückgekehrt aus dem Trainingslager - verpasste sich an der Säbener Straße den letzten Feinschliff für den Saisonstart in zwei Tagen. Doch dann der Urknall: Der italienische Pay-TV-Sender "SKY Italia" meldete, dass gerade in München der Vertrag Pep Guardiolas aufgesetzt werde und der Wechsel des Katalanen zum FC Bayern dingfest gemacht wurde. Der FC Bayern, der eine ähnliche Meldung im Dezember noch vehement dementierte, schwieg diesmal.

Italienische Medien legten derweil mit weiteren Informationen nach: Guardiola sei persönlich nicht vor Ort, dafür dessen Beraterstab. Nachmittags ließen die Münchener dann die Katze aus dem Sack: "Jupp Heynckes beendet zum Saisonende Trainerkarriere, Pep Guardiola übernimmt ab Sommer." Zumindest der Heynckes-Part war damals noch etwas verfrüht, da Heynckes - zumindest öffentlich - seine Entscheidung noch gar nicht getroffen haben wollte. Doch über allem stand erst einmal der neue Mann: "Wir freuen uns sehr, dass es uns gelungen ist, den Fußballfachmann Pep Guardiola, der von vielen namhaften Klubs umworben und kontaktiert wurde, für den FC Bayern zu gewinnen", erklärte Karl-Heinz Rummenigge. Milan, Inter, die Manchester-Klubs, Chelsea, PSG - Pep hatte sich den Klub aussuchen können und er tat es mit der Option Bayern.

Auch wenn rund um den Zukünftigen ein regelrechter Hype ausgelöst wurde, war man in München darum bemüht, das Guardiola-Thema bis Sommer auf Eis zu legen, um sich auf die Rückrunde zu konzentrieren. Dass es den Münchenern gelang, zeigten die erfolgreichen Ergebnisse in der Bundesliga. Beim FC Bayern sollte am Saisonende aber nicht nur Heynckes gehen, sondern auch Mehmet Scholl, der im Januar ankündigte, sich ab Sommer komplett seiner TV-Karriere zu widmen.

Februar: Der wichtigste Sieg

Bevor es sportlich wichtig wurde, begann eine strategisch neue Ära: Erstmals seit 30 Jahren hieß ab dem 1. Februar der Finanzvorstand des FC Bayern nicht mehr Karl Hopfner, sondern Jan-Christian Dreesen, der nach Freigabe seines alten Arbeitgebers an der Säbener Straße einziehen durfte. Der Mann, ein Uli-Hoeneß-Projekt, der künftig auf Bayerns Konten achten sollte, wurde zum Einstand mit reichlich starken Vorstellungen der Mannschaft beschenkt.

Wer nach den zwölf Punkten Vorsprung zum Ende der Hinrunde immer noch Zweifel hegte, dass die Meisterschaft nur über den FC Bayern geht, begrub sie spätestens nach dem 4:0 gegen Schalke 04. Die Bayern waren zu stark für ersatzgeschwächte Königsblaue, die man im Trainingslager in Doha schon 5:0 besiegte. Parallel zur jüngsten Gala verlor Borussia Dortmund daheim gegen den HSV und war nunmehr mit 15 Punkten im Hintertreffen.

Robert Lewandowski, der nach einem Gerangel mit Rafael van der Vaart die Rote Karte sah, stand wenige Tage vor dem Aufeinandertreffen im DFB-Pokal erneut im Fokus, weil "SKY Italia" einen Monat nach der Guardiola-Thematik erneut eine Bayern-Transferoffensive vermeldete: Robert Lewandowski sei sich mit dem FC Bayern endgültig einig - der Transfer, Datum Saisonende, sei besiegelt. "Dazu sagen wir heute nichts und auch morgen nichts", kommentierte Matthias Sammer die Spekulationen.

Vielmehr sollte die Konzentration auf das Wesentliche gerichtet werden und das Wesentliche hatte die Farbe Schwarz-Gelb: Das Pokal-Heimspiel gegen den BVB wurde zum vorläufig wichtigsten Spiel des Jahres ausgerufen, weil man in der Liga den Primus der letzten Jahre erneut nicht besiegen konnte - also im Pokal besiegen und weiter vom Triple träumen. Die Bayern nahmen die Aufgabe genauso seriös und nachhaltig wahr, wie das Finale von Wembley drei Monate später. Arjen Robben erzielte den Treffer in der 43. Minute. Der wichtigste Sieg im wichtigsten Spiel des Jahres war gelungen. Erfolgreich gestaltete der FC Bayern auch das Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League im Emirates, wo Arsenal mit 3:1 besiegt wurde.

