In einer Woche eröffnet der FC Bayern München die Bundesliga-Rückrunde. Beim Hamburger SV beginnt die Triple-Jagd. Die Spieler haben 2013 im Kopf, Pep Guardiola interessieren diese "Nummern" nicht. Der Coach hat aber zusätzliche Ideen. Das Zwischenfazit der Bayern-Vorbereitung.
Trainingslager-Fazit:
In früheren Jahren verwendeten die Bayern gerne den Superlativ, wenn es um die Bewertung von Trainingslagern ging. "Das war das beste aller Zeiten", hörte man von Spielern, Trainern und Vorständen des Öfteren.
Ganz so dick auftragen wollten die Münchnern diesmal nicht, doch auch der sechste Januar-Ausflug nach Doha in Folge war in vollem Umfang gelungen. "Die Bedingungen sind der Wahnsinn. Es war perfekt", fasste Pep Guardiola zusammen. Matthias Sammer bezeichnete die Möglichkeiten in der Aspire Academy als "fantastisch".
Zehn Trainingseinheiten absolvierten die Bayern, die Nachmittagsessions fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Ein um den Platz gezogener schwarzer Vorhang hinderte Kiebitze und Journalisten an Spionageaktivitäten.
In seinem letzten Trainingslager als Bayern-Trainer konnte sich Guardiola voll auf das Training konzentrieren; Testspiele und eine Weiterreise wie im letzten Jahr nach Saudi-Arabien standen nicht auf dem Plan.
Guardiola zog ein positives Fazit, legte den Finger aber in die Wunde. "Im Moment sind wir noch nicht bereit, die Champions League zu gewinnen. Wir brauchen noch einen Schritt nach vorne, müssen noch Details verbessern. Wir sind noch nicht stabil genug, nicht 90 Minuten konzentriert. Wenn wir ein Gegentor bekommen, sind wir oft noch ungeordnet", sagte er.
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Sein Vorhaben, die Bayern in der Rückrunde titelreif zu machen, hat Guardiola nicht verraten. Aber er habe "ein bisschen mehr mit den Spielern gesprochen als sonst". "Hier spricht man mehr als während der Saison, wenn man alle drei Tage ein Spiel hat. Und wenn ich eine Idee habe, spreche ich darüber", so Guardiola.
Die Rekonvaleszenten:
Gegen Ende der Hinrunde gingen dem FC Bayern - mal wieder - die Spieler aus. Mario Götze, David Alaba, Juan Bernat, Mehdi Benatia, Arjen Robben und Douglas Costa fielen teilweise wochenlang aus, dazu kam der Langzeitverletzte Franck Ribery, dessen lang ersehntes Comeback jäh von einer schweren Oberschenkelverletzung gestoppt wurde.
"Ich vermisse die Mannschaft, aber ich bin zu 100 Prozent zurück im Team", sagte Ribery. Spätestens Ende Januar will der Franzose wieder spielfähig sein.
In Doha kehrten immerhin Alaba, Bernat, Costa und Robben, der anfangs wegen einer Grippe noch kürzer treten musste, ins Training zurück. Die Wiederaufnahme der Verletzten war ein Kernpunkt in Doha. "Wir werden es wohl nie erleben, dass alle 24 Mann fit sind. Aber wir brauchen alle Spieler bis zum Ende, wenn wir unsere Ziele erreichen wollen. Wir müssen alle miteinander versuchen, gut durchzukommen", appellierte Robben.
Matthias Sammer ist froh, "dass es uns gelungen ist, einen Großteil der Spieler wieder in die Mannschaft zu integrieren." Bei Götze, Benatia und Ribery wird dies allerdings noch eine Weile dauern. Götze gab entsprechend seine Frustration preis: "Ich habe nicht gedacht, dass es so lange dauert. Ich peile Februar für mein Comeback an."
Mehr als Lauftraining ist für das Trio derzeit nicht drin. Auch beim ersten Training nach der Rückkehr aus Doha am Donnerstag konnten Götze, Benatia und Ribery nur Runden drehen.
Zudem brachten die Münchner einen angeschlagenen Spieler mit aus Katar. Sven Ulreich zog sich eine Zerrung am Syndesmoseband zu und muss eine Trainingspause einlegen.
