SPOX: Herr de Beer, Sie sind Anfang des Jahres 50 geworden. Wenn Ihr Vertrag 2016 ausläuft, sind Sie seit 30 Jahren beim BVB angestellt. Eine lange Zeit.
Wolfgang de Beer: 50 Jahre, das war für mich immer ewig weit weg. Ich bin als 22-Jähriger zum BVB gekommen und hatte natürlich nicht daran gedacht, hier quasi den Rest meines Lebens zu verbringen. Damals war jeder, der über 30 war, für mich steinalt. (lacht) Als ich kam, bin ich mit dem MSV Duisburg zuvor abgestiegen und Dortmund hat nur über die Relegation die Klasse halten können. Auch wenn ich zunächst als Nummer zwei eingeplant war, wollte ich eines Tages mit der Borussia Deutscher Meister werden. Dass dies geklappt hat und ich jetzt immer noch hier bin, war zu dem Zeitpunkt eigentlich undenkbar.
SPOX: Bis 2001 spielten Sie aktiv für den BVB. Direkt im Anschluss an Ihr Karriereende haben Sie dann die Trainer-A-Lizenz erworben und sind wenig später Torwarttrainer in Dortmund geworden.
de Beer: Ich musste wegen einer Knorpelabsplitterung im rechten Knie aufhören. Daraufhin habe ich zunächst ein Jahr in der Nachwuchsabteilung gearbeitet und nebenher den Trainerschein gemacht. Das war mir wichtig, um einen genaueren Einblick in die Theorie zu bekommen, da ich mir in den letzten Jahren meiner Karriere als dauerhafte Nummer zwei hinter Stefan Klos schon einen veränderten Blick für die Dinge angeeignet habe. Einen Torwarttrainerschein gab es damals auch noch gar nicht.
SPOX: Stimmt es, dass die Torhüterausbildung früher vom DFB etwas stiefmütterlich behandelt wurde?
de Beer: Eine gezielte Ausbildung speziell für Torwarttrainer gibt es erst seit drei, vier Jahren. Als ich meinen Lehrgang absolvierte, sprach man zwar auch ein, zwei Stunden über Torhüter und hat das Thema angerissen. Aber letztlich war eigentlich ich derjenige, der dann ausführlicher über Torwarttraining referiert und auch ein paar Übungen vorgeführt hat. Für jemanden, der nie im Tor gespielt hat, ist es eben schwierig, sich sinnhafte Gedanken darüber zu machen, wie man einen Torwart trainiert und fit bekommt.
SPOX: Nun soll der Keeper als Torspieler, also als elfter Feldspieler, eingebunden werden.
de Beer: Das kam mit Einführung der Rückpassregel. Erst seitdem gibt es in den Trainingseinheiten auch Spielformen, die den Torhüter fußballerisch wesentlich mehr fordern als zuvor. Dazu sind die Anforderungen des Fußballs mittlerweile natürlich ganz andere geworden. Es reicht nicht mehr, als Torhüter nur gut zu halten, man muss auch mit Ball am Fuß Qualitäten haben.
SPOX: Haben Sie am Anfang Ihrer Tätigkeit als Torwarttrainer ausschließlich auf den eigenen Erfahrungsschatz gebaut?
de Beer: Natürlich. Ganz früher habe ich noch für mich alleine trainiert. Man konnte zu diesem Thema ja nichts nachlesen. Damals habe ich sicherlich auch nicht alles richtig gemacht. Dann kamen während der Karriere einige Torwarttrainer hinzu. Diese Erfahrungen flossen zusammen mit den eigenen Ansichten in mein Programm ein. Ich habe viele Aufzeichnungen zu den einzelnen Einheiten, auch heute noch.
SPOX: Sie schreiben immer noch mit?
de Beer: Ich schreibe seit zehn Jahren mit, notiere mir wirklich jede einzelne Trainingseinheit. Jeder Tag ist handschriftlich dokumentiert. Ich schreibe auf, welche Inhalte ich trainiert habe und was mir dabei auffiel. Wie verhält sich der Torhüter im Eins-gegen-eins? Fällt er falsch auf die linke Seite? Wie sieht sein Absprungverhalten aus? Solche Dinge eben. Und dann wird das systematisch mit den Jungs im Training abgearbeitet.
SPOX: Wie wichtig ist es, das Torwarttraining abwechslungsreich zu gestalten - oder sind ständige Wiederholungen genauso wichtig?
de Beer: Wiederkehrende Elemente sind essentiell, müssen aber dosiert werden. Letztlich bedeutet Torwarttraining das Abarbeiten diverser Bausteine, die zusammen genommen eine erfolgreiche Ausbildung eines Torhüters garantieren. Es geht dabei um ein großes Feld an Kleinigkeiten: Technik, Grundlagenausdauer, Krafttraining, Stabilitätstraining, Fausttechniken, Fangsicherheit, Beweglichkeit, Koordination. Bevor man damit beginnt, beobachtet man seine Torhüter, erstellt ein Profil, arbeitet die einzelnen Felder je nach Notwendigkeit ab und passt sie individuell an.
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