Nach zwei Jahren der Stagnation bei seinem Heimatklub will Draxler beim VfL endlich zum Weltklassespieler reifen. Das beschauliche Umfeld des Werksklubs soll dem 35-Millionen-Mann helfen. "Ich glaube, dass es hier etwas ruhiger ist als auf Schalke", sagte Draxler und schmunzelte dabei. Seit seinem achten Lebensjahr war er ein Königsblauer, die emotionalen Reaktionen einiger enttäuschter Schalke-Fans auf seiner Facebookseite ("Söldner", armselig", schäm' dich") dürfte er erwartet haben.
Im ruhigeren Wolfsburg will Draxler, der auch bei den Wölfen das Trikot mit seiner Lieblingsnummer 10 tragen wird, einen ähnlichen Weg gehen wie sein Vorgänger Kevin De Bruyne. Der Belgier war im Winter 2014 ebenfalls als hochtalentierter Spieler zu den Niedersachsen gekommen und hier zu Deutschlands Fußballer des Jahres gereift, für den Manchester City die Bundesliga-Rekordablöse von 75 Millionen Euro locker machte.
Anderer Spielertyp als De Bruyne
Doch VfL-Trainer Dieter Hecking bat die zahlreichen Journalisten bei der Vorstellungsrunde eindringlich: "Macht bitte nicht den Fehler und vergleicht ihn mit De Bruyne! Er ist ein ganz anderer Spielertyp."
Dahinter steckt wohl der Versuch, den Druck von Draxler zu nehmen. Dabei nahm Bundestrainer Joachim Löw den Weltmeister, den er für die anstehenden Länderspiele gegen Polen (Fr., ab 20.45 Uhr im LIVETICKER) und in Schottland nicht nominiert hatte, bereits in die Pflicht.
Draxler habe ein "Wahnsinnspotenzial", das er aber "in den vergangenen Jahren zu selten abgerufen" habe, sagte Löw der Süddeutschen Zeitung: "Da ist meine Erwartung, dass er in diesem Jahr seine Klasse und sein Können ausspielt, und zwar konsequent."
"Wollte die Entscheidung alleine treffen"
Den Bundestrainer hatte Draxler vorher nicht um Rat gefragt. "Ich wollte die Entscheidung alleine treffen", sagte der Offensivspieler, an den auch der italienische Rekordmeister Juventus Turin stark interessiert gewesen war. "Es war eine Überlegung, ins Ausland zu gehen. Aber die Verhandlungen mit Schalke hatten sich hingezogen", sagte Draxler, "und dann hat Wolfsburg ein Tor geöffnet."
Vor der Presserunde hatten Draxler und der Abwehr-Neuzugang Dante 75 Minuten lang erstmals mit ihren neuen Mitspielern trainiert. Selbst Manager Klaus Allofs schaute vorbei und achtete genau wie die rund 70 Trainings-Kiebitze auf die Stareinkäufe.
Dante soll gemeinsam mit seinen brasilianischen Landsleuten Naldo und Luis Gustavo in der Defensive einen Samba-Block bilden. "Wenn die Drei da hinten nicht brasilianisch spielen, so wie an der Copacabana Hacke, Spitze, eins, zwei, drei, dann habe ich nichts dagegen, wenn sie zusammen in der Abwehr abräumen", sagte Trainer Hecking und ergänzte: "Wir hoffen, dass wir mit Dante die Bayern wieder ein bisschen ärgern können."
Dante: Über FCB-Abschied "traurig"
Über seinen schwierigen Abschied aus München wollte Dante nur wenig sprechen. Er sei zwar "traurig", aber vom VfL habe er einen "superpositiven Eindruck". An seinen letzten Ligaauftritt dürfte der 31-Jährige aber nur ungern zurückdenken: Beim Rückrundenauftakt der vergangenen Saison wurde er vor allem von De Bruyne nach allen Regeln der Kunst vorgeführt.
Doch Zweifel, ob Dante noch stark genug für internationale Ansprüche ist, hat Allofs keine: "Er hat nicht nur die Qualität, sondern auch die Mentalität, die man braucht, um erfolgreich zu sein."
Julian Draxler im Steckbrief