März: Als es fast zu Ende war...

Der FC Bayern hatte nach 24 Spieltagen, Anfang März, schon 63 Punkte. Genauso viel wie in der Meistersaison 2001 nach 34 Spieltagen. Die unfassbare Rekordjagd, die heute noch kein Ende gefunden hat, hatte da schon längst begonnen. Die größten Wettanbieter zahlten die Meisterwette bereits an die Kunden aus, die auf den FC Bayern gesetzt hatten. Natürlich war das Thema Pep Guardiola weiter allgegenwärtig: Täglich wurde ein neuer Superstar nach München transferiert - so auch Neymar, für den der FC Bayern 100 Millionen Euro zahlen wolle. Unsinn.

Plausibler klang da schon die Mutmaßung Ottmar Hitzfelds, der ein Ende der Ära von Arjen Robben beim FC Bayern voraussagte: "Ich glaube, dass Robben eher nicht reinpasst", sagte Hitzfeld dem Schweizer "SonntagsBlick". Im Klartext: "Ich rechne damit, dass Robben im Sommer wechselt und die Bayern verlässt." Plausibel insofern, dass Robben, der mit einigen Verletzungen zu kämpfen hatte, schon unter Jupp Heynckes nicht mehr zu Stammpersonal zählte und unzufrieden war.

Es war nicht der Monat der Superstimmung und fast hätte die Rekordsaison eine ziemlich unerwartete Wendung genommen: Nach dem 3:1 im Hinspiel wähnte man sich beim FC Bayern wohl zu sicher und kurz vor Schluss führte der FC Arsenal in der Allianz Arena dann plötzlich mit 2:0. Noch ein Tor und es wäre mit der Herrlichkeit zu Ende gewesen. Noch ein Tor und die folgenden Monate wären nicht mal annährend so prickelnd geworden.

SPOX Bayern kam mit dem blauen Auge davon, unzufrieden waren die Bosse dennoch: "Wir spielen seit drei Wochen schönen Dreck", schimpfte Uli Hoeneß: "Wenn die Mannschaft jetzt die richtigen Konsequenzen zieht, dann ist es noch fünf vor Zwölf. So gewinnen wir jedenfalls nichts in der Champions League." Rrummms!

Ein Hauch von Krise nach der ersten Niederlage im Jahr 2013. Doch vielleicht war sie nötig, denn sie blieb in der gesamten Rückrunde die einzige Pleite. Die Losfee bescherte den Bayern einen Tag danach den Viertelfinalgegner Juventus Turin. Während allerorten die Rede von Hammerlos war, freute sich einer ganz besonders: "In unserer Situation ist das Los gut. Dortmund spielt gegen Malaga, das ist nur vermeintlich einfach. Für unseren Klub, für unseren Fokus ist ein richtiges Kaliber wie Juventus genau richtig", sagte Matthias Sammer. Zur Hoeneß-Kritik schwieg er. Die Antwort lieferte die Mannschaft Ende des Monats: 9:2 endete das Heimspiel gegen den Hamburger SV. Drecksfußball war das mitnichten.

April: Der Titel, der Mario, der Uli, der Triumph

Wo soll man da anfangen? Es war eines der denkwürdigsten Monate in der Geschichte des FC Bayern: Sowohl im positiven, als auch im negativen Sinne. Der April begann äußerst erfolgreich: Das 2:0 gegen Juventus im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League war das taktisch brillanteste, was der FC Bayern bis dato spielte. "Das beste Champions-League-Spiel der Saison", lobte Vorstandsboss Rummenigge. Pirlo und Co. machten keinen Stich gegen Heynckes' gute eingestellte Elf.

Ein Wendepunkt - nicht nur der Partie - war wohl auch die 14. Minute, als Toni Kroos im Duell mit Stephan Lichtsteiner einen Muskelbündelriss im rechten Adduktorenbereich erlitt und den Rest der Saison damit nicht mehr bestreiten konnte. Robben, bis dahin mehr oder weniger Edeljoker, rutschte in die Mannschaft, spielte großartig auf und war wieder "in" beim FC Bayern. Wer weiß, ob Robben heute noch beim FC Bayern spielen würde, wenn er damals nicht in die Mannschaft gerutscht wäre und womöglich die entscheidende Phase auf der Bank verbracht hätte. Wer weiß, ob Hitzfeld dann doch nicht recht behalten hätte?

