Bayerns Triple-Coach Jupp Heynckes schwärmt auch nach seiner Amtszeit noch von den Münchnern. Auf einer Pressekonferenz prophezeit er dem Rekordmeister eine rosige Zukunft, sieht aber im nächsten Gegner Borussia Dortmund (Sa., 18.30 Uhr im LIVE-TICKER) national weiter einen großen Konkurrenten.
Der starke Auftritt der Schwarz-Gelben bei Bayerns kommendem Halbfinal-Gegner in der Champions League Real Madrid machte dem 68-Jährigen Hoffnung, dass es auch in den nächsten Jahren an der Spitze der Bundesliga spannend werden kann.
Nichtsdestotrotz sei seine Ex-Mannschaft das Maß aller Dinge und werde auch international die dominante Kraft bleiben. Zumal die Bayern dem seiner Meinung nach schwersten Gegner in der Königsklasse entgingen.
Jupp Heynckes über....
... sein Dasein als Bayern-Fan: Es bietet sich natürlich an, dass ich meine ehemalige Mannschaft verfolge und mir die Spiele anschaue. Die Mannschaft zeigt bislang, was ich auch erwartet habe. Das erfolgreiche letzte Jahr war kein Zufall. Die Mannschaft hat Charakter, Moral und ist durch Thiago und Mario Götze mit zwei hochtalentierten Spielern verstärkt worden. Es war überwiegend ein Genuss, meine Mannschaft spielen zu sehen.
... die Ziele des FC Bayern: De Bundesliga ist natürlich das erste Ziel. Doch beim FC Bayern wäre Stillstand Rückschritt. Man muss immer nach Höherem Streben. In Champions League und im DFB-Pokal gibt es die Optionen, dass man wiederholen kann, was man letztes Jahr erreicht hat.
... die Zukunft der Bayern-Mannschaft: Die Mannschaft hat unter Beweis gestellt, dass sie eine große Zukunft vor sich hat. Die Altersstruktur der Mannschaft ist sehr gut. Es sind einige Spieler um die 30 dabei, die noch drei, vier Jahre auf Hochleistungsniveau spielen können. Alle anderen sind noch sehr junge Spieler, die noch entwicklungsfähig sind und ihr absolutes Topniveau noch gar nicht abrufen konnten. Deshalb denke ich schon, dass der FC Bayern nicht nur in der Bundesliga führend sein wird, sondern auch international.
... mögliche nationale Konkurrenten: Die anderen Klubs müssen ihre Hausaufgaben machen. Sie müssen ihre Teams verstärken. Ich denke, Borussia Dortmund hat auch gegen Real Madrid wieder gezeigt, dass man eine Mannschaft hat, die in den nächsten Jahren ein großer Rivale der Bayern sein kann. Sie haben gegen Real ein fantastisches Spiel gemacht, das war ein Erlebnis. Das hat mir wahnsinnig gut gefallen. Auch mit vier Spielern, die eigentlich nicht zum Stamm gehören, haben sie fantastischen, tollen und strukturierten Fußball gespielt. Das zeigt, dass die Bundesliga vielleicht doch nicht so langweilig wird, wie viele befürchten.
... das kommende Duell Bayern gegen Dortmund: Es ist doch klar, dass jede Mannschaft gute Leitungen bringen und gewinnen will. Auch vor dem Hintergrund, dass man sich im Pokal-Endspiel theoretisch wiedersehen kann. Der psychologische Effekt ist von großer Bedeutung. Man muss auch im Rhythmus bleiben - die Bayern angesichts der Champions League, die Dortmunder wollen die Champions-League-Qualifikation untermauern und ins Pokal-Endspiel kommen. Deshalb denke ich, dass das ein interessantes Spiel wird von zwei Mannschaften, die fast auf Augenhöhe agieren.
... die Vorteile der Bayern im Halbfinale: Alle drei anderen Mannschaften spielen in ihren Ligen noch um die Meisterschaft. Real spielt gegen Barcelona sogar noch das Pokalendspiel. Sie werden besonders strapaziert und können es sich nicht leisten, wichtige Spieler zu schonen. Da hat der FC Bayern ein Luxusproblem. Guardiola kann seine Spieler so einsetzen, wie er es für richtig hält. Das ist in meinen Augen ein großer Vorteil. Wenn der FC Bayern seine absolute Topform bringt, dann sehe ich ihn im Endspiel.
