Sami Khedira wäre gerne nach Deutschland zurückgekehrt. Nach fünf Jahren in Madrid, verbunden mit einem unschönen Ende infolge der permanenten Reservistenrolle unter Carlo Ancelotti, zog es den Nationalspieler wieder in die Heimat.
Mit Schalke 04 stand ein Verein parat, der für Tradition und Emotion steht und in den letzten Jahren Stammgast in der Champions League war. Keine schlechte Alternative zur königlichen Hysterie rund um Real Madrid.
Khedira aber wollte nicht. Aus einem Grund, der für jeden Verein, egal ob Kreis- oder Bundesliga, einer schallende Ohrfeige gleichkommt. Khedira war die Unruhe auf Schalke zuwider, außerdem hätte er gerne unter Roberto di Matteo gespielt.
Attraktivität schwindet
Der Klubführung und in erster Linie Manager Horst Heldt ist es auch nach einer enttäuschenden Saison mit einigen negativen Begleiterscheinungen nicht gelungen, Ruhe in den Verein zu bringen. Das hat die zwei Wochen andauernde Trainersuche gezeigt. Die Reaktion von Marc Wilmots, der sich von seiner alten Liebe verarscht fühlt, spricht Bände.
Dass neben Khedira und Wilmots auch Trainer-Wunschkandidat Markus Weinzierl abgesagt hat, lässt die Vermutung zu, dass der Verein FC Schalke 04 an Attraktivität eingebüßt hat. Die Außendarstellung der letzten zwei Monate war kontraproduktiv.
Immerhin ist die Fahndung nach einem neuen Trainer am Freitagnachmittag beendet worden. Auf Mallorca einigten sich Heldt und Andre Breitenreiter per Handschlag auf einen Zweijahresvertrag. Statt Fan-Liebling Wilmots, der Schalke in- und auswendig kennt und als harter Hund bekannt ist, der gerne mal auf den Tisch haut, kommt ein Trainer, der sich mit Bodenhaftigkeit und Fleiß einen Namen gemacht hat.
Breitenreiter erfüllt erste Anforderung
Breitenreiter hat in den Sondierungsgesprächen eine starke Bewerbung abgegeben und die Schalker Bosse überzeugt.
"Seine Art Fußball zu spielen ist genau so, wie wir uns das vorstellen. Was uns aber am meisten Gefallen hat, dass er überhaupt keine Bedenken gehabt hat, die hier sicherlich nicht leichte Aufgabe sofort anzunehmen", sagte Heldt in einer Video-Botschaft des Vereins.
Dass Breitenreiter trotz einer überraschend starken Hinrunde mit Paderborn wieder abgestiegen ist, wird ihm nicht als Makel ausgelegt. Gleich in seiner ersten Aussage als neuer Schalke-Coach erfüllte Breitenreiter das vielleicht wichtigste Detail im Anforderungsprofil. Er wolle mit "ehrlichem Fußball" die Herzen der enttäuschten Fans zurückgewinnen.
Heldt hatte nach dem Ende der abgelaufenen Saison betont, dass es für Schalke in erster Linie darum ginge, die verprellten Anhänger mit vernünftigem, offensiv geprägtem Fußball dauerhaft zu entschädigen.
Titelträume verbieten sich
Jahrelang hechelte Schalke dem ersten Meistertitel nach 1958 hinterher, jahrelang definierte sich Königsblau über Titel. Jens Keller konnte sich nicht halten, obwohl er zweimal in Folge die Champions League erreichte und in der Saison 2013/14 die beste Rückrunde der Vereinsgeschichte hinlegte.
Große sportliche Erfolge werden von Breitenreiter nicht verlangt. Er soll der Mannschaft Beine machen und dafür sorgen, dass die vergiftete Atmosphäre auf Schalke einer neuen Aufbruchstimmung weicht. Titelträume verbieten sich, dafür ist in der jüngeren Vergangenheit zu viel schief gelaufen bei Königsblau. Ehrlicher Fußball, der die Fans besänftigt - das genügt fürs Erste.
Für dieses Unterfangen scheint Breitenreiter der richtige Mann zu sein. Er hat keinen vermeintlichen Star-Appeal wie Di Matteo und ist kein Alleinherrscher à la Felix Magath.
Breitenreiter passt eher in die Riege von Trainern wie Jens Keller. Der hielt es trotz ständiger Unruhe um seine Person und der oftmals fehlenden Rückendeckung seitens der Vereinsführung erstaunlich lange aus auf Schalke. Breitenreiter ist zu wünschen, dass er in Ruhe arbeiten kann. Und zwar langfristig. Das ist das Mindeste, was man erwarten kann.
Alle Infos zum FC Schalke