Als Bonus droht die Krise

Am kommenden Sonntag muss der FC Schalke 04 zum Revierderby nach Dortmund
© getty

Unter dem neuen Trainer Andre Breitenreiter startete der FC Schalke 04 historisch gut in die Saison. Seitdem die Diskussion um Sportvorstand Horst Heldt und seinen möglichen Nachfolger Christian Heidel entbrannte, ist bei S04 sportlich jedoch der Wurm drin - und nach schneller Besserung sieht es nicht gerade aus.

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Es bleibt natürlich hypothetisch, ganz von der Hand zu weisen ist es aber nicht. Der erste sportliche Durchhänger des FC Schalke 04 unter der Leitung des neuen Trainers Andre Breitenreiter könnte seinen Ursprung gar nicht in Gelsenkirchen haben - sondern etwas mehr als 250 Kilometer weiter südlich.

An einem Donnerstagabend in Mainz sprach FSV-Präsident Harald Strutz folgende Worte: "Christian Heidel hat ein Angebot. Es wird darüber spekuliert, ob er Manager von Schalke 04 wird." Dabei hatte sich Heidel am selben Vormittag noch alle Mühe gegeben, die plötzlich aufkeimenden Gerüchte unter dem Teppich zu halten.

Seitdem die Diskussion entbrannte, ob Heidel Sportvorstand Horst Heldt bei den Knappen ersetzen würde, bringt S04 sportlich kaum mehr ein Bein auf den Boden. Zwar gewann man das erste Spiel gegen Hertha BSC noch glücklich in der Nachspielzeit, danach gab's aber nur noch Murks zu bestaunen. Schalke holte nur einen Sieg aus seinen letzten sechs Pflichtspielen.

"Wir stehen auf Platz vier mit 20 Punkten"

Inwiefern ein wirklicher Zusammenhang zwischen der Manager-Debatte und der sportlichen Talfahrt besteht, lässt sich letztlich nicht aufklären. Dass Breitenreiter, der mit seinem neuen Team den besten Schalker Bundesliga-Saisonstart seit 44 Jahren hingelegt hatte und acht seiner ersten zehn Pflichtspiele gewann, einfach so weiter siegen würde, war ohnehin nicht wirklich realistisch.

Als der Coach zu Schalke kam, strahlte er auf Anhieb Zuversicht und eine positive Energie aus, die auch das Umfeld beflügelte. Doch Breitenreiter warnte bereits mehrfach und frühzeitig davor, trotz des gelungenen Beginns sportliche Rückschläge sofort auszuschließen. Keine Entwicklung käme ohne Rückschritte aus.

Angesichts des unruhigen Schalker Umfelds mag Breitenreiters erhobener Zeigefinger Wunschdenken gewesen sein. Nach der enttäuschenden Leistung beim 1:1 gegen Ingolstadt waren in der Veltins-Arena erstmals in dieser Saison Pfiffe zu vernehmen. Die Argumente des Trainers sind jedoch stichhaltig, wenn er sagt: "Wir stehen auf Platz vier mit 20 Punkten. Wenn wir Druck aufbauen auf die Jungs, ist es der verkehrte Weg."

Klare Kante von Breitenreiter

Dass Breitenreiter die schützende Hand über seine Mannen hält, ist nicht neu. Neu ist vielmehr eine gewisse Schärfe, mit der er die aktuelle Situation beurteilt: "Wir sind in einer Phase, in der die Konstanz und ein absoluter Knipser fehlen. Wir dürfen uns nicht der Realität verschließen. Unser Kader ist nicht so breit aufgestellt wie der von Bayern, Dortmund, Gladbach, Wolfsburg und Leverkusen. Deshalb darf sich der große FC Schalke keinen Zacken aus der Krone brechen, das mal einzugestehen."

Eine klare Kante des Übungsleiters, der schon nach dem Verkauf von Julian Draxler Missstände anprangerte und deutliche Worte fand ("besten Spieler verloren, Qualität gesunken") - mit denen sich unweigerlich auch Heldt auseinander setzen muss.

Die vage Zukunft des Schalker Managers und die sich verdichteten Anzeichen im Fall Heidel ließen zuletzt Spekulationen aus dem Boden schießen, wonach sich die Kommunikation zwischen Breitenreiter und Heldt reichlich abgekühlt habe.