Der Nerwcomer:
Philipp Lahm kann man mit einer Frage kaum auf dem falschen Fuß erwischen. Auf den Hinweis eines Journalisten, dass Torwart-Youngster Christian Früchtl sein Sohn sein könnte, war Lahm sprachlos. "Ach du Sch...Bitter. Schön. Ich weiß jetzt ehrlich gesagt nicht, was ich darauf antworten soll", stammelte der Kapitän.
Der erst 15-jährige Früchtl war der Hingucker in Katar. 1,93 Meter groß, Schuhgröße 50. "Ich habe noch nie jemanden gesehen, der größere Füße hat als ich", staunte Torwartkollege Tom Starke.
Früchtl sollte ursprünglich mit in ein Trainingslager der deutschen U16-Nationalmannschaft nach Spanien reisen. Doch die Bayern hatten ihre Gründe, Früchtl stattdessen mit den eigenen Profis trainieren zu lassen. "Er sieht ja nicht aus wie 15. Seine konstitutionellen Voraussetzungen sind gut, aber er zeigt, dass er schon viel vom Torwartspiel versteht", sagte Sammer.
Von seinen Keeperkollegen bekam Früchtl viel Lob. "Er macht sich sehr gut! Seine Status ist gut, er ist eineinhalb Köpfe größer als ich in dem Alter. Er passt auf, ist aufmerksam, versucht viel zu lernen", sagte Manuel Neuer.
Starke fiel Früchtls Wissbegierde auf: "Er saugt alles auf, gibt sich Mühe. Er hat keine Angst, haut sich voll in die Bälle rein. Alles andere ist da."
Für einen Kaderplatz bei den Profis in der Rückrunde kommt Früchtl nicht infrage. Er hält weiter für die U16 und U17 des FC Bayern. Sammer: "Er macht nicht den Eindruck, dass er abheben könnte. Er ist interessant und gut, alles weitere warten wir ab."
Neben Früchtl waren Fabian Benko (17), Marco Friedl (17), Niklas Dorsch (17) und Milos Pantovic (19) in Katar dabei.
Das "Nervthema" Guardiolas Abschied:
Der Coach eröffnete das Jahr mit einer erfrischenden, ehrlichen Pressekonferenz. "Ich will in der Premier League trainieren", lautete Guardiolas erster Satz. Drei Jahre München sind ihm genug, nach Spanien und Deutschland heißt sein nächstes Ziel England.
Es hat nicht lange gedauert, ehe die ersten Fragen und Spekulationen aufkamen, ob und inwieweit die Bayern mit ihrem am Saisonende scheidenden Trainer überhaupt noch erfolgreich sein können. Klare Botschaft der Spieler: sehr erfolgreich.
"Wir haben 2013 gewusst, dass Jupp Heynckes nach der Saison aufhören wird. Und wir haben das Triple geholt", sagte Manuel Neuer.
Viele Spieler betonten, dass sie gerne mit Guardiola über die laufende Saison hinaus zusammengearbeitet hätten. Dennoch sei die Beziehung geschäftsmäßig. "Egal, wer Trainer ist: Wir wollen für uns gewinnen", sagte Thomas Müller.
Auch Guardiola erwartet von keinem Spieler, ihm zum Abschied Titel zu schenken: "Manchmal spielen die Spieler für den Trainer. Aber sie spielen in erster Linie für den Verein und für sich selbst. Jeder will das Beste tun für sich selbst. Wenn sie aber nicht gut trainieren, bin ich da."
Guardiola fühlt sich auch nicht unter Druck gesetzt. Denjenigen, die seine Bayern-Zeit als unvollkommen ansehen, sollte er nicht zum Abschluss die Champions League gewinnen, begegnet er mit der Aussage, dass ihn "Nummern", wie Guardiola Titel nennt, nicht interessieren.
Gegen Gerüchte um seine Zukunft kann er sich dagegen nicht wehren. In England gab es erste Meldungen, wonach er Robert Lewandowski und David Alaba nach der Saison zu Manchester City mitnehmen wolle.
Bis 30. Juni ist Guardiola noch beim FC Bayern angestellt. Ein Fazit seiner Münchner Zeit will er erst anschließend ziehen. Die Klubführung blendet das Thema weitgehend aus. Sammer: "Wir haben das Vakuum Guardiola mit Carlo Ancelotti geschlossen. Mehr gibt es nicht zu sagen."
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