Wirklich nur der Wurm?

Viertes Spiel, vierte Niederlage: Gladbach verlor auch gegen den HSV
© getty

Borussia Mönchengladbach verliert auch das vierte Bundesliga-Spiel zum Auftakt der neuen Saison und startet somit historisch schlecht. Vor dem Champions-League-Comeback am Mittwoch beim FC Sevilla fehlt der Truppe von Lucien Favre vor allem eins: Selbstvertrauen. Der Hamburger SV hingegen zeigt sich als homogene Einheit.

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Die Reaktionen:

Tony Jantschke: "Bei uns ist einfach der Wurm drin. Wir haben überhaupt nicht ins Spiel gefunden, lagen schnell zurück und dann klappt bei uns momentan einfach gar nichts mehr. Die Gegentore haben wir wieder viel zu einfach her geschenkt, diese Partie ist sehr bitter für uns gelaufen. Wir befinden uns in einer schwierigen Phase. Es gilt jetzt, noch enger zusammenzurücken und weiter hart und konzentriert zu arbeiten."

Yann Sommer: "Nach so einem Spiel die richtigen Worte zu finden, ist sehr schwer. Wir hatten uns viel vorgenommen, davon hat aber so gut wie nichts geklappt. Wir müssen uns eingestehen, dass wir einfach nicht gut gespielt haben. Mir fehlt momentan auch ein wenig die Erklärung, warum es nicht läuft. Wir spielen keinen guten Fußball und der HSV musste gar nicht allzu viel machen, um das Spiel zu gewinnen. Das ist extrem bitter. Es bringt aber nichts, den Kopf hängen zu lassen. Wir werden weiter kämpfen und an uns arbeiten, damit wir bald wieder erfolgreich sein können."

Havard Nordtveit: "Diese Niederlage ist sehr ärgerlich. Wir hatten uns viel für dieses Spiel vorgenommen und haben dann ein Tor kassiert, das so normalerweise niemals fallen darf. Danach war es natürlich noch schwerer, aber dennoch haben wir anschließend unser Spiel ganz gut durchgezogen. Aber auch dabei hatten wir noch viel Luft nach oben, haben uns zu viele einfache Ballverluste erlaubt, zu viele Fehlpässe gespielt und uns so vorne kaum Chancen erarbeitet. Die beiden Gegentore kurz vor und nach der Halbzeit waren dann natürlich weitere Rückschläge, die enorm hart waren. Wir müssen aber noch vorne schauen. Es gilt, jeden Tag hart zu arbeiten, uns darauf zu besinnen, wo wir herkommen und uns dadurch aus dieser Situation wieder zu befreien."

Max Eberl: "Dass wir erneut als Verlierer vom Platz gehen ist extrem ernüchternd. Wir wussten, dass uns keine einfache Aufgabe gegen den HSV erwartet, aber wie die Partie gelaufen ist, ist natürlich extrem bitter. Fußball ist manchmal gnadenlos. Wir müssen jetzt zusammenrücken und uns aus dieser Situation befreien. Es gilt, unsere Stabilität wiederzufinden, die uns in der Vergangenheit so stark gemacht hat. Am besten fangen wir schon in Sevilla damit an."

Lucien Favre: "Diese Niederlage tut sehr weh, denn wir wollten das Spiel natürlich unbedingt gewinnen. Uns fehlt momentan das Selbstvertrauen, deshalb sollten wir einfacher spielen. Wir haben zu schnell die Geduld verloren und zu kompliziert gespielt. Wir wussten, dass diese Saison extrem schwer für uns wird, es liegt noch extrem viel Arbeit vor uns. Wir müssen unsere Defizite peu a peu korrigieren, unsere Stabilität wiederfinden, aber das wird Zeit brauchen."

Bruno Labbadia: "Wir waren von der ersten Minute an sehr präsent und haben die Tore einfach zum richtigen Zeitpunkt erzielt. Alles in allem ist der Sieg aus meiner Sicht absolut verdient, weil wir als Mannschaft sehr gut funktioniert und Fußball gespielt haben. Ich bin sehr froh über die drei Punkte und zufrieden mit meiner Mannschaft."

