Der VfB Stuttgart hat sich vor dem Pokal-Spiel gegen Borussia Dortmund (Di., 20.30 Uhr im LIVETICKER) mit einer beeindruckenden Serie aus dem Tabellenkeller der Bundesliga geschossen. Der Erfolg geht einher mit der rasanten Entwicklung von Lukas Rupp, die ausgerechnet mit einer Verletzung begann.
Mitte November sah es düster aus beim VfB: Relegationsplatz, zwei Punkte Vorsprung zum Schlusslicht aus Hoffenheim. Zu allem Überfluss bekamen die Stuttgarter gerade vom FCA mit 0:4 auf die Mütze.
Rund drei Monate später strahlt die schwäbische Sonne wieder: Platz zwölf, fünf Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz, beinahe doppelt so viele auf den Tabellenletzten Hannover.
Dazwischen liegt nicht nur eine sieben Spieltage andauernde Erfolgswelle, sondern auch ein nicht ganz unbedeutender Trainerwechsel. Jürgen Kramny verlor mit dem Team nur eine Partie, die letzten vier wurden allesamt gewonnen. Zum Vergleich: Unter Alexander Zorniger sammelten die Stuttgarter in 13 Matches mickrige zehn Punkte.
Stellvertretend für den VfB-Höhenflug steht Lukas Rupp. Während der ehemalige Paderborner unter Zorniger nur sporadisch zum Einsatz kam, verpasste er unter Kramny lediglich 16 Minuten. Der 25-Jährige avancierte unter dem neuen Coach nicht nur zum Stammspieler, sondern prägt das Offensivspiel des VfB.
"Allzweckwaffe im Mittelfeld"
Entscheidend war dabei eine Umfunktionierung des ehemaligen Junioren-Nationalspielers. Zorniger sah in Rupp einen reinen defensiven Mittelfeldspieler, der zwar mit seinem lauf-und einsatzfreudigem Spielansatz durchaus zu gefallen wusste, mit Christian Gentner und Serey Die allerdings ein gesetztes Duo vor sich hatte.
Kramny verabschiedete sich von dieser Sichtweise und beorderte Rupp auf die rechte Außenbahn. Dort agiert er nicht als klassischer Flügelspieler, der auf die Bälle wartet und die Linie rauf und runter ackert, sondern beeindruckt mit seinen Allrounder-Fähigkeiten. "Er ist unsere Allweckwaffe im Mittelfeld", schwärmt Manager Robin Dutt.
Bereits in der Jugend war sein damaliger Trainer Markus Kauczinski von der Flexibilität des aufstrebenden Youngsters begeistert: "Er war damals schon ein ein besonderer Spieler. Lukas läuft viel, spielt dabei aber immer intelligent und sieht Räume, die nicht jeder sieht", so der heutige KSC-Cheftrainer gegenüber SPOX. "Mit seinen Fähigkeiten könnte er auch auf links spielen."
In seiner neuen Rolle beim VfB zieht Rupp immer wieder in die Mitte, sucht die Zwischenräume und strahlt plötzlich auch selbst Torgefahr aus. Drei Torvorlagen und ein selbst erzielter Treffer stehen in den letzten sechs Spielen zu Buche. Dem zu Saisonbeginn teilweise kopflos wirkendem Stuttgarter Spiel verleiht Rupp Stabilität und scheut dabei auch nicht den riskanten Pass in die Tiefe.
Verletzung als Wendepunkt
"Mit seiner Ballsicherheit tut Lukas der Mannschaft sehr gut", lobt Kramny seinen Schützling. "Er hat sich zu einem wichtigen Pfeiler in unserem Spiel entwickelt." Doch nicht nur die Umstellung vom zentralen ins rechte Mittelfeld entpuppte sich für Rupp als bedeutender Schritt - die Transformation vom kämpfenden Arbeitstier zum ideenreichen Spielgestalter begann bereits früher. Und das ausgerechnet mit einer Verletzung.
Am 10. Spieltag brach sich der gebürtige Heidelberger beim 3:4 gegen Bayer Leverkusen die Hand. "In den ersten Wochen nach der Verletzung konnte ich im Kraftraum nur an der Bein-Muskulatur arbeiten, nicht an meinem Oberkörper", verriet Rupp und fügte an: "Dadurch habe ich mich aber plötzlich besser, flinker und beweglicher gefühlt. Deswegen lasse ich das Gewicht-Training für den Oberkörper jetzt ganz sein."
Der Verzicht auf das Krafttraining tut Rupp sichtlich gut. So nahm er an Brust und Oberarmen rund zwei Kilo ab und hinterlässt so insgesamt einen wesentlich fitteren Eindruck.
Mit seiner agilen Spielweise macht er seinem Spitznamen "Ruppinho" aus der Karlsruher Zeit wieder alle Ehre. Dementsprechend zufrieden ist man in Stuttgart mit der Verpflichtung. "Lukas kam im Sommer ablösefrei und mit null Erwartungshaltung zu uns. Er hat die entsprechend niedrige Messlatte in einem hohen Bogen übersprungen", frohlockte Dutt dementsprechend gegenüber Bild.
Rückkehrer Harnik als Konkurrent
Tatsächlich war diese Entwicklung nicht unbedingt vorprogrammiert. Immerhin scheiterte Rupp bei seinem ersten Versuch, sich bei einem etablierten Bundesligisten durchzusetzen. So blieb ihm nach seinem Wechsel von seinem Ausbildungsverein Karlsruher SC zu Borussia Mönchengladbach der Durchbruch bei den Fohlen verwehrt. Nach fünf Jahren beendete er das Abenteuer und witterte Spielpraxis beim SC Paderborn, für den er bereits auf Leihbasis eine halbe Saison aktiv war.
Nach dem Paderborner Abstieg fragten Rupp zufolge mehrere Bundesligisten an, Stuttgart sei von Anhieb der Favorit gewesen. Es war offenbar für alle Seiten die richtige Entscheidung, denn nach den anfänglichen Schwierigkeiten beim VfB leistet Rupp seinen Beitrag zum aktuellen Siegeszug der Schwaben.
Bei all der Euphorie muss sich Rupp aber auch über einen längeren Zeitraum beweisen. "Der nächste Schritt wird entscheidend sein. Die Frage ist, ob er sich auf dem Niveau halten kann", sagt Kauczinski und fügt an: "Dabei kann seine Flexibilität auch ein Fluch sein, denn letztlich muss er auf einer Position einfach mehr Qualität als die Konkurrenz auf den Platz bringen." Und im Werben um einen Stammplatz bekommt er mit Rückkehrer Martin Harnik namhafte Konkurrenz. Der Österreicher fühlt sich im Sturmzentrum oder eben auf Rupps neuer Position am Wohlsten und schürt den Konkurrenzkampf in der VfB-Offensive an. Gegen die Eintracht saß Harnik allerdings wieder auf der Bank.
Von dort hatte er beste Sicht auf Rupps nächsten starken Auftritt, wobei er die Weichen mit einer mustergültigen Vorlage auf Gentner früh auf Sieg stellte. Mit dem vierten Streich in Folge haben sich die Stuttgarter erstmals einen kleinen Vorsprung zu den Abstiegsrängen erarbeitet. Mal sehen, ob in Stuttgart auch nach dem Spiel gegen den BVB die Sonne scheint.
Lukas Rupp im Steckbrief