Marc Bartra verstärkt in der kommenden Saison die Mannschaft von Thomas Tuchel. Doch kann er bei Borussia Dortmund Mats Hummels beerben? Soll er das überhaupt? SPOX checkt Stärken und Schwächen des Mannes vom FC Barcelona.
Stärken
Marc Bartra wechselte 2002 von Espanyol zum FC Barcelona. Dementsprechend wenig gibt es an seiner Ballbeherrschung und Technik auszusetzen. Bartra ist für einen Innenverteidiger sehr ballsicher, spielt Pässe genau in den Spielfuß und überzeugt auch in Dribblings, wenn er denn in eines geht.
Sein Timing bei Kopfbällen ist hervorragend, dazu kommt eine gewissen Athletik, die ihn ideal für hoch stehende Abwehrreihen macht. Defizite im Gewicht gleicht er gegen körperlich stärkere Spieler mit klugem Defensivverhalten aus und versucht sie aus gefährlichen Zonen herauszuschieben, um anschließend erst eine Attacke auf den Ball zu starten.
Durch seine Zeit unter Pep Guardiola und Co. hat Bartra eine gute Spielintelligenz entwickelt. Der Katalane antizipiert nicht nur Pässe, sondern sieht auch Bewegungen einzelner Spieler schnell voraus. Dabei rückt er aggressiv aus der Abwehr heraus, um den gegnerischen Spieler direkt unter Druck zu setzen und ihn nicht in Richtung eigenes Tor aufdrehen zu lassen.
Mit Ball am Fuß beschränkt er sich meist auf die einfachen Verlagerungen von Seite zu Seite, kann aber auch nach vorne stoßen. Dabei sucht er entweder Räume zwischen den Linien, um seine Mitspieler einzusetzen oder dribbelt leicht an, um sich dann selbst mit Doppelpässen und Dribblings nach vorne zu spielen.
Dies erinnert stark an das Spiel von Gerard Pique, der ohnehin ein sehr ähnliches Profil aufweist. Bartra ist ähnlich torgefährlich, technisch beschlagen und sucht so immer wieder den Weg nach vorne. Nicht selten bleibt er nach Standards im gegnerischen Strafraum, um auf weitere Flanken zu warten.
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Der 25-Jährige ist ein offensiv wie defensiv mutig agierender Spieler, der wenig Risiko scheut, ständig selbst handeln möchte und auf eine grundsolide Basis in Sachen Technik, Stellungs- und Kopfballspiel zurückgreifen kann. Dazu kommt seine mentale Stärke, die ihm schnell Vergleiche zu seinem jetzigen Berater und früheren Mitspieler Carles Puyol einbrachte.
Bartra spielt mit großer Emotionalität, pusht Mitspieler nach gelungen Aktionen oder ruft sie, selbst als Nicht-Führungsspieler, zurück in ihre Positionen. In den Spielen, die er für Pique bestritt, schwang er sich nicht zum Abwehrchef auf, ging aber mit gutem Beispiel an Einsatz und Motivation voraus.
Schwächen
Gerade diese mutige Spielweise ist allerdings auch eine der Schwächen, die ihn mehr Einsätze im Trikot des FC Barcelona kostete. 2012 wurde er aus dem B-Team in die erste Mannschaft beordert und kam nie über die Rolle als Ergänzungsspieler hinaus. Das lag einerseits an der Konkurrenz durch Pique, andererseits aber auch schlicht an seiner Ähnlichkeit zu seinem größten Konkurrenten.
Bartra ist ein Verteidiger, der vom Team aufgefangen werden muss. Nicht in den Dimensionen eines David Luiz, aber seine Vorstöße stellen gruppentaktisch eine Herausforderung für die restliche Viererkette und die defensiveren Mittelfeldspieler dar. Das gilt nicht nur für die offensiven Läufe sondern gleichfalls für das schnelle Herausrücken aus der Viererkette.