Wendepunkte sollte es in diesem Monat zuhauf geben: Quasi beiläufig holte der FC Bayern am 6. April den Titel. Noch nie stand ein Deutscher Meister so früh fest. Doch die Bayern feierten nach dem 1:0 bei Eintracht Frankfurt nicht einmal ausgiebig, ja sie nahmen die Meisterschaft lediglich zur Kenntnis - mehr war nicht drin. Denn es gab noch genug zu tun - und man war noch einige Schritte davon entfernt, das nun auch erklärte Ziel zu meistern: Das Triple.

Ein paar Tage später machte die Heynckes-Truppe in Turin das Halbfinale perfekt. Beim 2:0 kam der FC Bayern schwer in Fahrt, spielte lange Zeit keine sonderlich gute Partie, fand dann aber doch wieder die richtige Lösung, um das Weiterkommen dingfest zu machen. Der FC Bayern war jetzt im Halbfinale, nur noch ein Schritt entfernt vom Endspiel, das man im Jahr zuvor noch tragisch verspielt hatte im "Finale dahoam". In der Liga durch, im Pokal beiläufig den VfL Wolfsburg 6:1 weggehauen und jetzt das Semifinale. Vielmehr kann nicht mehr passieren...

Denkste!

Bundesliga Spielplaner - Der Tabellenrechner von SPOX.com Am Morgen des 20. April melden Medien, dass gegen Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung ermittelt wird. Die Rede ist von einem Haftbefehl, der vor geraumer Zeit erlassen wurde. Minütlich neue Details, minütlich neue Informationen am Tageslicht. Der FC Bayern wird in seiner sportlich glücklichsten und wichtigsten Zeit von einem großen Skandal des langjährigen Präsidenten heimgesucht. Beim FC Bayern wird getagt, wird beraten, aber schnell wird klar: Der Klub steht hinter Hoeneß: die Mannschaft, der Vorstand und insbesondere der Aufsichtsrat. Außerhalb des FC Bayerns ist die Kritik dagegen groß, Rufe nach dem Rücktritt des Bayern-Machers werden jeden Tag lauter.

Hoeneß, so kann man das mit Abstand feststellen, wurde zwar von der Unterstützung des FC Bayern gestärkt, missbraucht hat er seinen Klub aber nicht und nahm sich gerade in der Phase wichtiger sportlicher Entscheidungen komplett aus dem Rampenlicht. Die Mannschaft feierte noch im gleichen Monat einen unfassbaren 4:0-Triumph gegen den FC Barcelona. Für viele war es die Wachablösung an der Spitze des europäischen Fußballs. Die Bayern ließen Messi und Co. keine Chance.

Und wer sich an Großereignissen immer noch nicht sattsehen konnte: Peng! Der FC Bayern verkündete den Transfer von Mario Götze zur neuen Saison. Ein "Maulwurf", den es also schon weit vor Pep Guardiola gab, steckte etwas der Presse. Dass der bevorstehende Transfer genau dann öffentlich wurde, als Bayern und Dortmund in der Champions League um das Finale kämpften, sorgte vor allem in Dortmund für Unmut.

Mai: Die Kür

Das 3:0 beim FC Barcelona im Rückspiel der Champions League machte den Einzug ins Finale der Champions League perfekt. Die größte Sorge der Münchener war nicht das Ergebnis, sondern die vorbelasteten Gelbsünder: Lahm, Schweinsteiger, Martinez, Dante und Luiz Gustavo hätten bei einer weiteren Verwarnung gefehlt. Doch auch das war kein Problem für die Bayern, die das Ergebnis recht früh sicherten und somit auch kein großes Risiko mehr eingehen mussten. Der FC Bayern war einem Jahr nach der bitteren Pleite in München wieder da, wo man hinwollte. Wieder hatten sie die sofortige Chance, eine schmerzliche Niederlage vergessen zu lassen.

