Ein klassischer Pep-Griff

Von SPOX
Juan Bernat (l.) unterschrieb bei Bayern München einen Vertrag bis 2019
© getty

Die Verpflichtung von Juan Bernat vom FC Valencia erscheint auf den ersten Blick wie eine große Überraschung - dabei folgt Trainer Pep Guardiola mit dem entwicklungsfähigen Außenverteidiger nur seiner eigenen Gewohnheit.

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Bis auf ein paar Zeilen irgendwo versteckt zwischen den großen Stories über Real Madrid und den FC Barcelona war über einen möglichen Transfer von Juan Bernat zum FC Bayern München so gut wie nichts zu lesen.

Spaniens Sporttageszeitungen hatten zum Jahreswechsel ein paar Hinweise bekommen, die Geschichte aber nicht hartnäckig weiter verfolgt. Es blieb bei den üblichen Gerüchten, nichts Handfestes war dabei. Der klassische Lückenfüller in einer fußballberuhigten Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr.

Über ein halbes Jahr später kommt der Wechsel des 21-jährigen Linksverteidigers zum deutschen Rekordmeister deshalb für fast alle Beobachter überraschend.

Heimlich, still und leise

Juan Bernat wird ab Donnerstag das Training an der Säbener Straße aufnehmen, er hat bei den Bayern einen Vertrag bis 2019 unterschrieben und wird das Trikot mit der Rückennummer 18 bekommen.

Die Bayern haben den Transfer mit einer dürren Presseerklärung verkündet, die den Gesamteindruck nochmal verstärkt: Ohne großes Bohei hat sich der FCB einen jungen, entwicklungsfähigen Spieler geangelt, der zwar noch relativ ungeschliffen besonders in seinem Defensivverhalten daherkommt, dafür aber einige Schlüsselqualitäten für die Offensive mitbringt.

Dass es den Münchenern nun zum wiederholten Mal gelungen ist, einen Transfer außerhalb des Bundesliga-Umfelds fernab jeglicher Spekulationen und einem ewigen Hin und Her zu vollziehen, ist zumindest bemerkenswert.

Investition für die Zukunft

Bernat vervollständigt den vorläufigen Dreiklang mit Sebastian Rode und Robert Lewandowski, die kolportierten zehn Millionen Euro Ablöse an den FC Valencia sind für einen Spieler mit diesen Anlagen auf der Mangelposition des Weltfußballs absolut im Rahmen.

Und nimmt man die beiden ablösefreien Rode und Lewandowski dazu, haben die Bayern für drei Spieler im Vergleich zu ihrer verschwenderischen europäischen Konkurrenz bisher erst etwas Taschengeld investieren müssen.

"Juan Bernat ist ein außergewöhnlicher, junger Spieler, den wir schon lange beobachtet haben. Er ist schnell, zweikampfstark, hat einen unglaublichen Zug zum Tor", sagt Sportvorstand Matthias Sammer über den Neuen. "Wir sind sicher, dass wir mit Juan Bernat eine sehr gute Investition für die Zukunft unserer Mannschaft getätigt haben."

Bernat ist nach Thiago Alcantara ein weiterer Schritt von Pep Guardiola, eine Mannschaft nach seinen Vorstellungen zu basteln. Bei seiner Amtsübernahme vor zirka einem Jahr hatte er die Triple-Sieger zu moderieren, als Antrittsgeschenk konnte er immerhin Thiago durchdrücken. Rode und auch Lewandowski sind keine Pep-Verpflichtungen, an beiden waren die Bayern schon lange dran.

Ältester Kader der Liga

Die Mannschaft benötigt einen sanften Umbruch. Es werden Spieler gehen, die entweder nicht zum Guardiola-Fußball passen (Mandzukic), zu alt sind (van Buyten), zu schwach sind für die Ansprüche bei den Bayern (Contento) oder aus eine neue Herausforderungen suchen, wie Toni Kroos.