Der Nationalspieler antizipiert zwar gut, tut das allerdings nicht immer fehlerfrei. Rückt er heraus, kann er bisweilen überspielt oder gar komplett aus seiner Position gelockt werden. Dann müssen entsprechende Mechanismen greifen, um die entstandene Lücke zu stopfen.
Zudem ist Bartra limitiert auf die rechte Spielfeldseite. Nicht nur, dass er sich dort sichtlich wohler fühlt, seine typischen Pass- und Bewegungsmuster sind gänzlich auf den rechten Fuß ausgelegt. Ein Vorstoßen von der linken Innenverteidigerposition einer Viererkette oder lange Bälle aus dieser Position heraus, wie es beispielsweise Javier Mascherano pflegt, sind nicht im Repertoire des 25-Jährigen.
Dazu agiert er für einen Innenverteidiger sehr direkt, sucht schnell den Weg nach vorne und trifft so oft überambitionierte Entscheidungen. Fehlpässe oder Ballverluste in der Vorwärtsbewegung sind die Folge, die er anschließend direkt versucht, selbst auszubügeln. Dabei vernachlässigt er seine eigentlichen Defensivaufgaben. Seine Entscheidungsfindung hat er allerdings in der vergangenen Saison positiv entwickeln können.
Diese offensichtlichen Schwächen hielten in Barcelona trotz fortschreitenden Alters lange den Ruf eines Talents aufrecht. Selbst mit 24 oder inzwischen 25 Jahren wurden ihm Stellungsfehler oder Fehlpässe mit dem Verweis auf seine Jugendlichkeit verziehen.
Fazit
Dies wird in Dortmund nicht mehr der Fall sein. Bartra kommt als Ex-Spieler des FC Barcelona, spanischer Nationalspieler und zweifacher Champions-League-Sieger. Doch als eines kommt er definitiv nicht: als Ersatz für Mats Hummels. Nicht nur, dass der BVB nach SPOX-Informationen weiterhin an Ömer Toprak interessiert ist, Bartra ist auch schlichtweg nicht der passende Spielertyp.
Es beginnt damit, dass Bartra in Katalonien als rechter Innenverteidiger oder rechter Halbverteidiger spielte, nicht, wie Hummels, als linker Innenverteidiger. Natürlich sind Parallelen zu erkennen in der aufrückenden, offensiv denken Spielweise, doch unterscheiden sich beide Spieler doch deutlich.
Der Spanier ist kein Spieler, der durch kluge Pässe und Mitüberladen eines Flügels auffällt. Er kann das, wird es aber nicht in der Regelmäßigkeit zeigen, in der es Hummels tat. Vielmehr gefällt Bartra durch seine direktere Spielweise und weite Vorstöße. Dank seiner Athletik und Übersicht wird er sich von Anfang an in der hohen BVB-Abwehr zurecht finden.
Gespannt darf man darauf sein, wie Tuchel den EM-Teilnehmer einsetzen möchte. Seine Schwächen könnten in der öfter genutzten Dreier- oder Fünferkette mit Sokratis als zentralem Mann gut aufgefangen werden. Ebenfalls wird Tuchel an der Entscheidungsfindung von Bartra arbeiten, um auch unter Druck noch für zielgerichtete, erfolgreiche Aktionen zu sorgen.
Bleibt das Thema der angeblichen Rückkaufklausel durch den FC Barcelona. Die Katalanen kündigten an, Bartra nicht vollends aufgeben zu wollen. Angesichts der gezogenen Ausstiegsklausel musste Dortmund allerdings nicht mit Barca verhandeln, sondern trat direkt in Gespräche mit dem Spieler ein.
Dass dieser von Carles Puyol beraten wird, spricht durchaus dafür, dass früher oder später eine Rückkehr nach Katalonien forciert wird. Doch solange der vier Jahre ältere Pique sein Niveau hält, wird beim FC Barcelona kein Platz für Marc Bartra als Stammspieler sein.