Wenn Stephan Lehmann neben Maskottchen Berni auf dem Rasen der Allianz Arena steht und die Mannschaftaufstellung der Bayern vorliest, genießt Bastian Schweinsteiger ein besonderes Privileg. Anstatt nur seines Nachnamens hallt es dann "Schweinsteiger Fußballgott!" von den Rängen. Auch Franck Ribery hat einen besonderen Status, wenn die Südkurve seine Dribblings und Tore mit "Ribery, Ribery!"-Sprechchören feiert.
Mittlerweile hat es ein weiterer Spieler sogar ins Liedgut der treusten aller Bayern-Fans geschafft. In einem eigenen Lied über den Triumph in der Königsklasse über den BVB heißt es am Ende: "Wir ham den Cup gewonnen, den Thron erklommen, Der Arjen hat's gemacht!".
Wenn sich Arjen Robben dann manchmal während des Spiels der Südkurve zuwendet und applaudiert, ist es wie die endgültige Versöhnung zwischen dem früher nicht uneingeschränkt beliebten Niederländer und den Anhängern des Rekordmeisters.
Geliebt, gefeiert, verehrt
Spätestens seit der Nacht des 25. Mai 2013, als Neven Subotic im Wembley hinter ihm auf die Knie fiel und Robben den Ball gefühlt in Zeitlupe über die Torlinie schubste, hat sich der Rechtsaußen bei den Bayern unsterblich gemacht. Er wird geliebt, gefeiert, verehrt. Mehr als je zuvor, ja sogar noch mehr, als er 2009 von Real Madrid zum FC Bayern kam.
Unter Landsmann Louis van Gaal blühte der damals 25-Jährige auf. Traumtore am Fließband, gegen Florenz, Schalke oder Manchester United: Die Fans hatten ihren neuen Superstar, der den Rekordmeister im Alleingang zum nationalen Double und ins Champions-League-Finale führte.In München konnten sie sich nicht satt sehen an seiner Schnelligkeit, den Dribblings, den Toren - mussten aber dennoch sehr oft darauf verzichten. Denn selbst den Bayern um Mannschaftsarzt und Muskelspezialist Doktor Müller-Wohlfahrt schien es nicht zu gelingen, Robbens Verletzungsanfälligkeit in den Griff zu bekommen.
Ein Muskelriss bei der WM in Südafrika samt eines schier endlosen Streits um Schadensersatz mit dem niederländischen Verband und zahlreiche andere Wehwehchen brachten ihm schnell den Ruf des Dauerverletzten ein. Spielte er, war er als Diva, Schwalbenkönig und Egomane verschrien, eindimensional in seinem Spiel. Als Gerüchte die Runde machten, er habe sich wissentlich für die WM fitspritzen lassen und eine Verletzung riskiert, sanken die Sympathien auch im eigenen Lager.
Das Gesicht des bayerischen Versagens
Die verheerendste Phase seiner Karriere sollte allerdings noch kommen. 2012, als Bayern in allen drei Wettbewerben Zweiter wurde und Robben sowohl in der Liga gegen Dortmund als auch gegen Chelsea im Endspiel der Königsklasse entscheidende Elfmeter verschoss, wurde der Niederländer zum Gesicht des bayerischen Versagens.
"Es ist unbeschreiblich. Ich kann es nicht glauben, ich kann es nicht fassen", stammelte der apathische Niederländer auf dem Parkett nach der historischen Pleite im Finale Dahoam. Den Groll einiger Enttäuschten bekam er beim Freundschaftsspiel der Bayern gegen die Niederlande wenige Tage danach ab, als er in der Allianz Arena bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen wurde.
"Das war schlimm, es hat mich getroffen", sagte Robben damals über die schmerzlichen Pfiffe, unwissend darüber, dass der nächste Tiefschlag in Form des punktlosen Vorrunden-Aus mit Oranje bei der EM noch bevorstehen sollte.
Arjen Robbens Statistiken in der Bundesliga
"Du willst einfach nicht das vierte Finale verlieren"
Ex-Präsident Uli Hoeneß sagte einmal, Robben sei "einer der besten Profis", die je beim FC Bayern waren. Und der neue Sport-Direktor Matthias Sammer staunte nicht schlecht, als der Niederländer trotz aller Rückschläge bei der Saisonvorbereitung im Trentino mit einer Intensität, wie sie Sammer "selten erlebt" hatte, die Vorbereitungen auf die neue Saison aufnahm.
Es wurde die Spielzeit des Arjen Robben. "Du willst einfach nicht das vierte Finale verlieren", sollte der Siegtorschütze des Champions-League-Finales später sagen. Robben hat die Geduld von Klub und Fans das ein oder andere Mal strapaziert, zahlte in dieser Nacht aber alles zurück. Wie ein heilender Balsam wirkte sein Tor für die Seele der bayerischen Fans, vor allem aber für ihn selbst.
Viel lockerer, mit einem Lächeln streift Robben jetzt nach den Spielen des Rekordmeisters durch die Katakomben der Allianz Arena. Weg ist der Druck, nie den größten Titel auf Vereins-Ebene zu holen. Weg ist der "Loser-Stempel" nach den vielen Rückschlägen, wie er es selbst bezeichnete.
Guardiola ist verliebt
"I'm in love with Arjen", sagte auch sein neuer Coach Pep Guardiola, unter dem viele Robben als ersten Streichkandidaten im Luxus-Kader der Bayern ausmachten. Zu egoistisch sei er, zu wenig Teamplayer warf man mit Klischees um sich.
Es mag sein, dass der impulsive Niederländer auf den ersten Blick kein typischer Pep-Spieler ist. Schließlich analysiert und durchdenkt Guardiola alles. Guardiola will Tore planen. Arjen Robben schießt sie einfach. Robben blieb gesund und präsentierte sich in der Hinrunde in der Form seines Lebens."Ich spüre die Wertschätzung", sagte Robben vor dem Bundesliga-Spiel gegen Mainz (Sa., 15.30 Uhr im LIVE-TICKER), bei dem die Bayern schon am 26. Spieltag Meister werden könnten. Mit seiner Vertragsverlängerung bis 2017, Robben wird dann 33 Jahre alt sein, hat er dafür gesorgt, dass er in Zukunft noch einige Trophäen sammeln kann. "Ich freue mich auf noch viele Titel mit dem FC Bayern", klingt es fast schon wie eine Drohung an die Konkurrenz.
Robben hat nie genug, er ist die personifizierte Gier der Bayern. Immer mehr Tore, immer mehr Pokale. Wenn sich seine Mannschaftskameraden den Ball bei einer klaren Führung hin und her spielen, geht Robben stattdessen aufs Tor. Die Fans danken es ihm. Mit regelmäßigen Standing Ovations bei seinen Auswechslungen - und einem Lied.
"Wir ham den Cup gewonnen, den Thron erklommen, Der Arjen hat's gemacht!"
Arjen Robben im Steckbrief