Der Rekordmeister hat derzeit den ältesten Kader aller 18 Bundesligisten. 26,2 Jahre sind die 25 Spieler im Schnitt alt. Hannovers Kader ist über zwei Jahre jünger (24,1 Jahre), der Ligaschnitt liegt bei 24,5 Jahren.

Das Pep-Schema

Dass sich Guardiola ausgerechnet einen Außenverteidiger als "seinen" ersten Transfer in dieser Wechselperiode gönnt, ist kein Zufall. In Barcelona hat er nach der Übernahme der Profimannschaft vor sechs Jahren sogleich an der Besetzung der Außenbahnspieler geschraubt, hat Dani Alves geholt, dann für die linke Seite Maxwell, später Adriano.

Bei Barcelona B, wo Guardiolas Trainerkarriere noch recht unscheinbar begann, hat er sofort David Corcoles und Victor Espasandin eingekauft und Victor Sanchez von Barcelona C nach oben geholt - alle drei Außenverteidiger.

Unfreiwillig, weil die eigentliche Intention war, Philipp Lahm ins Mittelfeld zu befördern, hat er in der vergangenen Saison auch bei den Bayern gleich den etatmäßigen Rechtsverteidiger ausgetauscht. Und nun holt er mit Bernat einen Backup für den unumstrittenen David Alaba. Oder vielleicht sogar mehr?

Alaba ins Mittelfeld?

Bernat ist ein in der Offensiv ausgebildeter Spieler, bis vor kurzem hat er noch im offensiven Mittelfeld gespielt. Sein natürlicher Drang nach vorne ist damit erklärt. Guardiola ist wie kaum ein anderer Trainer auf diesem Niveau aufgeschlossen für abenteuerlichste Experimente, hat unter anderem schon mit einem Spielsystem mit nur noch zwei nominellen Aufbauspielern (Verteidigern) bei Ballbesitz spielen lassen.

Umgesetzt hat er das bereits in der letzten Saison, wenn die beiden Außenverteidiger bis hoch ins Mittelfeld vorschoben und da sogar noch eingerückt positioniert waren. Das Mittelfeld war mit Bayern-Spielern überladen, die Kontrolle im für Guardiola wichtigsten Mannschaftsteil für den Gegner dadurch erdrückend.

Für die anstehende Saison steht gerüchteweise eine Umstellung des Bayern-Systems auf eine Dreierkette in der Abwehr im Raum, inklusive der Versetzung von David Alaba auf dessen Wunschposition im linken Mittelfeld. Alaba ist ebenfalls ein gelernter Stürmer, erst Louis van Gaal wagte die Rochade des Österreichers in die Viererkette, wo sich Alaba in kurzer Zeit vom Niemand zu einem der besten Spieler der Welt auf dieser Position entwickelt hat.

Zusammenführung mit Verzögerung

Juan Bernat trauen die Bayern-Oberen eine ähnliche Entwicklung zu. Versteckt beim FC Valencia spielte er bisher nahezu komplett außerhalb des ganz großen Fokus. Guardiola kannte den Spieler bereits aus seiner Zeit in Barcelona, wollte Bernat einst schon ins Camp Nou holen. Mit einigen Jahren Verspätung finden beide nun doch zusammen.

In Spaniens Gazetten war auch am Dienstag nicht viel Platz für diesen Wechsel aus dem Mittelklassesegment. Die großen spanischen Zeitungen, die TV- und Radioshow waren seit Montag alle überladen im Gedenken an Alfredo di Stefano. Ein 40-seitiges Special hat Real Madrids Hauspostille "Marca" seinem größten Spieler gewidmet.

Die Bekanntgabe von Juan Bernats Wechsel zu den Bayern war allenfalls eine Randnotiz und lief damit so ab, wie der komplette Transfer von allen Beteiligten gehandhabt wurde: Heimlich, still und leise.

Das ist Juan Bernat

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