Michael Preetz: Der Unkaputtbare

Von SPOX
Michael Preetz befindet sich mit der Hertha in einer wegweisenden Saison
© getty

Nach dem schwachen Start seiner Mannschaft traut sich Michael Preetz vor dem richtungweisenden Spiel gegen den VfB Stuttgart (20.30 Uhr im LIVE-TICKER) etwas in die Offensive. Für Herthas Manager steht in dieser Saison einmal mehr viel auf dem Spiel.

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Wenn man Michael Preetz auch einiges vorwerfen mag - eine Sache steht beim 47-Jährige außer Frage: Seine Liebe und Leidenschaft für Hertha BSC.

Michael Preetz ist eine streitbare Person in Berlin, seit der ehemalige Nationalspieler und Hertha-Rekordtorschütze (93 Tore in 227 Spielen) vor etwas mehr als fünf Jahren den Job des Managers übernommen hat.

Preetz hat zwei Abstiege überlebt, er hat als erster Manager der Liga einen Finanzinvestor in seinen Klub geholt und inklusive aller Interimslösungen schon acht Trainer verschlissen. Es soll Kollegen in einer vergleichbaren Funktion gegeben haben, die wegen ein paar Verfehlungen weniger ihren Job verloren.

Neue Ziele im schweren zweiten Jahr

Die beiden Spielzeiten in der 2. Liga, nach den Abstiegen, waren sehr prekäre Unterfangen für den Klub und Preetz. Beide Male gingen die Beteiligten das volle Risiko und drängten auf den sofortigen Wiederaufstieg. Eine ebenso richtungweisende Saison steht aber nun an, im zweiten Jahr nach dem zweiten Aufstieg binnen kurzer Zeit.

Es geht darum, dem Hauptstadtklub das Fahrstuhlimage, das er sich selbst verpasst hat, wieder zu nehmen. Es geht um Konsolidierung und ein wirtschaftlich-sportliches Fundament, das die kommenden Jahre positiv beeinflusst. "Wir wollen Hertha in der Bundesliga etablieren. Das ist die Überschrift für diese Saison", formulierte Preetz sein Ziel für diese Spielzeit.

"Dies ist keine Aufgabe von einer Saison, sondern ein wichtiger, nachhaltiger Prozess. Wir sind im letzten Jahr aufgestiegen, haben den Klassenerhalt sicher geschafft - dies ist aber noch keine Etablierung, wie wir uns das vorstellen. Etablierung meint alles, was besser ist als Platz 15. Wir sind selbst gespannt, wie lange es dauert, bis wir ehrgeizigere Ziele in Angriff nehmen können. Aber wir sind der Meinung, dass es dafür im Jahr zwei nach dem Aufstieg noch zu früh ist."

KKR-Millionen helfen unmittelbar

Preetz ist auch im sechsten Jahr seiner Amtszeit ein Verwalter des Mangels. Er hat ein schweres Erbe angetreten bei einem Klub, der jahrelang weit über seine Verhältnisse gelebt hat. Also musste er immer auch improvisieren und Baustellen zuschütten, statt einem festgelegten langfristigen Plan zu folgen. Die Hertha war notorisch klamm.

Die Lizenz 2013 erhielt der Klub auch dank einer Signing Fee seines Vermarkters Sportfive, also einer Art finanziellem Vorschuss auf noch zu erbringende Leistungen. Tatsache ist auch, dass seit einer halben Dekade jedes Geschäftsjahr mit einem Minus abgeschlossen wurde. Insgesamt sind das seit 2009 28,3 Millionen Euro, nimmt man die prognostizierten 5,1 Millionen für die abgelaufene Saison noch dazu, landet man bei etwas mehr als 33 Millionen Euro.

Zum Jahreswechsel beliefen sich die Verbindlichkeiten auf 36,8 Millionen Euro - die dann aber auf einen Schlag weg waren. Ende Januar hat sich die Hertha auf den Verkauf von 9,7 Prozent seiner Anteile an den US-Finanzinvestor Kohlberg Kravis Roberts & Co. (KKR) eingelassen.

Die Amerikaner haben zudem einen Sitz im Aufsichtsrat gesichert. 61,2 Millionen Euro flossen dafür im Gegenzug auf das Konto der Berliner. Die Hertha ist damit auch ein wenig das Versuchskaninchen der Liga - bei keinem anderen Verein sonst hält ein Finanzinvestor Anteile am Verein.

Preetz beschwichtigt

Die Berliner sind im Konglomerat der KKR aber einer der kleineren Fische. Insgesamt über 80 Firmen setzen mehr als 160 Milliarden Euro um. Das schnelle, große Geld wird die KKR mit Hertha BSC nicht machen können. Und wohl nicht wollen. Vielmehr geht es für den Investor darum, in der deutschen Hauptstadt Fuß zu fassen und über die Hertha Kontakte knüpfen zu können.

