Tiger oder doch nur Hauskatze?

Von Johannes Heiming
Nicklas Bendtner kam in dieser Saison vier Mal in der Champions League zum Einsatz
© getty

Seit August 2014 spielt Nicklas Bendtner für den VfL Wolfsburg. Mit großen Erwartungen kam der Däne zum VfL, das Tischtuch zwischen dem Lord und Trainer Dieter Hecking scheint nun jedoch endgültig zerschnitten. Wie konnte es dazu kommen? SPOX beleuchtet vor dem Rückspiel im Champions-League-Achtelfinale gegen KAA Gent (20.45 Uhr im LIVETICKER) Bendtners Etappen des Scheiterns.

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August 2014: Bendtner wechselt vom FC Arsenal nach Wolfsburg

Mit Nicklas Bendtner verpflichtet Wolfsburg eine schillernde Figur des europäischen Fußballs. Seine sportlichen Fähigkeiten sind unbestritten, trotzdem regieren sein ungewöhnlicher Lebensstil und zahlreiche die Schlagzeilen. "Jeder hat eine Chance auf einen Neuanfang verdient", sagte Coach Dieter Hecking - konfrontiert mit einer Alkoholfahrt, einer Attacke gegen einen Taxifahrer und einem Nacktfoto seines Neuzugangs. Passt der "Paradiesvogel" nach Wolfsburg?

November 2014: Die ersten Tore für den VfL

Der Saisonstart verläuft durchwachsen. Bendtner spielt, trifft aber nicht. Ihm fehlt die Bindung zum Spiel. Ein Nasenbeinbruch setzt ihn außer Gefecht. Dann keimt Hoffnung auf: In der Europa League gelingen dem Dänen nach seiner Einwechselung zwei Tore beim 5:1-Sieg gegen Krasnodar. Ende November schießt der Lord, gerade zwei Minuten auf dem Platz, sein erstes Tor in der Bundesliga. Dass der VfL trotzdem gegen Schalke verliert, ist rückblickend betrachtet beinahe so etwas wie ein schlechtes Omen.

März 2015: Gerüchte um einen Abschied

Dem persönlichen Erfolgserlebnis folgt ein ernüchternder Winter. Bis Anfang März bringt es Bendtner auf lediglich 30 Einsatzminuten. Gegen Hertha und Bremen darf er für je 60 Sekunden ran. Im Raum steht eine Rückkehr in die Heimat. Doch der Stürmer gibt sich kämpferisch und zeigt kein Interesse an einem Angebot aus Kopenhagen.

Juni 2015: Hecking fordert das "Normale"

Die "Erziehung" des Dänen stockt. Hecking fordert von Bendtner "einen Schritt zurück" und wünscht sich, er würde sich auf das "Normale" einlassen. Ein Attribut, mit dem der Lord nicht viel anfangen kann. Er postet auf Instagram ein Foto mit einem Alligator, den er gefangen haben will. In seiner ersten Saison in Wolfsburg spielt der Stürmer in der Liga nur vier Mal über 90 Minuten. "Nicklas konnte seine Chancen nicht nutzen", resümiert sein Trainer im Sommer.

August 2015: Bendtner wird im Supercup zum Held

Fünf Ballkontakte braucht der Däne nach seiner Einwechslung, ehe er den VfL im Supercup gegen die Bayern mit seinem Tor in der 89. Minute in die Verlängerung rettet. Nach dem Sieg im Elfmeterschießen ist plötzlich alles wieder da: der Hype im Internet, der Glaube von Hecking ("Seit sieben bis zehn Tagen hat er verstanden, was wir von ihm wollen") und großspurige Aussagen Bendtners, der die Bayern künftig auch in der Liga angreifen will.

September 2015: Hecking-Lob und Dosts Ego-Problem

Bas Dost, Konkurrent von Bendtner, wird gegen die Hertha zur Halbzeit für den 28-Jährigen eingewechselt und trifft doppelt. Trotzdem gibt es nach dem Spiel einen heftigen Rüffel für Dost, dem Hecking Egoismus vorwirft. Für Bendtner hingegen gibt es ein seltenes Lob für seine gute Trainingsleistung und neue Präsenz. Bei Robert Lewandowskis Fünferpack beim 5:1 gegen Wolfsburg aber in der Startelf: Bas Dost!

