Endlich Fußball-Klub Köln

Peter Stöger (r.) ist seit 2013 Trainer des 1. FC Köln
© getty

Schon immer war der 1. FC Köln ein ambitionierter Verein, teils mit übertriebenen Ansprüchen. Seit Jörg Schmadtke und Peter Stöger das Ruder in Köln übernommen haben, sind aber neue Zeiten in der Domstadt angebrochen. Die Verantwortlichen stellen mit Ruhe und Vernunft ein Team zusammen, das den neuen Kölner Weg symbolisiert.

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Die Meldung kam doch sehr überraschend. Leonardo Bittencourt verlässt Hannover 96 und wechselt für kolportierte 2,5 Millionen Euro zum 1. FC Köln. Vermeldet haben dies die beiden Vereine - und nicht, wie in Köln bis vor einiger Zeit nicht unüblich, die stets gut informierten Medien aus der Domstadt.

Nicht selten drangen Interna aus dem Geißbockheim nach außen und wurden medial ausgeschlachtet. Kaum ein Interesse an einem Transferziel blieb im Verborgenen. Das machte die Arbeit für den einen oder anderen sportlichen Verantwortlichen nicht unbedingt leicht.

Heimlich, still und leise

Doch die Zeiten ändern sich. Seit Jörg Schmadtke beim FC ist und gemeinsam mit Trainer Peter Stöger und Jörg Jacobs, dem Leiter der Lizenzspielerabteilung, die sportlichen Geschicke leitet, weht ein anderer Wind. In Köln musste man sich daran gewöhnen, dass interne Dinge tatsächlich auch im kleinen Kreis bleiben und nicht über die Medien diskutiert werden.

So gelang es Schmadtke, mit Bittencourt einen gefragten U21-Nationalspieler nach Köln zu holen, ohne dass irgendjemand etwas mitbekommen hatte. Der 21-Jährige soll Angebote aus England und Spanien gehabt haben, wollte aber wohl unbedingt zum FC.

"Wir haben seit ein paar Tagen dran gedreht", sagt Schmadtke zum Bittencourt-Transfer. Heimlich, still und leise, anstatt laut, offen und überdreht. Es gab in Köln schon Manager, die sich für weniger verheißungsvolle Transfers öffentlich feiern ließen.

Kölns neue Nische

Der FC beschreitet aber seit fast drei Jahren neue Wege. Der Stellenwert des Vereins hat sich in der Zeit gewandelt. "Es hat mich beeindruckt, wie der 1. FC Köln nach dem Aufstieg in die Bundesliga aufgetreten ist. Die intensiven Gespräche mit den Verantwortlichen stimmen mich optimistisch, dass ich mich hier optimal weiterentwickeln kann", sagt Bittencourt beispielweise.

Köln ist inzwischen ein Verein geworden, bei dem talentierte Spieler den nächsten Schritt machen können und dies auch wollen. Man hat Ruhe im Verein, was per se für den sportlichen Erfolg kein schlechtes Kriterium ist. Trotz aller Schulden, die den FC noch immer belasten, konnte man durch Verkäufe im Sommer auf dem Transfermarkt aktiv werden.

Peter Stöger im SPOX-Porträt: Der neue Messias?

Für insgesamt 13,5 Millionen kamen Neuzugänge, die durchaus vielversprechend sind. Frederick Sörensen kam von Juventus Turin, hat trotz seiner 21 Jahre bereits 69 Serie-A-Spiele auf dem Buckel. Er wird anfangs gemeinsam mit Dominique Heintz die Innenverteidigung bilden, da Dominic Maroh wohl bis zum Saisonstart nicht fit werden wird.

Heintz, der für zwei Millionen aus Kaiserslautern kam, spielte wie Bittencourt bei der U21-EM in Tschechien für das DFB-Team. Sörensen nahm für Dänemark teil. "Vor einigen Tagen habe ich das erste Mal vom Interesse des FC gehört. Ich hatte mit meinem Agenten gesprochen und ihm gesagt: Bitte informiere mich nur über Angebote, die wirklich seriös sind. Also weiß ich nicht, ob es noch andere gab. Aber Köln wollte mich unbedingt und so habe ich mich dafür entschieden", sagte Sörensen über den Transfer zum FC.

