Der Retter nach dem Retter sollte eigentlich der Architekt eines neuen Hamburger SV sein - jetzt aber muss Sportdirektor Peter Knäbel den HSV selbst vor dem ersten Bundesliga-Abstieg bewahren. Die Norddeutschen stellten am Sonntag Joe Zinnbauer frei und setzten Knäbel für den Rest der Saison in der Fußball-Bundesliga als Cheftrainer ein.
Zinnbauer (44) wurde nach nur sechs Monaten die jüngste Pleitenserie zum Verhängnis: Der Bundesliga-Dino hatte am Freitag das Kellerduell gegen Hertha BSC mit 0:1 (0:0) verloren und schwebt nach dem sechsten Spiel in Folge ohne Sieg (zwei Punkte) erneut in akuter Abstiegsgefahr.
"Joe Zinnbauer hat sich seiner Arbeit vom ersten Tag an mit großer Leidenschaft und maximalem Engagement verschrieben. Nach den jüngsten Ergebnissen und in Anbetracht der sportlichen Gesamtsituation sahen wir uns jetzt aber gezwungen, eine Veränderung vorzunehmen", sagte Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer.
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Die Veränderung: Knäbel, dessen einzige Cheftrainerstation eine Spielertrainertätigkeit beim FC Winterthur (1998 bis 2000) war, sitzt am Karsamstag bei Bayer Leverkusen auf der Bank. Neben Zinnbauer wurde auch dessen Assistent Patrick Rahmen freigestellt.
Länderspielpause verschafft Knäbel Zeit
"Ich wünsche der Mannschaft, Peter Knäbel und dem Verein alles Gute für den Saisonendspurt", sagte Beiersdorfer: "Wir sind überzeugt, dass es in dieser Situation die beste Option für uns ist. Peter kennt die Mannschaft und die Umstände am besten und ist in der Lage, sofort zu handeln." Dafür hat er durch die Länderspielpause sogar etwas Zeit.
Zinnbauer hatte bei den Hanseaten erst am 16. September den ebenfalls glücklosen Mirko Slomka beerbt - doch auch seine Bilanz war mit 24 Punkten aus 23 Spielen dürftig. Vor allem die eklatante Offensivschwäche des HSV bekam der frühere U23-Trainer des Klubs nicht in den Griff. Hamburg stellt den schlechtesten Angriff der Liga. Gegen die Hertha blieb das Team zudem zum 15. Mal in dieser Saison ohne eigenen Treffer - negativer Vereinsrekord.
"Es geht nicht um mich. Es geht um den Verein, den HSV", hatte Zinnbauer nach der ernüchternden Niederlage gegen Berlin sichtlich angeknockt gesagt. Er spüre "die Rückendeckung des Vereins". Doch spätestens am späten Freitagabend war sein Kredit in der Hansestadt aufgebraucht. Die Angst vor dem ersten Abstieg der Klub-Geschichte war am Ende größer als das Vertrauen in Zinnbauers Fähigkeiten, das Ruder herumzureißen.
Und so reiht sich der 44-Jährige in die unrühmliche Liste von nunmehr elf Trainern ein, die der HSV in den vergangenen viereinhalb Jahren verschlissen hat. Dabei war Zinnbauer mit großen Vorschusslorbeeren in seine Mission beim HSV gestartet. "Joe soll neue Impulse setzen und das Team emotionalisieren. Wir trauen es ihm absolut zu und stehen hinter ihm", hatte Beiersdorfer über Zinnbauer bei dessen Beförderung im Herbst 2014 gesagt. Doch der Effekt verpuffte schnell - nach der Relegation in der vergangenen Saison steckt der einst so stolze Klub zehn Monate später erneut tief im Abstiegssumpf.
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