Neben den vielen sportlichen Entscheidungen seiner Managerlaufbahn bei der Hertha ist dies Preetz' wichtigster Deal. Und sein gefährlichster. "Es gibt überhaupt keinen Einfluss auf die Geschäftsführung, sondern wir haben lediglich einen Sitz im Aufsichtsrat vergeben", beschwichtigte Preetz in den stürmischen Tagen nach Bekanntwerden des Geschäfts.

Die Kritik und Vorbehalte gegenüber der "Heuschrecke" KKR waren groß. Auf sieben Jahre ist das Geschäft angelegt, vermutlich wird man erst dann eine eindeutige Bilanz ziehen können. Für Preetz jedenfalls bringt die Vereinbarung nur Vorteile. In erster Linie natürlich eine Menge flüssiger Mittel.

Ein ganz neues Gefühl

"Wir werden nicht abheben, wir bleiben der gleiche Verein, wir behalten unsere Philosophie und setzen weiter auf unsere Nachwuchsakademie", sagte der Manager damals. Im Sommer holte er aber dennoch zehn neue Spieler an die Spree, für neun davon war eine teils nicht unerhebliche Ablösesumme fällig.

14 Millionen Euro hat sich Hertha BSC seine Neuen kosten lassen. So viel hat der Klub noch nie in einer Transferperiode ausgegeben. Es war ein ganz neuer Arbeitsauftrag für Preetz, der in den Jahren davor stets auf jeden Euro penibel achten musste.

Allerdings stehen dem auch Einnahmen von fast 19 Millionen Euro durch Spielerverkäufe gegenüber. Ziel war es, nach dem sich abzeichnenden Weggang von Adrian Ramos, in der Breite besser aufgestellt zu sein. Auf dem Papier schien das der Hertha auch gelungen zu sein.

Nur bleiben nach sechs Spieltagen der neuen Saison noch die Ergebnisse aus. In fast jeder Statistik haben die Berliner im Vergleich zur starken Vorsaison abgebaut, im Tableau stehen fünf Punkte und Tabellenplatz 14. Und schon wieder fürchten einige eine ungemütliche Saison. In den letzten vier Jahren gab es zwei Abstiege zu verkraften, beide fielen in die Amtszeit und damit Zuständigkeitsbereich von Preetz.

Einige handfeste Krisen überstanden

Spätestens nach dem zweiten Gang in die 2. Liga galt Preetz in Berlin als verbrannt. Die Granden aber hielten am Manager trotz einiger schlimmer Fehlgriffe auf mehreren Ebenen fest. Preetz hängen bis heute die Missverständnisse mit Friedhelm Funkel, Michael Skibbe und Otto Rehhagel nach, die Affäre um Ex-Trainer Markus Babbel wurde nie vollständig aufgeklärt.

Im Frühjahr 2012 sorgte er mit einem Monolog-Interview eher für Stirnrunzeln, denn für erhellende Erkenntnisse in einer überaus prekären Lage. Sechs Wochen später stieg die Hertha ab. Er hat sicherlich schon einige dicke Fehler in der Hauptstadt begangen und stand gefühlt schon einige Male vor dem Rauswurf. Tatsache ist aber, dass Preetz erst vor knapp einem Jahr seinen Kontrakt bis Sommer 2017 verlängert hat.

Er ist eine unkaputtbare Konstante der Hertha - die sich in letzter Zeit aber einigermaßen rar gemacht hat in der Öffentlichkeit. Von Preetz war in den ersten Wochen der Saison nur wenig zu sehen und zu hören. Jetzt, da einige Spiele verloren wurden und heute (20. 15 Uhr im LIVE-TICKER) die sehr wichtige Partie gegen den VfB Stuttgart auf dem Programm steht, hat Preetz seine Zurückhaltung ein wenig abgelegt.

Beschwören der Primärtugenden

Totalen Einsatzwillen hat er von seinen Spielern vor dem Stuttgart-Spiel gefordert. Dabei stehen derzeit nicht mehr die Forderungen nach einer Weiterentwicklung der Mannschaft im Vordergrund, auf die Preetz noch nach dem Ende der Transferperiode gehofft hatte.

"Jeder der neuen Spieler bringt Qualitäten mit in den Kader, die wir so bisher noch nicht hatten, das wird dem gesamten Gebilde guttun", sagte er damals: "Wir haben uns auf einigen Positionen verstärken können, um einerseits den Konkurrenzkampf zu schüren und andererseits besser auf Verletzungen reagieren zu können."

Jetzt beschwört Preetz die Primärtugenden des Spiels: "Wir reden hier ja nicht über die hohe Kunst des Fußballs. Sondern darum, uns voll reinzubeißen." So wie er sich reingebissen hat in diesen schwierigen Job in Berlin.

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