.... Halbfinal-Gegner Real Madrid: Der FC Bayern ist immer in der Lage, in Madrid ein Tor zu erzielen. Und zuhause ist man eine Macht, da hat man große Chancen, ins Endspiel zu kommen.
Seite 2: Heynckes über Neuer, Kroos und das Finale dahoam
... das verlorene Finale dahoam: Ich denke, das verlorene Finale ist aus den Köpfen der Spieler raus. Das Spiel gegen Chelsea war ein Schlüsselspiel. Wir waren wahnsinnig enttäuscht und deprimiert. Aber wenn es das Endspiel gegen Chelsea nicht so gegeben hätte, hätten wir nicht das Team so konzipiert, die Topspieler dazu geholt - und vor allen Dingen hätte die Mannschaft nicht so reagiert, wie sie es letztes Jahr getan hat. Deshalb war das ganz entscheidend. Aus dieser Niederlage ist der Triple-Sieger entstanden. Ohne die Niederlage gegen Chelsea hätten wir nicht alle drei Titel geholt.
... Atletico Madrid: Seitdem Diego Simeone dort trainiert, spielt die Mannschaft einen ganz anderen Stil. Als Spieler war Simeone ein großartiger Fußballer, aber auch ein Kämpfer und Beißer, der nie aufgegeben hat und nie zufrieden war. So präsentiert sich auch Atletico. Anfang des Jahres habe ich Peter Herrmann empfohlen, sich ein Video von der Partie Atletico gegen Barcelona zu holen und es den Schalker Spielern zu zeigen.
Wie strukturiert man Fußball spielen kann, wie man auf dem Feld positioniert ist, wie man presst - und vor allem wie energisch und zweikampfstark sie in die Aktionen gehen. Atletico Madrid ist der unangenehmste und schwierigste Gegner der verbliebenen. Sie sind kämpferisch überragend. Das ist eine Nuss, die es zu knacken gilt.
... ein Engagement als Nationaltrainer: Erstmal hat Joachim Löw bis 2016 Vertrag. Zweitens habe ich mich auf Alltagsmodus eingestellt und bin jetzt wieder Normalbürger. Ich hatte letzten Sommer viele Angebote - wirtschaftlich so lukrativ, wie ich es mir nie erträumt hätte - ich denke aber nicht daran, wieder auf die Trainerbühne zurückzukehren.
... wie viel von ihm noch in der Mannschaft steckt: Wenn ein Nachfolger sagt, dies und jenes ist noch vom alten Coach zu sehen, das gefällt mir überhaupt nicht. Für einen Klub wie den FC Bayern war es von großer Bedeutung, dass sie zurückliegend sehr gute Trainer gehabt haben. Ob ein Felix Magath oder Louis van Gaal - sie waren alle wichtig für die Entwicklung, die letztes Jahr zum Triple geführt hat.
Der FC Bayern wird sich in den kommenden Jahren noch weiterentwickeln und in den nächsten zwei, drei Jahren große Erfolge feiern. Wenn jetzt auch noch der beste Mittelstürmer der Welt kommt, kann man sich ausmalen, wie das aussehen wird.
... Manuel Neuer: Dass die Mannschaft das Triple geholt hat und jetzt schon wieder auf dem Weg dorthin ist, hat natürlich auch mit Manuel Neuer zu tun. Er ist im vergangenen Jahr zum besten Torwart der Welt geworden. Er ist für eine Mannschaft Gold wert. Manuel ist als Profi, Fußballer und Mensch wunderbar.
... die Kritik an Bayerns Rotation gegen Augsburg: Ich habe das auch schon in anderen Klubs erlebt. Pep wollte das Spiel sicher nicht verlieren und die Mannschaft auch nicht. Aber er hat sich gesagt, dass sie schon Meister sind und schauen müssen, unter der Woche gegen United zu gewinnen - und da hat er Recht. Mehr als Meister kann man nicht werden.
... Toni Kroos' ungeklärte Vertragssituation: Ich habe schon mit Toni gesprochen. Wenn er meine Worte ernst nimmt, dann wird er bleiben. Wenn man ein Topspieler beim FC Bayern ist, dann wechselt man nicht den Klub. So etwas wie den FC Bayern finden sie derzeit in ganz Europa nicht. Deshalb wäre Toni gut beraten, seinen Vertrag zu verlängern. Das weiß er auch. Ich hoffe, dass auch sein Berater das weiß.
Der FC Bayern München im Überblick