So wirklich hatte sie niemand auf der Rechnung. Am Ende war Peru jedoch eine der positiven Überraschungen der diesjährigen Copa America. In sechs Spielen gingen La Blanquirroja dreimal als Sieger vom Platz, lediglich gegen Gastgeber Chile und Brasilien setzte es unglückliche Niederlagen. Nach einem Sieg über Paraguay im kleinen Finale sprang am Ende ein starker dritter Platz für die Anden-Nation heraus.
Im Team von Ricardo Gareca stachen dabei nicht nur die Offensivstars wie Jefferson Farfan, Paolo Guerrero oder Claudio Pizarro heraus. Peru überzeugte in erster Linie durch hervorragende Arbeit in der Defensive. Insgesamt kassierte die Mannschaft nur fünf Gegentore, dreimal hielt Keeper Pedro Gallese seinen Kasten sauber.
Großen Anteil daran hatte auch Innenverteidiger Carlos Ascues, der bei seiner ersten Südamerikameisterschaft groß aufspielte und auch im direkten Duell mit Neymar oder James Rodriguez eine hervorragende Figur abgab. Im gesamten Turnierverlauf verpasste Ascues nicht eine Minute und bildete mit dem Frankfurter Carlos Zambrano ein kongeniales Duo.
Allofs: "Passt exakt ins Anforderungsprofil"
Ascues starke Leistungen blieben selbstverständlich nicht unbemerkt. Der 23-Jährige rückte in den Fokus mehrerer europäischer Klubs, im Juli intensivierte auch der VfL Wolfsburg seine Bemühungen. Mit Erfolg: Am 23. Juli wurde der Deal abgeschlossen - Ascues wechselt für 1,5 Millionen Euro vom peruanischen Klub FBC Melgar zu den Niedersachsen.
"Wir haben noch eine Verstärkung für die Innenverteidigung gesucht, und Carlos Ascues passt als junger, entwicklungsfähiger Spieler exakt in unserer Anforderungsprofil. Dass er zudem auf mehreren Positionen einsetzbar ist, macht seine Verpflichtung noch sinnvoller für uns. Er hat das Potenzial, sich auf lange Sicht in der Bundesliga durchzusetzen", sagte Manager Klaus Allofs bei der Vorstellung des Neuzugangs.
Innenverteidigung dünn besetzt
Die Verpflichtung eines weiteren zentralen Abwehrmannes erschien durchaus logisch, denn der VfL war auf dieser Position zum Handeln gezwungen. Zwar ist Wolfsburg mit Naldo, Robin Knoche und Timm Klose qualitativ ordentlich besetzt. Allerdings wäre es vor allem angesichts der anstehenden Dreifachbelastung riskant gewesen, mit nur drei nominellen Innenverteidigern in die Saison zu gehen.
Die Verpflichtung eines weiteren Defensivspielers, der seine Bundesligatauglichkeit bereits unter Beweis gestellt hat, erschien daher wahrscheinlich. Antonio Rüdiger war der Wunschkandidat, Wolfsburg konnte sich mit dem VfB Stuttgart jedoch nicht auf eine Ablösesumme einigen.
Wolfsburg Ascues sechster Klub
Dass nun Carlos Ascues, ein in Europa weitestgehend unbekannter Südamerikaner, dem VfL auf dieser Schlüsselposition mehr Tiefe verleihen soll, ist aber durchaus mit Risiken verbunden. Denn auf Vereinsebene konnte sich Ascues bisher noch nicht nachhaltig empfehlen. In seinen jungen Jahren lief er bereits für fünf verschiedene Klubs auf - für keinen hat er mehr als 33 Ligapartien absolviert.
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Sein Profidebüt feierte Ascues, der auch die ekuadorianische Staatsbürgerschaft besitzt, im Mai 2011 bei Alianza Lima. Beim peruanischen Traditionsklub konnte Ascues durchaus überzeugen: Mit nur 19 Jahren erkämpfte er sich einen Stammplatz und kam auch in der Copa Libertadores regelmäßig zum Einsatz.
Schon bald wurden daher auch europäische Topklubs auf Ascues aufmerksam. Im Sommer 2012 entschied er sich schließlich für einen Wechsel zu Benfica Lissabon. Bei den Portugiesen lief er jedoch nur in der zweitklassigen B-Mannschaft auf. Bei seiner nächsten Station, dem griechischen Erstligisten Panetolikos F.C., kam Ascues auf keinen einzigen Einsatz in der Liga - im Januar 2014 kehrte er schließlich in seine Heimat zurück.
"Ich war zu jung"
Beim USMP und dem FBC Melgar stand er wieder regelmäßig auf dem Platz und konnte sich so für die Nationalmannschaft empfehlen. Im Nachhinein gibt Ascues offen zu, dass der Wechsel nach Europa für ihn zu früh kam: "Ich war damals noch zu jung, außerhalb des Fußballplatzes hatte ich Probleme", erklärte er.
Gut möglich, dass Ascues eineinhalb weitere Jahre in seinem Heimatland gut getan haben. Dass er nun fußballerisch, aber auch charakterlich gereift ist. Bei den Wölfen glaubt man jedenfalls, dass Ascues menschlich zum VfL passt. Allofs vertraut in dieser Hinsicht auf das Urteil eines alten Weggefährten: "Ich habe Claudio Pizarro angerufen und wollte wissen, was Carlos für ein Typ ist", sagte er.
Bei seiner Präsentation machte Asques einen äußerst zielstrebigen Eindruck. In Wolfsburg möchte er nun auch "in einer der stärksten Ligen der Welt" durchstarten: "Die Umstellung vom peruanischen auf den deutschen Fußball wird nicht leicht, aber ich will mich schnell einleben und in das Team integrieren. Ich will alles dafür tun, dass ich dem VfL helfen kann, so erfolgreich wie in der vergangenen Saison zu sein."
Flexibilität als Stärke
Bei den Niedersachsen wird man alles daran setzen, dass Ascues diese Umstellung möglichst leicht fällt. Die Grundvoraussetzungen, sich in der Bundesliga zu etablieren, bringt er allemal mit: Ascues ist 1,87 Meter groß, physisch robust, technisch stark und besitzt eine gute Spieleröffnung.
Zudem ist er flexibel einsetzbar: Er kann neben seiner Stammposition auch als defensiver Mittelfeldspieler oder sogar als Achter auflaufen. In der Offensive ist er ebenfalls in der Lage, Akzente zu setzen - fünf Treffer in 13 Länderspielen belegen dies.
Hecking: "Er liebt das Risiko"
Trainer Dieter Hecking erkannte allerdings auch, in welchen Bereichen er mit Ascues arbeiten muss: Der Peruaner agiert in einigen Situationen zu verspielt. "Er liebt das Risiko. Da müssen wir ihm noch ein bisschen was mit auf dem Weg geben", erklärte Hecking.
Dennoch könnte Ascues bereits im ersten Jahr beim VfL eine wichtige Rolle spielen. Hecking scheint zumindest schon jetzt auf den jungen Peruaner zu setzen: "Wir haben von ihm viel Gutes gesehen. Es wäre wünschenswert, dass er uns sofort hilft", sagte er. Wenn Ascues an seine starke Form aus der Copa anknüpfen kann, ist davon auszugehen.
Carlos Ascues im Steckbrief