Aus dem kleinen Carletto, dem Bauernsohn mit Elektrikerlehre aus Reggiolo, ist ein Weltmann geworden. Ancelotti war als Spieler unter seinem Idol Sacchi zweimal Weltpokalsieger, er war bei der WM 1994 Italiens Co-Trainer - auch unter Sacchi. Seite an Seite verloren sie das Finale gegen Brasilien im Elfmeterschießen.
Arrigo Sacchi, 69, ein Taktikgenie, spricht aus berufenem Munde, kaum jemand kennt den künftigen Bayern-Trainer so gut wie er. Vor großen Spielen klingelt häufig Sacchis Telefon - der Schüler, der selbst längst ein Meister ist, holt sich taktischen Rat. So war es auch 2014, vor dem Halbfinale in der Champions League mit Real Madrid gegen den FC Bayern. Real siegte 1:0 und 4:0.
Eines dieser Gespräche aber drehte sich nicht um Viererketten und Verschieben im Raum. "Er selbst hat mir anvertraut, dass er die große Hoffnung hatte, von den Bayern berufen zu werden. Jetzt wird er sich mit den Hürden der deutschen Sprache auseinandersetzen müssen, was nicht einfach ist", berichtet Sacchi, der nur 130 km von Ancelottis Heimatort entfernt als Sohn eines Schuhfabrikanten geboren wurde.
Der perfekte Trainer
Ancelotti, 56, sei nicht nur "intelligent und sehr menschlich", sondern auch der perfekte Trainer. "Er stellt sich voll in den Dienst des Vereins und prägt eine Mannschaft zutiefst. Wie wenige andere hat er ein Talent als Psychologe, was ihm erlaubt, bestens mit den Spielern umzugehen. Das bezeugt seine Erfahrung bei Real, wo jeder Spieler eine Primadonna ist."
Gleichzeitig sei sein Führungsstil sanft, nicht diktatorisch. "Ancelotti gibt keine Befehle - er überzeugt." Mit Erfahrungen und Erfolgen in Spanien, Italien, Frankreich und England, mit der Gelassenheit, alles bereits gewonnen zu haben. Zumeist mehrfach.
Sacchi sieht in der Mischung aus Gelassenheit und Klasse eine besondere Stärke. "Man könnte Carlo elf Torhüter hinstellen, und er würde mit ihnen gewinnen", sagt er, Ancelotti sei keinen Deut schlechter als die anderen Großen seiner Zeit.
"Er zählt zu den drei größten Trainern des Jahrzehnts, mit Guardiola, der ein Genie der Didaktik ist, und mit Mourinho, der ein wahrer Anführer ist." Ancelotti kenne keine Schwierigkeiten.
"Bayern ist eine Mustergesellschaft"
Die Landwirtschaft, hat Ancelotti mal gesagt, habe tatsächlich einiges mit dem Fußball gemeinsam: Es gehe um Ruhe, Planung und Geduld.
Sacchi sieht ihn daher in München, der "nördlichsten Stadt Italiens", bestens aufgehoben: "Bayern ist eine Mustergesellschaft. Ein leuchtendes Beispiel weiser Verwaltung, langfristiger Planung und einer einmaligen technischen Kompetenz, wie auch der Beschluss bezeugt, Guardiolas Nachfolger sechs Monate im Voraus zu ernennen."
Es sei schwierig, schließt Sacchi, auf dieser Welt einen besseren Trainer zu finden als Carlo Ancelotti, den Bauernsohn.
Carlo Ancelotti im Steckbrief