Eine Mini-Generalprobe für das Finale von London gab's nur wenige Tage nach dem Halbfinale, als der FC Bayern zum belanglosen Bundesliga-Gipfel nach Dortmund reiste. Heynckes ließ die Stars daheim, Schweinsteiger und Robben waren gar zu Gast bei den Basketballern, als die Kollegen noch in Dortmund spielten. 1:1 hieß es am Ende - Höhepunkte gab's wenige und wenn überhaupt war es der Disput zwischen Matthias Sammer und Jürgen Klopp nach dem Platzverweis von Rafinha. Ein kleiner Vorgeschmack für den 25. Mai?

Natürlich war auch das Thema Uli Hoeneß noch längst nicht abgehakt: Der Aufsichtsrat der FC Bayern München AG entschied in einer Sondersitzung, dass Hoeneß trotz der Steueraffäre bleibt. Der 61-Jährige hatte zuvor angeboten, sein Amt ruhen zu lassen. Die Entscheidung war schon nach 90 Minuten gefallen. Abends gab der Klub dann via Pressemitteilung bekannt, dass es beim Alten bleibt. Hoeneß selbst kümmerte sich noch weiter um die Belange des Klubs: Auf seine Initiative einigte sich er Klub mit Jörg Wacker auf einen Vorstandsjob. Der bwin-Mann soll künftig die Internationalisierung des FC Bayern voranbringen. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge kündigte derweil an, der FC Bayern werde neue Rekordzahlen schreiben. Im November wusste man, dass er mehr als recht hatte. SPOX

Das Wichtigste zum Schluss: Der Champions-League-Sieg. Der FC Bayern wurde zum klaren Favoriten erklärt: von der Öffentlichkeit, von Experten, von den Dortmundern. Doch die 90 Minuten von Wembley waren packend, sie waren bis zum Schluss spannend und sie wurden erst spät entschieden. Dortmund beherrschte die Partie in der Anfangsphase, die Münchener schienen nervös zu sein und ließen sich vom starken Pressing des BVB beeindrucken. Die Tore fielen erst nach der Pause: Mario Mandzukic schien nach 60 Minuten das erlösende Tor geschossen zu haben, doch nur acht Minuten später foulte Dante Marco Reus, hätte dafür gar Gelb-Rot sehen müssen. Den fälligen Elfmeter verwandelte Ilkay Gündogan und ließ es wieder knistern. Als man sich schon seelisch auf die Verlängerung vorbereitete, kam Arjen Robben - vor wenigen Wochen noch Joker - und mimte den Helden für den FC Bayern mit seinem Tor eine Minute vor Schluss. Der FC Bayern war Champions-League-Sieger und die Party durfte beginnen.

Juni: Jupp sagt "Tschüss", Pep sagt "Grüß Gott"

Zwar feierten die Bayern den Champions-League-Titel gebührend, doch das Bremspedal hielt zumindest noch Matthias Sammer leicht gedrückt. Die Münchener hatten noch eine Aufgabe zu erledigen, sie wollten das Triple perfekt machen und mussten hierfür eigentlich nur noch den VfB Stuttgart aus dem Weg räumen. Auch hier hatte sich Bayerns Finalgegner wieder etwas ausgedacht, ordentlich mitgehalten und es Ende sogar richtig spannend gemacht: Thomas Müller und Mario Gomez, der sein letztes Spiel für den FC Bayern machen sollte, schossen den Bayern um die beiden Halbzeiten herum zum 2:0. Gomez legte in seiner letzten Pflichtspielminute für den FC Bayern noch einen nach: Das Triple konnte kommen! Auch Martin Harniks Doppelpack änderte nichts mehr daran.

Die bayerische Party begann, sie standen mit allen drei Pokalen auf dem Marienplatz, sie trugen sich im Ehrenbuch der Stadt ein - mittendrin war Jupp Heynckes, dessen letzte Saison die beste seiner Karriere war. Nur zwei Tage nach dem Pokalfinale saß Heynckes mit Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß in der Allianz Arena vor über 100 Journalisten, um seinen Rückzug bekanntzugeben. Es hab Angebote von großen Klubs, die alle bei Don Jupp anriefen, doch der 68-Jährige war nicht zu überzeugen. Mehr Zeit für die Frau und für "Cando", den Hund. Und weil der FC Bayern in diesem Jahr alles richtig machte, verabschiedeten sie Heynckes auch gebührend: Mit einem Rheinischen Sauerbraten.