Unstimmigkeit zwischen Trainer und Manager?

Dies mutet auf den ersten Blick erstaunlich an. Schließlich ermöglichte Heldt Breitenreiter mit dem Wechsel zum S04 einen deutlichen Karrieresprung, Breitenreiters tolles Debüt wiederum verhalf dem viel kritisierten Heldt dazu, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.

"Ich bin davon überrascht. Das ist überhaupt nicht wahr", reagierte Breitenreiter am Samstag im ZDF-Sportstudio. "Wir arbeiten eng, vertrauensvoll und gut zusammen", dementierte auch Heldt etwaige Unstimmigkeiten.

Das schwebende Verfahren um den Managerposten auf Schalke dürfte Breitenreiter allerdings unter keinen Umständen gefallen. Er war es, dem es im Handumdrehen gelang, die desaströse Stimmung aus der Vorsaison in eine tragfähige Harmonie umzuwandeln und der in sich zusammengefallenen Mannschaft neuen Halt zu bieten.

Schalker Offensive schwächelt

Nun jedoch sieht er sich inmitten politischer Grabenkämpfe, die seine Spieler aber nicht davon abhalten dürften, das Tor zu treffen. Schalke versiebte zuletzt reihenweise hochkarätige Gelegenheiten. Dass der Ist- aber keinen Idealzustand bedeutet, geht schon allein aus den Worten des künftig mit Mittelhandbruch ausfallenden Kapitäns Benedikt Höwedes hervor.

Der Weltmeister sah sein Team gegen den FCI in alte Zeiten zurückfallen und forderte hinsichtlich der Manager-Debatte eine baldige Entscheidung: "Ich wünsche mir, dass die Sache irgendwann geklärt wird." Mannschaft und Trainerteam scheinen davon schlicht genervt, die (Personal-)Planungen für die Zukunft hängen in der Luft. "Die handelnden Personen sind jetzt an der Reihe, sich zu erklären", so Breitenreiter.

Die Flaute wirft aber auch die Frage auf, wie es um Schalkes sportliche Qualität wirklich bestellt ist. Haben die Knappen in den ersten Saisonwochen vielleicht über ihren Verhältnissen gespielt? Während die drittbeste Defensive der Liga einen ordentlichen Eindruck hinterlässt, mangelt es weiterhin an der offensiven Durchschlagskraft (nur 14 Tore in elf Spielen).

Krise nach Bonus-Spielen?

In Franco Di Santo gelang es Breitenreiter, seinen Wunschstürmer zu verpflichten. Allerdings harmoniert der Argentinier bislang überhaupt noch nicht mit seinem Nebenmann Klaas-Jan Huntelaar, beide Angreifer scheinen sich zu ähnlich. Di Santo wird häufig nur mitgeschleppt.

Doch schlagkräftige Alternativen finden sich im Schalker Kader nicht. "Wir haben keine großen Variationsmöglichkeiten in der Offensive", sagte der Coach - auch an Heldts Adresse. Immerhin sorgte Eric-Maxim Choupo-Moting am Samstag für viel Schwung, Breitenreiter könnte sich künftig wieder auf das 4-2-3-1 zurückbesinnen.

Nach einer schnellen Besserung der Lage sieht es nicht gerade aus. S04 reist am Donnerstag in der Europa League zu Sparta Prag, danach kommen hintereinander die "Bonus-Spiele" (Breitenreiter) gegen Dortmund, den FC Bayern und Leverkusen. "Diese Kader sind im Gegensatz zu uns mit fertigen, gestandenen Spielern ausgestattet", konstatiert der Trainer und erwartet eine schwere Aufgabe nach der anderen.

Ob in dieser Zeit zumindest die Situation um Heldt geklärt wird, ist unklar. Der Manager kündigte ein zweites Gespräch mit Aufsichtsratsboss Clemens Tönnies an. Wann dies stattfinden wird, ließ Heldt auch am Samstag weiter offen: "Es bleibt bei zeitnah", hieß es da nur. Angesichts der brisanten Gemengelage muss Schalke 04 im November 2015 aufpassen, nicht zeitnah in die erste handfeste Krise unter Breitenreiter zu schlittern.

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