Das 93. Spiel zwischen Borussia Mönchengladbach und dem FC Bayern München in der Bundesliga ist ein echtes Spitzenspiel (17.30 Uhr im LIVE-TICKER). Das war in der langen Historie dieser Partie nicht immer so. Trotzdem gab es legendäre Duelle, spektakuläre und kuriose Partien und Momente für die Ewigkeit.
Das erste Mal:
Für die Borussia und den FC Bayern war in der neu gegründeten Bundesliga kein Platz. Erst zwei Jahre nach Einführung einer gemeinsamen deutschen Spielklasse mischten die beiden Mannschaften mit. Gladbach und die Bayern stiegen im Frühjahr 1965 auf, so kam es wenige Monaten danach im Oktober zum ersten Aufeinandertreffen überhaupt.
Am Bökelberg fällt der erste Akt des Klassikers - mit dem besseren Ende für die Bayern. Günther Netzers Führungstreffer drehen die Bayern noch durch Rainer Ohlhauser und Gerd Müller zu einem 2:1-Sieg.
Netzer und Müller sollten die Bundesliga auf Jahre hinaus prägen, der eine als Dirigent, der andere als Bomber der Nation. Oki Ohlhauser, die Tormaschine aus Dilsberg, ging in der Aufreihung bayerischer Legenden immer etwas unter. Eigentlich kaum nachvollziehbar bei 186 Toren in 286 Spielen für die Bayern.
Dass die Partie der beiden Rivalen fortan mehr als eine Dekade des deutschen Fußballs bestimmen würde, wusste damals natürlich noch niemand. Das Münchener 2:1 jedenfalls stellt den Beginn einer innigen Hassliebe dar.
Die Demontage der Feierbiester:
Ab 1969 verschärfte sich die Dauerfehde zusehends. Da holten die Bayern ihre erste Meisterschaft. Ein Jahr später zog die Borussia nach. Neun Spielzeiten in Folge hieß der deutsche Meister entweder Borussia Mönchengladbach oder eben Bayern München. Ein besonderes Datum inmitten dieser Dominanz der beiden Klubs bildet der 18. Mai 1974.
Die Bayern sind längst Meister, es ist der letzte Spieltag. Die Bayern sind aber nicht deshalb einigermaßen desorientiert an diesem Tag. Mit dem Bus reisen die Münchener aus Brüssel an. Am Tag davor hat die Mannschaft im Wiederholungsspiel gegen Atletico Madrid (4:0) den ersten Triumph im Pokal der Landesmeister errungen. Sepp Maier steigt aus dem Bus, mit dem Pott auf dem Kopf und frotzelt noch: "Sollen wir ihn euch mal zeigen, den schönen Pott?"
Die Münchener haben keine Minute geschlafen, sind ganz offenbar noch stark alkoholisiert und eigentlich nur da, um auch die Meisterschale in Empfang zu nehmen und dann nach München zurückzureisen. Dementsprechend entwickelt sich auch das Spiel.
Zur Halbzeit steht es 4:0 für die Borussia, die keine Gnade kennt mit den siegestrunkenen Gästen kennen. Am Ende schießt die Borussia die Bayern 5:0 aus dem Stadion am Bökelberg. Bis heute der höchste Sieg Gladbachs gegen die Bayern.
Die Zeit der Abschiede:
Fast auf den Tag genau drei Jahre später holt sich die Borussia ihre bis heute letzte Meisterschaft, sinnigerweise im Münchener Olympiastadion. Die Bayern haben diesmal nichts mit der Entscheidung zu tun, sie sind lediglich Staffage im Fernduell der Borussia mit dem FC Schalke 04. Die besiegt Borussia Dortmund mit 4:2 und ist auf Schützenhilfe aus München angewiesen.
Für Mönchengladbach sitzt mittlerweile aber der ehemalige Bayern-Trainer Udo Lattek auf der Bank, der sein Ex-Team bestens kennt. Gladbach schießt sich schnell einen Zwei-Tore-Vorsprung heraus und rettet trotz eines Gegentreffers Mitte der ersten Halbzeit und eines Eigentores in der 90. Minute wenigstens das Remis über die Zeit.
Der eine Punkt reicht am Ende, um vor Schalke zu bleiben und die fünfte und letzte Meisterschaft einzufahren. Die Borussia hat von da an nur noch vereinzelte Gastauftritte, wenn es um die Vergabe der Schale geht. Auf Seiten der Bayern bestreitet Franz Beckenbauer seine letzte Partie im roten Dress und wechselt nach dem Spiel zu New York Cosmos in die Major League Soccer.
Das Gladbacher Debakel:
Während die Gladbacher im Vorjahr immerhin noch Vizemeister wurden, zerfällt die einst glorreiche Mannschaft mehr und mehr. Zwei Jahre nach dem letzten Titelgewinn sind nur noch wenige der alten Stars mit an Bord, als es im März 1979 am Bökelberg historisch schlecht wird aus Gladbacher Sicht.
