Trainer Mirko Slomka hatte vor lauter Wut einen ganz roten Kopf, Big-Boss Dietmar Beiersdorfer war fassungslos und die Spieler wähnten sich in einem Albtraum: Der Hamburger SV hat sich beim 0:3 (0:1) gegen die No-Name-Truppe des SC Paderborn wieder einmal vorführen lassen und sich über weite Strecken wie ein Abstiegskandidat präsentiert. Die Fans an der Elbe haben erneut Angst vor einer Horror-Saison wie im Vorjahr und hoffen nun auf die offenbar bevorstehenden Transfers von Spielmacher Lewis Holtby (Tottenham Hotspur) und Offensiv-Allrounder Julian Green (Bayern München).
Vorbehaltlich des Medizinchecks war am Sonntag das Geschäft mit Green perfekt. Wie dessen Vater Jerry dem US-Fernsehsender "ESPN" bestätigte, wird der 19 Jahre alte US-Nationalspieler tatsächlich bis zum Ende der Saison an die Norddeutschen ausgeliehen. Auch US-Nationalcoach Jürgen Klinsmann, so Green senior weiter, stehen diesem Wechsel positiv gegenüber.
Der frühere Schalker Holtby soll kommt am Montag und soll kurz vor dem Ende der Transferfrist unter Vertrag genommen werden. "Lewis Holtby wird morgen hier in Hamburg sein und den Medizincheck machen", sagte der HSV-Vorstandsvorsitzende Dietmar Beiersdorfer am Sonntagabend im NDR Sportclub.
Milan Badelj auf dem Weg nach Florenz
Zudem sollen nach Stürmer Jacques Zoua (Kayseri Erciyesspor) noch weitere Spieler den Klub verlassen, die Transferfrist endet am Montag. Der kroatische WM-Teilnehmer Milan Badelj machte sich nach HSV-Angaben noch am Sonntag auf, um den Medizincheck beim italienischen Erstligisten AC Florenz zu absolvieren. Auch Innenverteidiger Jonathan Tah steht vor dem Abschied. Nach Bild-Informationen wird der 18-Jährige für ein Jahr an Zweitligist Fortuna Düsseldorf verliehen.
Nach einer kurzen Nacht mit wenig Schlaf fand Beiersdorfer am Sonntag deutliche Worte für die Leistung der Platzherren. "Es war eine erschütternde Leistung. Wir waren nicht so frisch wie die Paderborner, wir haben keine Lösung nach vorn gefunden", kritisierte der Ex-Nationalspieler, der nun auf einen Umschwung in der Länderspielpause hofft: "An sich haben wir die richtigen Schritte getan, jetzt müssen wir nur diesen konzeptionellen Weg gut gehen."
Blamage gegen Paderborn
Wie wichtig frische Spieler für den wankenden Traditionsklub wären, bewies das Team mit seinem peinlichen Auftritt gegen die Ostwestfalen einmal mehr eindrucksvoll. Die Elf um den mit einer Wadenverletzung ausgewechselten Kapitän Rafael van der Vaart wirkte verunsichert, zeigte keine Ideen, kein Esprit, kein Tempo und keine Torgefahr. Wie in der Vorsaison holte der HSV nur einen Punkt aus den ersten beiden Spielen - und das gegen die Aufsteiger Paderborn und Köln (0:0).
"Das Ergebnis ist sehr bitter für uns. Wir haben unsere Fans brutal enttäuscht, obwohl wir ein neues Gesicht zeigen wollten", sagte Slomka. Doch stattdessen zeigte der HSV seine alte, ziemlich hässliche Fratze. Elias Kachunga (29.), Mario Vrancic (69.) und Moritz Stoppelkamp (87.) schossen den auch in dieser Höhe völlig verdienten ersten Sieg der Paderborner Bundesliga-Geschichte heraus. Beiersdorfer sah sich hinterher sogar gezwungen, den jetzt schon wieder in die Kritik geratenen Slomka den Rücken zu stärken: "Ich diskutiere nicht über den Trainer."
Es sollte alles besser werden beim neuen HSV. Slomka quälte seine Spieler in der längsten Vorbereitung der Vereinsgeschichte, die Fans sollten mit mitreißendem Offensiv-Fußball nach dem Fast-Abstieg zurückgewonnen werden - alles Makulatur. Am Ende pfiffen die Anhänger ihre Lieblinge gnadenlos aus. "Wir müssen jetzt Männer sein", sagte Innenverteidiger Johan Djourou, der nach der Klatsche genau so ratlos war wie seine Kollegen: "Wir müssen viel mehr arbeiten, viel mehr kämpfen." Das klingt schon sehr nach Durchhalteparolen - und das nach Spieltag Nummer zwei.
Der Kader des HSV im Überblick