Hotaru Yamaguchi hat sich in seiner Heimat einen Namen gemacht. Dynamo wird der 25-Jährige in Japan genannt. Eine Bezeichnung, die dem hiesigen Duracell-Hasen gleichkommt. Ein nimmermüder Motor, der läuft und läuft und läuft.
Yamaguchi soll als defensiver Mittelfeldspieler von Cerezo Osaka stets die meisten Kilometer abgespult haben. Seine vorerst letzte Saison mit Osaka verbrachte Yamaguchi in der zweiten japanischen Liga. Immerhin gelang Cerezo der sofortige Wiederaufstieg in die J League.
Seit ein paar Wochen lebt Yamaguchi in Hannover. 96 hielt einen Spieler aus der zweiten Liga Japans für gut genug, "den Konkurrenzkampf anzuheizen", wie es Sportdirektor Martin Bader ausdrückte, und überwies 1,5 Millionen Euro nach Japan.
"Brutale Verunsicherung"
Bei der 0:1-Niederlage gegen Mainz 05 stand Yamaguchi in der Startelf und spielte rechts in der Mittelfeldraute. Er hatte in der ersten Halbzeit lediglich 13 Ballaktionen und gewann nur 33 Prozent seiner Zweikämpfe. Seine einzige auffällige Aktion war ein Pressschlag, mit dem er den eigenen Mitspieler Uffe Bech aus der Balance brachte. Zur Pause musste Yamaguchi in der Kabine bleiben.
Die Slapstick-Einlage mit Bech steht sinnbildlich für den Zustand von Hannover 96 im Februar 2016. Zum Rückrundenstart gab es drei Niederlagen, insgesamt verlor 96 sechs Bundesligaspiele am Stück. Der Rückstand auf Platz 15 beträgt bereits sieben Punkte, zum Relegationsplatz sind es fünf.
Die Fans wünschten nach der katastrophalen Leistung gegen Mainz sämtliche Spieler zum Teufel, außer Kult-Torwarttrainer Jörg Sievers können sich im Prinzip alle schleichen, inklusive Thomas Schaaf. Der Trainer, der Bader kurz nach Weihnachten sein Okay gab, hat den Turnaround bislang nicht im Ansatz geschafft.
Nach dem Mainz-Spiel wählte Schaaf ungewöhnlich harte Worte in Richtung seiner Spieler: "Die Verunsicherung ist brutal. Ich sehe keine Überzeugung bei meiner Mannschaft, sondern totale Angst."
Fans verlieren Vertrauen in die Spieler
Auf die Teilnahmslosigkeit von sieben Spielern beim Gegentor reagierte Schaaf mit unverhohlenem Sarkasmus: "Noch zwei mehr, dann hätten wir neun Spieler gehabt, die zugucken."
Bader hatte nach der Verpflichtung von Schaaf erklärt, dass er den Trainer "zum richtigen Zeitpunkt auf dem richtigen Fuß erwischt" habe. Und er hatte gehofft, dass "jeder Hannover-Fan, der ins Stadion geht, daran glaubt, dass die Mannschaft bereit ist, alles zu geben, um den Klassenerhalt erreichen."
Dies kann man von den Anhängern nach den Erkenntnissen des Mainz-Spiels nicht mehr erwarten. Offensiv war es das reinste Desaster, in der 80. Minute flog der erste und einzige Ball in Richtung Mainz-Torwart Loris Karius. Ballkontrolle ist in Hannover derzeit ein Fremdwort, die Fehlpassquote ist erschreckend hoch.
"So wie wir gespielt haben, haben wir keine Chance auf den Klassenerhalt", sagte Christian Schulz. Ein bemerkenswert ehrliches Geständnis eines Führungsspielers. Und ein Schreckensszenario. Immerhin gehört 96 seit 2002 dauerhaft zu den besten 18 Vereinen im deutschen Fußball.
Schaafs Entscheidungen verwundern
Sieben neue Spieler verpflichtete Hannover in der Winterpause. Leihspieler wie Alexander Milosevic oder Adam Szalai, Bundesliga-Rückkehrer und Schaaf-Liebling Hugo Almeida und hoffnungsvolle Talente wie Marinus Wolf oder Iver Fossum.
Almeida gelang ein Start nach Maß mit seinem Tor gegen Darmstadt, der Rest hat entweder noch keine Sekunde gespielt oder die Erwartungen bislang bei Weitem nicht erfüllt.
Es ist offensichtlich, dass Schaaf noch nach der richtigen Formation sucht; dabei aber auch seltsame Entscheidungen trifft. Für den verletzten Hiroshi Kiyotake spielte mit Manuel Schmiedebach drei Mal ein Mann fürs Grobe auf der Zehnerposition. Zur Leistung des 27-Jährigen gegen Mainz meinte der Coach vielsagend: "Egal auf welcher Position, du musst den Ball über zehn Meter an den Mann bringen."
Salif Sane, der in der Hinrunde noch am ehesten konstante Leistungen ablieferte, musste nach seiner Gelbsperre aus dem Leverkusen-Spiel gegen Mainz zunächst auf die Bank. Für den wegen schlechter Spiel- und Trainingsleistungen suspendierten Miiko Albornoz spielte Edgar Prib auf der für ihn vollkommen ungewohnten Linksverteidigerposition.
Szalai seit 14 Monate ohne Tor
Im Sturm ist Schaaf auch in Hannover seiner beliebten Doppelspitze treu geblieben. Almeida und Szalai sind gesetzt. Doch vor allem Szalai sucht weiter vergeblich nach dem Erfolgserlebnis. Sein letztes Bundesligator erzielte er im Dezember 2014.
Szalai nimmt sich den Sturmpartner zum Vorbild. "Von Hugo kann ich mir viel abschauen. Die Scheiß-drauf-Einstellung, die man als Stürmer braucht. Scheiß drauf, dass ich den vorbeigeschossen habe, dann haue ich ihn halt 2 Sekunden später rein..."
Mit dem Reinhauen tut sich aber ganz 96 schwer. 19 Tore stehen nach 20 Spielen auf der Habenseite, nur 1899 Hoffenheim und die allerdings emsig punktenden Ingolstädter (14) haben noch weniger geschossen. "Es ist kein Zufall, wenn man nach 20 Spielen Letzter ist", sagte Bader, während Ron-Robert Zieler die Situation als "ziemlich beschissen" zusammenfasste.
Es ist nicht anzunehmen, dass sich dies am nächsten Wochenende ändern wird. Kommenden Samstag muss Hannover bei Borussia Dortmund antreten.
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