Die Bayern haben ihren Umbruch deutlich besser moderiert, Jungspunde wie Augenthaler, Niedermayer oder Rummenigge prägen immer mehr das Bild der neuen Bayern. Im Auswärtsspiel in Mönchengladbach liefert Kalle Rummenigge eine Gala ab, erzielt drei Tore selbst, bereitet zwei vor. Zur Pause steht es 1:5 aus Gladbacher Sicht, am Ende steht mit 1:7 die bis dahin höchste Heimniederlage aller Zeiten.
Immerhin läuft es für die Borussia international sehr gut, ein paar Wochen später holt die Mannschaft gegen Roter Stern Belgrad den UEFA-Pokal. Udo Lattek verlässt den Klub danach und macht Platz für Jupp Heynckes, der seine aktive Karriere endgültig beendet.
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Der Fehlschuss von Matthäus:
2,4 Millionen D-Mark haben sich die Bayern ihren Königstransfer im Sommer 1984 kosten lassen. Der Wechsel von Lothar Matthäus zu den Bayern bekommt aber erst mit dem DFB-Pokalfinale einen sehr pikanten Charakter.
Beide Mannschaften haben ihre irrwitzigen Halbfinalduelle (gegen Schalke beziehungsweise Bremen) letztlich doch noch erfolgreich abgeschlossen und treffen im Frankfurter Waldstadion aufeinander. Es ist Matthäus' letztes Spiel für die Borussia. Nach Toren von Franky Mill und Wolfgang Dremmerl steht es nach 120 Minuten 1:1.
Im Elfmeterschießen läuft Matthäus als erster Schütze der Borussia an und knallt den Ball in den Frankfurter Abendhimmel. Dass später auch noch Augenthaler für die Bayern verschießt und letztlich Norbert Ringels' Pfostenschuss beim 15. Elfmeter die Partie entscheidet, ändert nichts an der Tatsache, dass Matthäus fortan auf dem Bökelberg als "Judas" beschimpft wird und sich sogar Vorwürfe gefallen lassen muss, er habe den Elfmeter absichtlich verschossen.
Die Last-Minute-Meisterschaft:
26. April 1986, letzter Spieltag der Bundesliga, Münchner Olympiastadion: Dass die Bayern überhaupt noch eine klitzekleine Chance auf die Meisterschaft haben, verdanken sie einem Stück Aluminium im Bremer Weserstadion und auch ein bisschen der Borussia.
Die hat Werder Bremen am drittletzten Spieltag ein Remis abgetrotzt, wenige Tage später dann setzte Michael Kutzop den berühmtesten Elfmeter der Bundesligageschichte im Spiel gegen die Bayern an den rechten Außenpfosten. Also leben die Bayern noch, als sie zum letzten Spiel der Saison die Borussia zu Hause empfangen. Es wird ein Spiel, das im Stadion schnell niemanden mehr interessiert.
Die Bayern spielen Gladbach an die Wand, der bemitleidenswerte Ersatztorhüter Erik Thorstvedt bekommt sechs Stück eingeschenkt. In München schaut aber alles 200 Kilometer nach Westen: Da spielt Werder im Neckarstadion gegen den VfB Stuttgart - und verliert tatsächlich mit 1:2.
Udo Lattek, inzwischen wieder Bayern-Trainer, löst sein Versprechen ein und strippt vor der Südkurve. Gladbach ist der Steigbügelhalter für die Bayern in einem der spannendsten Meisterschaftsfinals der Liga. Zu mehr reicht es Mitte der 80er Jahre nicht mehr.
Die Gladbacher Premieren:
30 Jahre lang hat es die Borussia vergeblich versucht, am 14. Oktober 1995 ist es dann endlich so weit: Gladbach gewinnt erstmals ein Bundesligaspiel bei den Bayern. Stefen Effenberg, der ehemalige Bayer, zeigt eines seiner besten Spiele im Gladbacher Dress und führt seine Mannschaft zu einem 2:1-Sieg.
Nach dem ersten Abstieg der Vereinsgeschichte kam Gladbach 2001 als Aufsteiger wieder zurück in die Bundesliga. Das Comeback führte die Borussia gleich wieder mit dem alten Rivalen zusammen. Die Bayern waren Wochen davor erst Champions-League-Sieger geworden - verloren beim Aufsteiger aber mit 0:1.
Jupps letztes Spiel:
Die Bayern pflügen 2012/13 nur so durch die Wettbewerbe und holen das historische Triple. Wenige Tage vor dem Champions-League-Finale gegen Borussia Dortmund gibt es am letzten Bundesliga-Spieltag ein turbulentes 4:3.
Gladbach spielt die Bayern eine halbe Stunde lang rund und führt 3:1. Dann drehen die Gäste auf und das Spiel zu einem 4:3. Viel wichtiger war aber das, was auf der Pressekonferenz danach passiert: Jupp Heynckes nimmt nach über 30 Jahren in der Bundesliga seinen Hut und weint bitterliche Tränen in seiner sportlichen Heimat Mönchengladbach. Wenige Tage später macht sich Heynckes unsterblich - bei den Bayern.
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Direktvergleich: Gladbach gegen Bayern