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel oder nach dem Jupp ist vor dem Pep. So hieß es beim FC Bayern, der nur 20 Tage später erneut zur Pressekonferenz lud. Pep Guardiola war Monate nach der Verkündung seiner Verpflichtung endlich angekommen: Er wurde der Welt als neuer Bayern-Trainer vorgestellt und er tat es selbst. Es war die größte und medienwirksamste Presseveranstaltung in der Geschichte des FC Bayern München. Der erste Auftritt des Josep Guardiola beim FC Bayern lockte 250 internationale Journalisten in die Münchener Allianz Arena, Kamerateams sendeten Live-Bilder überall hin. "Guten Tag, grüß Gott, meine Damen und Herren", sagte Guardiola.

Dass er die Sprache seiner neuen Wahlheimat schon so gut beherrscht, sollte verblüffender Weise Gegenstand etlicher Diskussionen werden. Weit interessanter war dabei die große Intensität des neuen Coaches, die er an seinem ersten Trainingstag an den Tag legte.

Nach einer kurzen Ansprache, die keine Minute dauerte, ließ er sofort neue Spielformen trainieren und griff lautstark ein, weil seine Spieler nicht auf Anhieb kapierten, was der neue Mann wollte. Jerome Boateng, Franck Ribery, Toni Kroos - sie alle mussten sich recht deftige Worte des Trainers anhören, den sie gerade mal vor einer halben Stunde kennengelernt hatten. Es war nur ein kleiner Vorgeschmack.

Juli: Pep, Pep, Pep und Pleite

Pep hier, Pep da, Pep überall: In und um München fiel man regelrecht in eine Guardiola-Manie, die aber den Gejagten selbst total kalt ließ. Der Spanier arbeitete behutsam an "seinem" FC Bayern, ließ schon in den ersten Testspielen gegen Kneipenteams neue Spielformen üben: 4-1-4-1 mit aufgerückten Außenverteidigern, die Doppelsechs verabschiedete sich und machte Platz für einen Sechser und der Doppelacht/Doppelzehn davor.

Kapiert hatten es die Bayern nicht auf Anhieb, aber gereicht hat es dennoch, um im Telekom-Cup die Bundesliga-Konkurrenz aus Hamburg und Mönchengladbach mit 4:0 und 5:1 ins Grübeln zu verabschieden. Den Uli-Hoeneß-Cup, der gegen den FC Barcelona ausgetragen wurde, gewann Bayern souverän mit 2:0. Auch den Audi Cup gewannen die Münchener ohne Probleme gegen Sao Paulo und Manchester City, wobei man die Engländer später in der Saison noch einmal sehen sollte.

Als es dann aber ernst wurde, erlebte Guardiola den ersten Rückschlag in seiner noch jungen Amtszeit: Im Supercup verlor der FC Bayern beim Champions-League-Endspielgegner Borussia Dortmund mit 2:4 und bekam den zarten Hinweis, dass da noch Arbeit bevorsteht: Teilweise zu offensive Gangart, fehlende Abstimmung, vorne Mangel im Abschluss. Guardiola nahm sich der Aufgabe an und steuerte dagegen.

Seine wichtigste Entscheidung: Philipp Lahm wurde Bayerns neuer Sechser.

Bundesliga Spielplaner - Der Tabellenrechner von SPOX.comAuch außerhalb des Platzes tat sich einiges: Der FC Bayern präsentierte Neuzugang Mario Götze, der an seinem ersten Arbeitstag direkt für einen Eklat sorgte, indem er seinen privaten Ausrüster auf dem T-Shirt präsentierte. Ihm tat es Jan Kirchhoff später nach. Der FC Bayern sorgte damit für Unmut bei seinem Ausrüster. Bei Götze blieb es bis heute kein Einzelfall in der großangelegten Ausrüster-Präsentation.

Apropos Vorstellung: Götze bekam dann auch unverhofft einen Mitspieler. In einer Pressekonferenz im Trainingslager erklärte Guardiola, er wollte Thiago Alcantara verpflichten "und sonst nix". Die Bayern-Chefs kamen dem Wunsch des Trainers nach und holten den Youngster des FC Barcelona, der erst eben U-21-Europameister wurde. Mit Mario Gomez ging dann auch ein verdienter Spieler des FC Bayern nach Italien: Der Nationalstürmer schloss sich dem AC Florenz an. Ach ja: Die DFB-Pokal-Auslosung bescherte dem FC Bayern den BSV Rehden.