Nachbetrachtung:

Das Entsetzten und die Ratlosigkeit war den Gladbacher Beteiligten nach dem Schlusspfiff im Borussia-Park anzumerken. Tony Jantschke nahm den Fehler vor dem 0:1 klar auf seine Kappe. "Lassen Sie Roel Brouwers da raus. Das Ding geht auf meine Kappe, ich kann ihn auch mit links ins Aus schlagen. Das Gute an den Englischen Wochen ist, dass wir nun schnell die Möglichkeit haben, es wieder gut zu machen", sagte Jantschke in die Sky-Mikros: "Bei uns ist einfach der Wurm drin."

Aber ist tatsächlich nur der Wurm drin bei der Borussia? Der Auftritt gegen den HSV, der bei weitem nicht als das Team gilt, das in den letzten Wochen und Monaten das Selbstvertrauen aus der Wasserflasche aufgenommen hat, war mehr als erschreckend.

Das Offensivspiel, das die Fohlen in der vergangenen Saison so perfekt beherrschten und womit sie die gesamte Liga begeisterten, ist derzeit überhaupt nicht vorzufinden. Andre Hahn wirkte bemüht, offenbarte aber spielerische Mängel und kommt im technisch versierten Spiel der Borussen so kaum zur Geltung. Von Thorgen Hazard war ebenso wenig zu sehen wie von Lars Stindl. Dass Tony Jantschke und Havard Nordtveit keine Kreativköpfe sind, ist Lucien Favre auch bewusst. Und Raffael? Auch der Brasilianer fand nicht statt.

Hahn-Aufstellung fruchtet nicht

Dabei hatte sich Favre vor dem Spiel durchaus etwas gedacht. Die Fohlen wollten das Aufbauspiel des HSV erst ab der Mitellinie energisch attackieren, um die Gäste dann mit schnellem, vertikalem Spiel in die Spitze zu überlisten. Daher brachte Favre auch Hahn anstelle des unter der Woche im Schweizer Nationalteam doppelt erfolgreichen Josip Drmic. Der Plan ging nicht auf.

Hatte Favre bei den Hamburgern die Spielgestaltung als große Schwäche ausgemacht, so überging die Elf von Bruno Labbadia dieses Problem mit weiten Bällen in die Spitze und sehr aggressivem Pressing bei den zweiten Bällen. Die Borussia schien damit anfangs heillos überfordert. Man merkte, dass dem Spiel der Gladbacher das Selbstvertrauern fehlt. Als bestes Beispiel dient dazu Jantschkes Rückpass auf Yann Sommer, den Pierre-Michel Lasogga abfing und dadurch die Führung erzielen konnte.

Was das Team von Labbadia in den ersten 20 Minuten auf dem Platz ablieferte, war in Sachen Einsatz und taktische Disziplin bemerkenswert. Mit Lewis Holtby und Albin Ekdal hat der HSV im Zentrum zwei Spieler, die aggressiv und giftig gegen den Ball arbeiten können. Neuzugang Aaron Hunt versteht dieses Spiel als hängende Spitze ebenfalls ordentlich umzusetzen.

Überall klemmt's

Ein weiterer Punkt, warum es bei der Borussia derzeit nicht läuft, ist, dass es auch in der Defensive nicht passt. Das 0:2 von Lasogga war bereits das zweite Gegentor nach einer Ecke - in der letzten Saison kassierten die Fohlen in der kompletten Spielzeit lediglich ein Gegentor nach einem Eckstoß.

Neben Jantschke patzte auch Roel Brouwers vor dem 0:3 entscheidend. Nach dem Treffer von Nicolai Müller konnte es der HSV dann locker-lässig runterspielen. Gladbach hatte sich aufgegeben.

Festzuhalten gilt: Die Mannschaftsteile bei der Borussia passen noch nicht zusammen, die Neuzugänge sind noch nicht integriert und am Mittwoch wartet mit dem FC Sevilla der Europa-League-Sieger bei der Rückkehr auf die große europäische Bühne. Zudem wird der erst wieder genesene und so wichtige Abwehr-Boss Martin Stranzl vermutlich wieder für mehrere Wochen ausfallen. Bei ihm besteht der Verdachte auf eine Augenhöhlenfraktur.

Fraglich, ob es Favre bis Mittwoch gelingt, das Team wieder aufzurichten. Aber vielleicht liegt es der Borussia mehr, als Underdog ins Spiel zu gehen. Ansonsten könnte es ein richtig bitterer Abend in Andalusien werden. Und nächstes Wochenende wartet dann das Derby gegen den 1. FC Köln. Rosige Aussichten sind das nicht.

Gladbach - Hamburg: Die Statistik zum Spiel