"Der HSV hat aus den Fehlern der letzten Jahre aber auch gar nichts gelernt. Bruno Labbadia kam möglicherweise zu spät. Je später man kommt, umso weniger Einfluss kann man als Trainer nehmen. Wenn der HSV von vornherein auf Labbadia gebaut hätte anstatt auf Peter Knäbel, hätte man vielleicht frühzeitig andere Schritte einleiten können", monierte Neururer im Gespräch mit Goal.
Zwar schätze er HSV-Sportchef Knäbel, der kurzzeitig als Trainer übernahm, sehr, es könne aber "nicht sein, dass gerade beim HSV, gerade in dieser Situation, jemand diese Rolle übernimmt, der irgendwann mal vor 15 Jahren beim FC Winterthur Spielertrainer war. Jemand, der mit der Szenerie Bundesliga als Coach nie etwas zu tun hatte und auf null Erfahrung zurückgreifen kann. Das geht nicht - das ist nicht gut für das Trainer-Image."
"Massive Fehleinschätzungen betrieben"
In den beiden Spielen unter Knäbel setzte es für Hamburg Pleiten gegen Wolfsburg (0:2) und Leverkusen (0:4), ehe schließlich Labbadia übernahm. Doch die Hamburger sind nur eines von mehreren Teams, das trotz größerer Ambitionen in den Tabellenkeller gerutscht ist. "Hannover hat vom internationalen Wettbewerb gesprochen, Stuttgart hat Armin Veh verpflichtet, um oben anzugreifen", betonte Neururer.
Auch die Hertha ist inzwischen wieder "mit dabei. All diese Mannschaften haben mit Sicherheit nicht damit gerechnet, dort unten zu stehen. Da wurde massive Fehleinschätzung betrieben. Man darf aber nicht vergessen: Es fokussiert sich immer alles auf die letzten Spieltage - das ist falsch."
Weiter erklärte der 60-Jährige: "Man hat eine ganze Saison gebraucht, um irgendwelche Positionen einzunehmen. Klar, man kann mit einem Spiel eventuell alles relativieren und gerade rücken. Aber die Situation selber hat sich entwickelt. Man wird nicht absteigen, weil man am letzten Spieltag verliert, sondern weil man sich in der Gesamtentwicklung dorthin bewegt hat."
Abschotten beim HSV "angebracht"
Dennoch ist eine gewisse Fokussierung auf das Saisonfinale unumgänglich, der HSV etwa wählte unter der Woche den Weg ins Trainingslager. "Ob dieses Abschotten Sinn macht, hängt vom Umfeld ab. In Paderborn oder Freiburg würde ich es nicht machen, da ist es ruhig. Beim HSV ist es angebracht. Abstiegskampf hat oftmals mit Versagensängsten zu tun. Wenn man da alles auf diese Ängste fokussiert, kommt man bei Nichtbewältigung aus dieser Nummer nicht mehr raus", so Neururer.
Entscheidend ist für den Abstiegskampf-Routinier letztlich aber vor allem: Nerven bewahren. "Man darf bei aller Anspannung, die da ist und da sein muss, nicht eine gewisse Lockerheit verlieren. Ein total verkrampfter Muskel ist schließlich auch nicht leistungsfähig", erklärte der Ex-Bochum-Coach weiter.
Davon abgesehen spiele Erfahrung "eine ganz große Rolle. Wenn ein Trainer mit Erfahrung, der so eine Situation schon mal erlebt hat, mit dem Abstiegskampf konfrontiert wird, ist das ein enormer Vorteil. Daher glaube ich, dass der VfB die Klasse hält. Stuttgart hat es in der eigenen Hand, das ist purer Luxus im Abstiegskampf."
Der Hamburger SV im Überblick