Fast unbemerkt brach Cacau seine Zelte in Deutschland ab und wechselte nach Japan. Dort lief es allerdings auch nicht richtig rund. Mit SPOX spricht er über seine Erfahrungen bei Cerezo Osaka, die aktuelle Situation des VfB Stuttgart und einen Weltstar als Mannschaftskameraden.
SPOX: Cacau, bei Ihrem Ex-Verein VfB Stuttgart läuft es alles andere als rund und Sie sind mit Cerezo Osaka gerade aus der ersten japanischen Liga abgestiegen. Wie fühlen Sie sich?
Cacau: Ich bin nicht nach Japan gewechselt, um abzusteigen. Hier lief nicht alles so, wie ich mir das vorgestellt habe. Was den VfB angeht: Es tut mir schon weh, meine alten Verein wieder in diesen Tabellenregionen zu sehen.
SPOX: Wie überraschend kam denn der Abstieg, war der früh absehbar?
Cacau: Marco Pezzaiuoli, der meinen Wechsel initiiert hat, wurde relativ schnell entlassen. Dann kam ein Trainer, der nicht mehr so sehr auf mich und meine Vorstellungen gesetzt hat, obwohl ich meist gespielt habe. Das war natürlich nicht schön. Ich kann mir aber auch nicht wirklich etwas vorwerfen, denn ich habe immer mein Bestes gegeben. Insgesamt lief einiges schon sehr seltsam. Ich werde versuchen, im Urlaub ausreichend abzuschalten und dann die Dinge neu zu betrachten.
SPOX: Warum haben Sie sich im Sommer eigentlich für den großen Schritt nach Japan entschieden?
Cacau: Vor allem wegen Marco Pezzaiuoli. Er hatte mir ein gutes Konzept aufgezeigt, plante fest mit mir und setzte mich auf meiner Wunschposition im Sturm ein. Mir wurde auch viel von einigen brasilianischen Kumpels über die Liga erzählt. Es hat einfach gepasst - und auch für die Familie war alles positiv.
SPOX: Gab es keine Anfragen aus der Bundesliga?
Cacau: Natürlich, aber da hat dieses Gesamtpaket eben nicht gestimmt. Ich habe immer gesagt, dass ich nichts Verrücktes machen will. Mir ist wichtig, dass es auch meiner Familie gefällt. Wir haben hier nun eine deutsche Schule 600 Meter von unserem Zuhause entfernt, das ist ideal. Dazu ist es auch aufregend für uns, eine ganz neue Kultur kennenzulernen.
Cacaus Biographie: Immer den Blick nach oben
SPOX: Einen Kulturschock gab's dann also nicht?
Cacau: Nicht wirklich. Neben der Sprache fiel mir nur die Umstellung auf das Essen in Japan schwer (lacht). Meine Frau zieht es schon hin und wieder in ein Restaurant. Ich bin noch nicht so der Fan des japanischen Essen und und komme mit manchen Gerichten nicht so klar. Meistens kochen wir deshalb zu Hause.
SPOX: Wie hinderlich ist es, die Sprache nicht zu sprechen?
Cacau: Wir haben einen sehr netten Dolmetscher, der uns bei allem hilft und unterstützt. Dadurch kommt man sprachlich eigentlich kaum in schwierige oder unangenehme Situationen. Etwas kompliziert ist das Bahnfahren: Meine Familie und ich wollten einmal einen Ausflug unternehmen und haben eine halbe Stunde gebraucht, um herauszufinden, wo wir letztlich aussteigen müssen und welches Ticket überhaupt gilt.
SPOX: Wie sieht es denn mit dem sportlichen Niveau der J-League aus?
Cacau: In technischer Hinsicht sehr gut. Dem Großteil der Spieler fehlt es jedoch an körperlicher Robustheit, auch taktisch sind einige Defizite zu erkennen. Der Fußball ist aber durchaus ansehnlich, wenn auch fast ohne Körperkontakt gespielt wird.
SPOX: Wie gut können Sie sich mit Ihren Mannschaftskollegen verständigen?
Cacau: Die Sprache ist schon ein Problem. Viele sprechen kein Englisch, sondern ausschließlich Japanisch. Wir brauchen daher Hände und Füße, das geht dann schon irgendwie. Späße versteht man aber immer (lacht). Den meisten Kontakt habe ich mit Diego Forlan, weil wir uns auf Portugiesisch unterhalten können.
SPOX: Hat der denn noch seine alte Klasse?
Cacau: Diego Forlan ist wundervoll, ein absoluter Vollprofi und total umgänglich. Es macht großen Spaß, mit einem solchen Kaliber zusammen zu trainieren. Es ist nur schade, dass wir unter dem neuen Trainer nur ein, zwei Mal zusammen in der Startelf standen..
SPOX: Zur Bundesliga: Wie intensiv kann man denn den VfB in Japan verfolgen?
Cacau: Die Spiele werden leider nicht live gezeigt, aber ich schaue mir die Zusammenfassungen jedes Mal im Internet an. Ich verfolge die Geschehnisse in Stuttgart auf jeden Fall weiterhin. Darüber hinaus habe ich noch Kontakt mit einigen Ex-Kollegen. Allen voran mit Gotoku Sakai, der mir anfangs auch einige wertvolle Tipps gab.
SPOX: Hätte Sie dem VfB unter Armin Veh mehr zugetraut?
Cacau: Ich war überrascht, dass es nicht lief und Armin Veh dann aufgehört hat. Es wird immer schwerer, in der Bundesliga zu bestehen. Die Liga ist stark und ausgeglichen. Für den VfB wird es nicht leichter. Ich gehe aber fest davon aus, dass Huub Stevens der richtige Mann für die aktuelle Situation ist. Mit seiner Erfahrung und seiner Art, eine Mannschaft zu führen, passt er derzeit perfekt zum Team. Wenn sie unter ihm nicht den Klassenerhalt schaffen, dann wird es düster werden.
SPOX: Warum krebst der VfB seit längerer Zeit schon im Tabellenkeller herum?
Cacau: Da spielen viele Faktoren eine Rolle. Ich bin nicht in der Position, mich auch nur annährend negativ über den Verein zu äußern. Es gibt nicht den einen einzigen Grund, der zu diesem Absturz geführt hat. Klar ist: Es fehlt die Konstanz - egal ob auf dem Platz, der Trainerbank oder dem Managerposten.
SPOX: Mit Veh erhoffte man sich diese Konstanz - aber mal wieder kam es anders...
Cacau: Mit jedem neuen Trainer sollte die Konstanz kommen. Es wäre wichtig, die richtigen Leute auf die richtigen Positionen zu setzen. Das gelang in der Vergangenheit nicht. Nur so kann man den Verein in anderen Tabellenregionen etablieren.
SPOX: Wie offen sind Sie denn für eine Rückkehr?
Cacau: Soll ich den VfB aus dem Tabellenkeller schießen? (lacht) Spaß beiseite: Ich weiß nicht, wie man in Stuttgart plant. Ich denke, der VfB kann auch ganz gut ohne mich leben. Wir haben derzeit keinen Trainer in Osaka, aber ich würde schon gerne bleiben. Mir gefallen das Land und die Leute sehr. Ich will hier jetzt nicht abhauen nach dem Abstieg.
SPOX: Und nach der Karriere werden Sie dann doch Bürgermeister in Korb? 2009 erhielten Sie bei der Wahl sechs Stimmen - obwohl Sie gar nicht aufgestellt waren.
Cacau: Das war schon witzig. Ich interessiere mich zwar durchaus für Politik, aber Bürgermeister ist wohl eher nichts für mich.
Cacau im Steckbrief