August: Das Chelsea-Trauma besiegt

Die 51. Bundesliga-Saison begann für den FC Bayern wie gewohnt: mit einer Siegesserie. Die Darbietung war aber dabei nicht immer so astrein, wie es sich manch einer gewünscht hatte. Die Veränderung von Jupp Heynckes auf Pep Guardiola beanspruchte logischer Weise Zeit. 3:1 gegen Gladbach, 1:0 in Frankfurt, 2:0 gegen Nürnberg - davor der klare Sieg im Pokal in Osnabrück gegen Rehden.

Dass man in der Öffentlichkeit dennoch nicht mit dem FC Bayern zufrieden war, störte vor allem den Trainer: "Wir sollen jedes Spiel sieben oder acht zu Null gewinnen. Das ist unmöglich. Die ganzen Leute wollen immer mehr, mehr, mehr." Wenn der Erfolg schuld ist...

Das 1:1 in Freiburg wenige Tage vor dem europäischen Supercup verbesserte die Stimmungslage nicht wirklich: Aber spätestens das Spiel in Prag war ein wichtiger Meilenstein früh in der Saison. Die Bayern hatten erneut spielerische Probleme, kamen mit der Gangart von Jose Mourinhos Chelsea nicht zurecht, aber dank einer lange nicht dagewesenen Fan-Unterstützung und dank einer kampfstarken Leistung erzwangen die Münchener mit dem Treffer Javi Martinez' in der 120. Minute das Elfmeterschießen und siegten dort.

Der Supercup war gewonnen, das Chelsea-Trauma, das man nach dem verlorenen Finale 2012 hatte, vergessen. Aber gerade im August nahm das Verletzungspech des FC Bayern seinen Lauf und zog sich bis hin zum Jahresende. Mario Götze, der beim Testspiel im ungarischen Györ sein Debüt im Bayern-Trikot gab, erlitt gegen Chelsea einen Kapselriss im Sprunggelenk und fiel zunächst aus. Thiago Alcantar erwischte es am heftigsten, er kehrte erst im November wieder zurück. Auch Javi Martinez erlitt eine Knieverletzung und wurde im Jahr 2013 nicht mehr richtig fit. Ein möglicher Vertreter wäre Luiz Gustavo, doch der schloss sich kurzfristig dem VfL Wolfsburg an.

Eine gute Nachricht gab es von Breno: Der Brasilianer bekam ein bisschen Freiheit, durfte fortan tagsüber aus der Justizvollzugsanstalt - mit tatkräftiger Unterstützung des FC Bayern, der Breno die Möglichkeit gab, an der Säbener Straße tätig zu werden. Just an seinem ersten Tag in der Freiheit sprach Breno zur Presse und drückte seinen Dank aus. Klar wurde aber auch, dass Breno spätestens nach Ablauf seiner Gefängnisstrafe abgeschoben wird. Aus der Heimat liegen bereits Angebote vor.

September: Sammer und die Dorfkirche

Der FC Bayern hatte sich mit dem Erfolg gegen Chelsea in die Länderspielpause verabschiedet, mit dem Heimspiel gegen Hannover 96 nahm man den Betrieb wieder auf. Doch das glanzlose 2:0 gegen die Niedersachsen zog ein Donnerwetter sondergleichen nach sich. "Schuld" daran war Matthias Sammer, der alles andere als zufrieden mit seinen Münchenern war und sich bei "SKY" wie folgt äußerte:

"Wir spielen zum Teil lethargisch, wir spielen ohne Emotionen Fußball, wir machen Dienst nach Vorschrift. Jeder will, das ist keine Frage des Wollens, aber wir emotionalisieren uns nicht in gewissen Phasen. Wir müssen raus aus einer gewissen Komfortzone und uns gegenseitig mitreißen. Unser Trainer muss jedes Mal eine Brandrede halten, dass wir in die Gänge kommen. So geht das nicht. Wir verstecken uns alle teilweise hinter dem Trainer. Ich will auch keine Diskussion über Systeme oder irgendetwas hören. Wir müssen erstmal wieder über ein paar Basiselemente reden, nämlich die Emotionalität und die Leidenschaft Fußball zu spielen. Ich gehe nicht davon aus, dass einer nicht will und nicht rennt. Nur das reicht nicht auf dem Niveau, auf dem wir Fußball spielen wollen. Die letzten fünf Prozent fehlen."

Rrrrummms!

