Fast auf den Tag genau vor einem Jahr ist Bastian Schweinsteiger Weltmeister geworden. Seine aufopferungsvolle Spielweise und seine blutende Wunde wurden zum Symbol einer Mannschaft, die sich mit großem Willen und Einsatz zum Titel gespielt hatte. Schweinsteiger setzte sich im Finale ein Denkmal. Auf dem Zenit seiner Schaffenskraft, wie viele behaupten, war er an diesem Abend in Rio de Janeiro aber nicht.
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Das war er eher ein Jahr zuvor, als er mit dem FC Bayern München die Champions League gewann. Schweinsteiger war mit Philipp Lahm die Führungsfigur dieser Triple-Mannschaft und über eine ganze Saison die Konstante im Zentrum des Systems von Jupp Heynckes.
Und anders als in der WM-Saison und beim Turnier selbst war Schweinsteiger zu dieser Zeit kaum verletzt. Während er sich eher durch die WM schleppte, um am Ende zu triumphieren, stand er in Wembley in seiner Blüte. Der Trainer Heynckes bezeichnete Schweinsteiger damals als besten Mittelfeldspieler der Welt.
Schweinsteiger hat keine Flucht nötig
Der Trainer Pep Guardiola liebt Mittelfeldspieler. Aber zwischen dem Mittelfeldspieler Schweinsteiger und dem Trainer Guardiola ist nie eine Liebe entstanden. Man kann Karl-Heinz Rummenigge glauben, wenn er sagt, das Verhältnis der beiden sei völlig intakt.
Schweinsteiger hat es schließlich nicht nötig, vor einem Trainer zu flüchten. Außerdem hat er nie einen Hehl daraus gemacht, dass ihn das Ausland reizt. Und jetzt ist der Zeitpunkt günstig. Denn dass der Trainer bei Schweinsteigers Entscheidung gar keine Rolle gespielt habe, ist zumindest zu bezweifeln.
Schweinsteiger ist unter Guardiola verzichtbar geworden. Das System mit Doppelsechs, in dem Schweinsteiger an der Seite des defensivstarken Javi Martinez glänzte, ist Geschichte. Guardiola vertraute ihm die alleinige Sechs kaum an und auf den Halbpositionen haben die Konkurrenten bessere Karten.
Jedes Jahr ein Mittelfeldspieler
Unter Guardiola haben die Bayern jedes Jahr einen Mittelfeldspieler verpflichtet: erst Thiago Alcantara, dann Xabi Alonso und jetzt Joshua Kimmich. Außerdem hat Guardiola mit der Versetzung von David Alaba und Philipp Lahm weitere Kandidaten im Mittelfeld entwickelt, die im Ranking vor Schweinsteiger stehen.
Das ist die Rolle, die Guardiola in diesem Transfer spielt. Das ist sein gutes Recht. Denn die sportlichen Personalentscheidungen fallen in sein Hoheitsgebiet. Guardiola hat den Spielstil des FC Bayern verändert, er nimmt dabei keine Rücksicht auf Namen.
Nach Mario Gomez und Mario Mandzukic fällt dieser Philosophie auch Schweinsteiger zum Opfer. Mit seinem Transfer wird endgültig deutlich, dass der Klub bereit ist, diesen Weg konsequent mitzugehen, um ihn zu einer Vertragsverlängerung zu bewegen.
Bayern setzt sich Risiken aus
Damit setzt sich der Klub auch den Risiken aus, die dieser Transfer vor allem aus emotionaler Sicht birgt. Schweinsteiger ist eine Ikone, ein Markenzeichen des FC Bayern. Sollte die Saison nicht erfolgreich verlaufen, wird ihnen die Personalie Schweinsteiger um die Ohren fliegen. Und sollte Guardiola seinen Vertrag nicht verlängern, stehen die Münchner ohne Coach und Symbolfigur da.
Der Vorstand legt sein ganzes Vertrauen in Guardiola und hat deshalb bereitwillig Schweinsteigers Wechselwunsch entsprochen. Gekämpft haben die Münchner um ihren Fußballgott nicht. Wenn Schweinsteiger wirklich eine zentrale Rolle in den Planungen gespielt hätte, hätte sich der Verein sicherlich mehr um einen Verbleib bemüht.
So wie 2010, als Inter Mailand und Real Madrid heftig baggerten, aber Schweinsteiger seinen Vertrag verlängerte, auch weil der Trainer bedingungslos auf ihn setzte. Der Trainer damals hieß: Louis van Gaal.
Bastian Schweinsteiger im Steckbrief