Immer noch besessen

Pep Guardiola kam 2013 nach einem Sabbatjahr zum FC Bayern München
© getty

245 Tage noch läuft der Vertrag von Pep Guardiola als Trainer des FC Bayern München. Der begehrteste Fußballlehrer der Welt zögert mit der Verlängerung und ruft nicht wenige Zweifler an einer Verlängerung auf den Plan. Doch für den Katalanen scheint der Reiz an seiner Aufgabe alles andere als verloren.

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"Mir wäre...", Pep setzte zum Satz an, ehe er das Gesicht verzog und seinen Kopf in den Händen vergrub. "Mit dem Konditional habe ich Probleme", so das kleinlaute Geständnis des Katalanen.

Ein grammatikalischer Selbstzweifel überschaubaren Ausmaßes - es war die einzige Unsicherheit des 44-Jährigen im Pressegespräch vor dem Bundesligaspiel der Bayern bei Eintracht Frankfurt (20.30 Uhr im LIVETICKER).

Ansonsten gab Guardiola nicht nur geduldig Auskunft. Er gestikulierte, malte Laufwege in die Luft, klatschte und trommelte leise auf den Tisch, als es um seine Bayern ging. Eine historisch gute Mannschaft. Mit einem Jahrhundert-Kader. Die besten Münchner aller Zeiten vielleicht sogar?

Alles, nur nicht perfekt

Es gäbe für dieses Team mit diesem Coach ohnehin keine Herausforderungen mehr in der Liga, so schimpfen nicht wenige nach dem beeindruckenden Saisonstart der Bayern mit zehn Siegen aus zehn Spielen. Einem wird dabei aber nicht langweilig: Pep. "Perfektion existiert nicht", mahnte er, angesprochen auf die Vorstellung in der ersten Halbzeit im Pokal gegen Wolfsburg.

Denn: "Wenn wir perfekt wären, warum müssten wir dann noch trainieren?" Es seien "Ideen und Details", Kleinigkeiten und Nuancen in den kritischen Augen des Spaniers, die es weiterhin und immer zu verbessern gäbe. Sogar bei diesen Bayern.

Bei denen Spieler wie David Alaba und Jerome Boateng noch einen Schritt nach vorne gemacht haben, bei denen Pep nach drei Jahren Modellieren eine Mannschaft auf dem - vorläufigen? - Höhepunkt unter sich hat, individuell herausragend, taktisch genial.

"Fußball und Fußball und Fußball"

"Gregg Popovich (Coach des NBA-Teams San Antonio Spurs, d. Red.) hat mal gesagt", so Pep, "Erfolg braucht Zeit. Unsere Arbeit ist ein Prozess."

Vor allem ein Prozess, der nach dem Gusto aller im Lager der Roten noch nicht aufhören soll. "Ich kann nur sagen, was die Mannschaft gerne möchte: dass der Trainer hierbleibt", versicherte unlängst Kapitän Philipp Lahm nicht nur den Medien, sondern auch dem Coach selbst. "Er kann uns noch viel beibringen", meinte auch Manuel Neuer.

Doch vom begehrtesten Fußballlehrer der Welt kommt keine Stellungnahme zum Thema Vertragsverlängerung. "Über Fußball und Fußball und Fußball", wolle er reden. Denn: "Die Menschen interessiert, dass sie den Fernseher einschalten und die Mannschaft gut spielt." Seine eigene Situation? Unwichtig. "Der Verein ist stabil, das ist am Wichtigsten."

Niete, Niete - PSG?

Wobei stabil eine nette Untertreibung ist für das, was an der Säbener Straße momentan passiert. Die Rekorde purzeln, neben dem besten Saisonstart aller Zeiten gab's gegen Köln den 1000. Bundesligasieg. "Ich bin sehr stolz auf diesen Moment, ich bin sehr stolz, Trainer von Bayern München zu sein", meinte Guardiola.

Trotzdem ist ein "Nächste Frage" alles, was der Katalane zur Zeit nach dem 30. Juni 2016 zu sagen hat. Weil es "andere Bräute" gibt, wie es Karl-Heinz Rummenigge ausdrückte, die Pep den Kopf verdrehen könnten? Obwohl viel "pro Bayern München auf dem Tisch" liegt?

Da Guardiola trotz der Dominanz die Lust am FCB nicht verloren zu haben scheint, kann man eher sagen: Es liegt wenig auf den Tischen der anderen.

Monetär ist der FC Bayern in der Lage, mit jedem Angebot mitzugehen. Und sonst? Barcelona als Ex-Klub und andere spanische Klubs fallen aus der Verlosung. Die Insel lockt zwar mit viel Geld, der drohende Konflikt mit Erzfeind Jose Mourinho, eine mehr als extreme Medienlandschaft und Mannschaften wie Manchester City, deren "pepgerechter" Umbau länger als drei Jahre dauern würde, dürften - zumindest aktuell - wenig reizvoll sein.

Einzig Paris Saint-Germain würde ob der Stadt, der finanziellen Möglichkeiten und der Verbindungen zu Katar plausibel anmuten. Aber ein Tausch gegen diese Bayern? Schwer vorstellbar.

Schale, Pott, Konditional

Diese Bayern, die momentan so problemlos über die Plätze Deutschlands und Europas pflügen, dass es neben Peps Verlängerung keine Probleme und somit keine anderen Themen gibt. Zudem winkt die Jahreshauptversammlung am 27. November. Es wäre der ideale Rahmen für eine Verkündung dieses Ausmaßes.

Pep schert sich darum noch herzlich wenig, zumindest nach außen. Das Einzige, was ihn in Sachen Zukunft interessiert: "Wir spielen und trainieren für die Zukunft, damit jeder besser wird." Es gäbe "immer einen Schritt zu verbessern".

Hört man Guardiola zu und sieht man ihm dabei zu, wie er gestikuliert, Laufwege in die Luft malt, klatscht und leise auf den Tisch trommelt, bekommt man nicht das Gefühl, dass er München ab dem 1. Juli den Rücken kehren wird. Dass das Abenteuer und die Entwicklung am Ende sind.

Schließlich warten noch Ziele, beispielsweise die vierte Meisterschaft in Folge. Oder der Pott mit den großen Ohren. Und - natürlich - das Konditional.

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