Nach dem Skandal-Wochenende beim HSV wissen Vorstandschef, Trainer und Sportdirektor nicht, ob sie ihre Jobs behalten dürfen. Es ist der vorläufige Höhepunkt einer beispiellosen Posse, die im Sommer begann, begleitet von einer verheerenden Außendarstellung.
Eine knappe Stunde bekamen Oliver Kreuzer und Carl Jarchow am Sonntag vom mächtigen Aufsichtsrat Zeit, um die verheerende sportliche Situation des Hamburger SV zu erklären. Dann wurden sie wieder weggeschickt, weil die elf Mächtigen des Kontrollorgans unter sich sein wollten.
Beraten, was denn das Beste für den HSV sei. Den Trainer rauswerfen, den Sportchef gleich mit, oder beide mit einer Gnadenfrist versehen. Oder beide doch im Amt lassen und Felix Magath, den man schon zwei Tage vor dem 0:3-Debakel gegen Hertha BSC kontaktiert hatte und als Allheilmittel ansieht, wieder absagen.
Die Diskussion wurde nach acht Stunden ergebnislos beendet, zumindest ist das die offizielle Version. Die Aufsichtsräte verdrückten sich durch die Hintertür, wie zuvor bereits Kreuzer und Jarchow.
Nach einem Skandal-Wochenende mit Handgreiflichkeiten zwischen Fans und Spielern bleibt ein Trainer zurück, der nicht weiß, ob er weitermachen darf. Ein Sportchef, der nicht weiß, ob er weitermachen darf und ein Vorstand, der nicht weiß, ob er weitermachen darf.
Es ist der vorläufige Höhepunkt einer mittlerweile fast sieben Monate andauernden beispiellosen Posse rund um den Hamburger Sport-Verein.
Vor Saisonbeginn lieferten sich Kreuzer und Investor Klaus-Michael Kühne, der den finanziell stark angeschlagenen Klub am Tropf hält, eine alberne Verbalfehde, als Kühne Kreuzer einen "Drittliga-Manager" nannte und dieser konterte, indem er Kühne als "älteren Herrn aus Mallorca" bezeichnete.
Sportlich schlingerte der HSV durch die Hinrunde, Spieler machten Kurzurlaube nach schwachen Leistungen und kassierten dafür Geldstrafen, Trainer Thorsten Fink verblüffte mit Äußerungen ("Ich will, dass van der Vaart auf dem Platz weniger läuft") und zog selbst freie Tage dem Training vor.
Mitte September war für Fink Schluss, es folgte Bert van Marwijk und immerhin eine Serie von fünf Spielen ohne Niederlage.
Zur Ruhe kam der HSV jedoch nie. Zum Hinrunden-Ende gab es drei Pleiten in Folge, in der Winterpause forderte van Marwijk vehement Verstärkungen, bekam aber in Ouasim Bouy und Ola John augenscheinlich nur Ramschware.
Kurz vor Rückrunden-Beginn wurde der ganze Verein durchgeschüttelt, als die Mitglieder beschlossen, die Profi-Fußballabteilung auszugliedern und sich für Investoren zu öffnen.
Es folgte der Rückrunden-Fehlstart gegen Schalke und zwei jämmerliche Auftritte in Hoffenheim und gegen Berlin. Zudem wurde über einen angeblich nicht gültigen Vertrag von Nachwuchshoffnung Jonathan Tah spekuliert.
Der einzige Verein, der seit Bundesliga-Gründung ununterbrochen erstklassig ist, ein Verein mit perfekten Standortbedingungen und treuen Fans, stolpert sehenden Auges dem Abgrund entgegen und diejenigen, die etwas zu sagen haben im Verein, schieben von hinten noch eifrig nach. Der HSV-Wahnsinn dürfte noch eine Zeit lang anhalten - und am Mittwoch kommen auch noch die Bayern.
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