Geißbockheim als zweiter Bildungsweg

Mit Milos Jojic holt Köln einen Mittelfeldspieler, der auch bei der U21-EM aktiv war und in seiner Anfangszeit beim BVB überzeugte, später aufgrund der Dortmunder Talfahrt aber nicht mehr zum Zuge kam. Der Serbe bewies seine Qualitäten bereits auf höchster Ebene. Gegen Real Madrid im Champions-League-Viertelfinale 2014 stand er in der Startformation der Borussen und lieferte eine starke Partie ab.

Jojic, Sörensen und Bittencourt. Alle drei sind hochtalentiert, konnten sich in den letzten Jahren aber nicht entscheidend bei den Spitzenklubs durchsetzen. Der Wechsel nach Köln ist der zweite Bildungsweg. Genau solche Spieler suchen Schmadtke und Co.

Mit Philipp Hosiner und Anthony Modeste hat Köln zwei gestandene Spieler verpflichtet. Hosiner arbeitete bei Austria Wien unter Peter Stöger, der ihn bereits im Winter an den Rhein holen wollte. Der Transfer zerschlug sich, weil beim Stürmer ein Tumor an der Niere diagnostiziert wurde. Köln holte ihn einfach ein halbes Jahr später.

Modeste, der Anthony Ujah ersetzen soll, wurde in Hoffenheim nicht mehr gebraucht und der FC schlug ohne großes Aufsehen zu. Wo man früher in Köln auf altgediente und ausrangierte Stars setzte (Maniche, Petit), plant man beim FC nun mit talentierten und jungen Spielern einen neuen, unaufgeregten Weg. Man hat inzwischen das Standing, um Spieler wie Bittencourt, Heintz und Co. zu locken.

Die Zeiten ändern sich

Vor allem bleibt man in Köln aber eins: ruhig. Man geht einen Schritt nach dem anderen und nimmt nicht gleich drei auf einmal. Nach dem souveränen Aufstieg vor zwei Jahren lag die oberste Priorität auf dem Klassenerhalt. Dass es dabei nicht immer schön war, die Spiele des FC anzuschauen, war dabei gerade mal egal.

Trotz 14 Spielen ohne eigenen Treffer wurde man in Köln nicht nervös. Mit dem Erfolg, dass man als Aufsteiger bereits am 32. Spieltag den Klassenerhalt perfekt machte.

Es heißt immer, dass das zweite Jahr in der Liga das schwerste sei. Dafür scheint Köln nun gerüstet zu sein. Der FC hat einen Kader zusammengestellt, der auf dem Blatt durchaus ambitionierte Ziele zulassen würde.

Das Fundament steht

Am 19. Juli startet der FC in sein zweites Trainingslager nach Kitzbühel. Dort hat Stöger ausreichend Zeit, die Neuzugänge zu integrieren und taktische Feinheiten abzustimmen. Der Österreicher leistet mit seiner ebenfalls unaufgeregten Art seinen Beitrag zum neuen 1. FC Köln, bei dem es rein ums Sportliche geht.

Der FC fährt mit dieser Gangart sehr gut. "Als wir hier anfingen, war uns klar, dass wir einen Marathonlauf vor uns haben. Auf dem Weg haben wir vielleicht zwei oder drei Kilometer geschafft", sagt Präsident Toni Schumacher.

Es gibt im Fußball keine Garantien. Aber die Entscheidungen, die in Köln in den letzten zwei Jahren getroffen wurden, waren sinnvoll und brachten Erfolg. Der FC hat sich ein sportlich gesundes Fundament geschaffen, auf das in den kommenden Jahren aufgebaut werden kann. Die richtigen Architekten scheinen dabei am Werk zu sein.

Der 1. FC Köln im Überblick

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