Sammer bekam für seine Äußerungen Kritik - vor allem aus den eigenen Reihen: "Matthias muss aufpassen. Er soll die Kirche im Dorf lassen", sagte Präsident Uli Hoeneß: "Wenn man so etwas jede Woche macht, verbrennt man sich irgendwann dabei. Der Feind sitzt draußen, nicht bei uns. Man kriegt ja das Gefühl, als ob wir uns für ein souveränes 2:0 entschuldigen müssen."

Auch Karl-Heinz Rummenigge reagierte not amused: "Ich bin kein Freund von öffentlicher Kritik, das ist wunderbar für die Medien, die holen sich da den Honig raus. Aber der Mannschaft wird es nicht gefallen haben, ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es dem Trainer gefallen hat, und uns hat es auch nicht gefallen."

Ähnlich wie Hoeneß und Rummenigge waren auch die Spieler nicht milde gestimmt: "Ich habe meine eigene Meinung", sagte Manuel Neuer. Und Toni Kroos fügte an: "Ob er damit Recht hat oder nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden." Sammer musste zum Rapport, doch ihre Wirkung verfehlten Sammers Worte nicht und vielleicht war es auch genau die Absicht des Sportchefs. Denn die Bayern kamen im September ins Rollen: 3:0 gegen Moskau, 4:0 auf Schalke, 4:1 gegen Hannover - die Offensivmaschinerie war in Fahrt.

Oktober: Ein Jahr ungeschlagen

Sammer und sonst nix? Zumindest Philipp Lahm nahm sich das Thema in einem "Zeit"-Interview wieder an und kritisierte den Sportvorstand für seine öffentliche Kritik nach dem Hannover-Spiel: Wenn ein Verantwortlicher das Gefühl habe, die Mannschaft kritisieren zu müssen, "dann soll der das doch bitte intern machen", sagte Lahm. Wenn sie doch öffentlich getätigt werden sollte, dann entscheide die Art und Weise: "Im Moment der Kritik muss man die Emotionen zurückhalten können. Wenn der Chef zu emotional sei, "ist er irgendwann nicht mehr so glaubwürdig".

SPOX Damit war das Thema dann aber auch erledigt, denn die Bayern spielten weiter munter Fußball. Bei Manchester City siegte die Truppe 3:1 und war bereits klar auf Achtelfinal-Kurs in der Champions League. Und in der Liga setzte sich die Serie fort. Nach dem 3:2 gegen Hertha BSC war der FC Bayern genau ein Jahr ungeschlagen in der Bundesliga.

Für eine Besonderheit sorgte Trainer Pep Guardiola. Der Spanier, der in seiner Trainerkarriere Einzelinterviews bisher weitestgehend vermied, sprach mit dem "Bayern"-Magazin ausführlich über seine ersten Monate beim FC Bayern. Die prägendste Aussage: "Ich bin ein großer Freund meiner Spieler, wenn sie akzeptieren, was ich sage. Wer meine Entscheidungen annimmt, den unterstütze ich - wer das aber nicht verstehen will, wird oft auf der Tribüne sitzen."

Zu einem medialen Großereignis verkommt der Oktoberfest-Besuch des FC Bayern: Pep Guardiola trägt Wiesn-Tracht. Breaking News.

November: Die Tränen des Uli H.

So richtig Galafußball wollte zu Beginn des Monats nicht aufkommen: Das 2:1 in Hoffenheim war genauso halbgar wie das 1:0 in Pilsen. Immerhin sorgte der Sieg in Tschechien für die vorzeitige Qualifikation für das Achtelfinale. Der Sieg in Moskau sorgte dafür, dass Bayern den zehnten Sieg in der Champions League in Folge und damit dem Rekord des FC Barcelona (zwischen 2002 und 2003) brach und eine eigene Bestmarke aufstellte.

Das sportliche Highlight des Monats war jedoch zweifelsohne das Gastspiel bei Borussia Dortmund: Der BVB verlor fast täglich einen weiteren Stammspieler: Gegen den FC Bayern fehlte die komplette Viererkette des Champions-League-Endspiels, bei den Münchenern fiel Franck Ribery aus. Doch Bayern konnte den Ausfall besser kompensieren als Dortmund. 3:0 siegte Bayern im Signal-Iduna-Park, obwohl das Ergebnis das eine oder andere Tor zu hoch war. Die eigentliche Geschichte des Spiels schrieb Mario Götze: Der verlorene Sohn wurde eingewechselt und erzielte zehn Minuten später den Führungstreffer. Ein Tag, den er wohl so schnell nicht vergessen wird.