Oktober 2015: Ein Platz auf der Tribüne und Redebedarf

Immer häufiger findet sich Bendtner auf der Tribüne wieder und wünscht sich ein klärendes Gespräch mit seinem Trainer. Hecking signalisiert Bereitschaft, doch das ändert an der sportlichen Situation nichts. Bendtner muss sich meist hinter Dost, Max Kruse oder Andre Schürrle anstellen.

Januar 2016: Bendtner will nicht aufgeben

Zwischen dem 7. November und 24. Januar spielt der Lord nicht eine Minute für den VfL. Zwar nennt er seine Situation "unbefriedigend", doch aufgeben möchte Bendtner nicht: "Ich spiele für Wolfsburg und bin bereit, auch weiterhin dort zu arbeiten." Eine Aussage, die sich unterschiedlich deuten lässt. Eines ist allerdings eindeutig: Eine Liebeserklärung an einen Klub sieht anders aus. Unklar ist, ob der Däne wirklich noch an seine Chance glaubt oder ob schlicht die Alternativen fehlen.

Januar 2016: Mangelnde Vorbereitung

Richtig bereit für Arbeit scheint Bendtner doch nicht zu sein. Zum Trainingsauftakt muss der 28-Jährige nachsitzen. Den Fitness-Plan von Hecking hat er nur unbefriedigend befolgt und schiebt unter den wachsamen Augen von Fitnesstrainer Oliver Mutschler Sonderschichten. Selbstkritik sucht man beim Lord trotzdem vergebens. "Das macht mich nur stärker", sagt er.

Januar 2016: Palace? China? Wolfsburg!

Nicht zum ersten Mal signalisiert Klaus Allofs Bereitschaft, Bendtner abzugeben. Crystal Palace zeigt Interesse und auch aus China liegt ein Angebot für den Angreifer vor. Doch trotz des Gegenwinds, trotz der unbefriedigenden Situation und des schwierigen Verhältnisses zwischen der "Marke" Bendtner und der "Provinz" Wolfsburg lehnt der 28-Jährige dankend ab. Der Mann, der den Tiger als sein Lieblingstier bezeichnet, will sich durchbeißen...

Februar 2016: Kein Platz im Kader

Aus Sicht der Vereinsführung wirkt Bendtner wohl weniger wie ein Tiger, sondern eher wie eine Hauskatze, die es mit Einsatz und Leistungsbereitschaft nicht so eng sieht. Wieder einmal gibt es Kritik an der Einstellung des Dänen. Seit der 0:3-Niederlage gegen Schalke Anfang Februar stand der Stürmer nicht mehr Kader. Hecking zieht einen dritten Torwart vor oder lässt sogar einen Platz im Aufgebot frei. "Das sollte ihm aufzeigen, in welcher Situation er sich befindet, auch leistungsmäßig. Es geht darum, dass man bei denen, die auf der Bank sitzen, sagen kann: die können helfen", sagt Allofs. 171 Spiele für den FC Arsenal, 73 Partien für Dänemark - und in Wolfsburg ist Bendtner nicht gut genug für den freien Platz im Kader?

Februar 2016: Der Mercedes-Eklat

Neben dem Platz war es zuletzt relativ ruhig um den Lord. Doch nun sorgt ein Instagram-Post für Schlagzeilen. Zugegeben: Ein Foto von einem Mercedes ist im Vergleich zu früheren Stilblüten eigentlich eine Lappalie. Nur arbeitet Bendtner eben für den VfL Wolfsburg, dessen enge Bindung zu VW auch ihm nicht entgangen sein dürfte. "Wir haben unsere Regeln", sagt Allofs. "Es gehört zu den Regeln, dass man darauf achten muss, wie man sich ablichten lässt, wenn man sich in der Öffentlichkeit bewegt. Die Regeln sind nicht neu. Das ist ein Fehlverhalten, am Ende kostet es Geld."

Februar 2016: Das gescheiterte Experiment

"Das Experiment gilt vorläufig als gescheitert", sagte Allofs vor wenigen Tagen. Die "Chance auf einen Neuanfang", die Bendtner von Hecking im August 2014 eingeräumt bekam, scheint ungenutzt zu bleiben. Ob die Schuld daran alleine beim Stürmer liegt, ist nicht abschließend zu beurteilen. Klar ist aber, dass ein Abschied aus Wolfsburg im Sommer für alle Seiten Sinn macht. Der "Paradiesvogel" in Wolfsburg, das passt wohl nicht.

Nicklas Bendtner im Steckbrief

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