Dies gilt auch für Uli Hoeneß in Bezug auf die Jahreshauptversammlung des FC Bayern. Der Präsident trat erstmals seit der Steueraffäre vor die Mitglieder. Im Vorfeld war über einen Rücktritt spekuliert worden. Dieser blieb aus, zumindest kündigte Hoeneß eine außerordentliche Versammlung mit dem Programmpunkt "Vertrauensfrage" an, wenn sein Prozess, der im Februar 2014 beginnt, ein Ende findet. Doch weder die Vertrauensfrage, noch der Auftritt Guardiolas standen so im Vordergrund wie die hemmungslosen Tränen des Aufsichtsratchefs, der von warmen Worten Karl-Heinz Rummenigges und von der Unterstützung der Mitglieder überwältigt wurde.

Für große Aufmerksamkeit sorgte auch die "Maulwurf"-Affäre, die ausgerechnet Trainer Pep Guardiola ins Rollen brachte. Grund waren Medien, die über die Taktik der Bayern in Dortmund zu gut informiert waren. In der Kabine soll Guardiola seinen Spielern gedroht haben: "Egal, wer es ist, es werden Köpfe rollen. Denjenigen schmeiße ich raus! Er wird nie wieder unter mir spielen!" Bei "Sky 90" bestätigte Karl-Heinz Rummenigge den Vorfall: "So etwas kann Pep Guardiola natürlich nicht gefallen. Ich kann demjenigen nur raten, schnell den Spielbetrieb einzustellen, sonst bekommt er ein ernsthaftes Problem nicht nur mit Pep Guardiola, sondern mit dem ganzen Klub."

Gestellt hat sich der Übeltäter noch nicht - zumindest ist bisher kein Spieler des FC Bayern rausgeflogen.

Dezember: Weltmeister!

Der FC Bayern machte im Dezember erst einmal ein paar Verträge dingfest: David Alaba, Jerome Boateng und Rafinha verlängerten ihre Verträge beim Rekordmeister langfristig. Besonders bei Alaba schien es eine kleine Hängepartie zu werden, doch auch in dieser Disziplin gelang die Wunschlösung.

Der Terminplan wollte es so! Sechs Mal musste der FC Bayern zwischen dem 4. und 21. Dezember ran - und das in einer Phase, in der die Bayern einige Ausfälle zu verkraften hatten. Bastian Schweinsteiger und Arjen Robben meldeten sich bis Jahresende ab, Xherdan Shaqiri, Thiago und Javi Martinez wurden erst gerade wieder halbwegs fit, auch Dauerläufer Philipp Lahm setzte zwei Partien aus.

Zumindest auf der Anzeigetafel wurden die Probleme kaum festgestellt. Die Bayern eilten von Sieg zu Sieg, lediglich in der Champions League gab es trotz 2:0-Führung eine Pleite gegen Manchester City. Hätte Manuel Pellegrini gewusst, dass im Stande von 3:2 nur noch ein Tor gereicht hätte, um den Gruppensieg zu sichern, müsste City im Februar nicht gegen den FC Barcelona antreten. Apropos: Der FC Bayern bekam wie schon im Vorjahr den FC Arsenal zugelost.

Zum Abschluss des Jahres ging die Reise für den FC Bayern noch nach Marokko: Dort konnte der FC Bayern die Kirsche auf die Torte klatschen und den fünften Titel der Saison einsacken. 3:0 siegten die Münchener gegen Chinas Eliteklub Guangzhou Evergrande, im Finale setzte sich Peps Auswahl gegen Raja Casablanca mit 2:0 durch und durfte sich damit offiziell Weltmeister nennen.

"Wir sind jetzt 113 Jahre alt. Und es hat 113 Jahre gedauert, bis wir alle Pokale hier stehen haben", sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge beim Siegerbankett in Marokko, als er vor allen Pokalen stand: "Das, was die Mannschaft in diesem Jahr geleistet hat, kann man nicht toppen. Sie hat alles erfüllt, was wir in sie gesetzt haben. Großartig! Vielen Dank dafür. Das Jahr war sehr bewegend."

Ist das wirklich nicht mehr zu toppen?