Wenn man doch nur ein einziges Mal Mäuschen spielen könnte. Aktuell am Strand von Malibu beispielsweise. In Kalifornien verbringen Mario Götze und Andre Schürrle, schon zu ihrer Zeit als Jugendfußballer gute Freunde, die freie Zeit gemeinsam.
Während die beiden Nationalspieler derzeit also ihren mickrigen Jahresurlaub hoffentlich genießen und sich von den Strapazen einer langen Auf-und-Ab-Saison erholen können, scheint wegen dieser beiden Herren die Lage in Fußball-Deutschland immer aufgeregter. Ob sie sich daraus, möglicherweise mit Smartphone und Kaltgetränk in den Händen und oben ohne in der Sonne fläzend, einen Spaß machen?
Ja, die Chancen, dass das nächste Reiseziel von Götze und Schürrle in naher Zukunft Dortmund lauten wird, sind reell und werden immer wahrscheinlicher.
Transfer fix - ohne Medizincheck?
Fix, perfekt, offiziell und durch sind die beiden Transfers aber noch nicht, auch wenn das diverse Meldungen aus allen Ecken vermuten lassen. Die Verantwortlichen beim BVB bleiben ihrer Linie der letzten Jahre westfälisch-unaufgeregt treu und kommentieren auch weiterhin nichts, was nicht niet- und nagelfest ist.
Das können die jeweiligen Deals auch noch gar nicht sein. Schlichtweg deshalb, weil beide Kandidaten ja noch in den USA weilen - zeitgleich einen Medizincheck im Dortmunder Knappschaftskrankenhaus zu absolvieren, dürfte kaum gelingen.
Nun wäre es interessant zu erfahren, was der weitere Urlaubsplan von Götze und Schürrle vorsieht. Zweifelsohne werden sie irgendwann wieder in Deutschland aufschlagen müssen. Das kann sehr bald sein oder auch erst zum Ende der Woche.
Götze und Schürrle beim BVB sehr realistisch
Bis dahin schrauben die beteiligten Vereinsoberen an einer wirtschaftlichen Lösung, die einen Transfer vorbehaltlich der medizinischen Untersuchung unumgänglich macht. Dem Vernehmen nach sind die Dortmunder nicht mehr weit von den finanziellen Vorstellungen aus München und Wolfsburg entfernt.
Auch deshalb ist deutlich davon auszugehen, dass Götze zurückkehrt und Schürrle bald wieder unter Thomas Tuchel spielt, der ihn einst groß herausgebracht hat. Beide Transfers werden gerade rund um Dortmund kritisch beäugt: Götze, weil ihm die Fans wegen seines Wechsels zum FC Bayern noch immer Verrat am BVB vorwerfen, und Schürrle, weil dieser ein hübsches Sümmchen kosten wird, obwohl er sportlich in den letzten Jahren kaum etwas auf die Kette bekam.
Es sind sehr sensible Personalien, die die Borussia besonders im Falle Götze seit längerer Zeit schon versucht, halbwegs vernünftig zu moderieren. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke betonte bereits nach dem ersten Aufkeimen der Gerüchte um Götze, dass dieser doch gar nicht auf dem Markt sei.
In Dortmunds Fanszene rumort es
Sollte dies aber der Fall werden - dass er das nun ist, dürfte spätestens mit Karl-Heinz Rummenigges Vorstoß ("Mario muss für sich selbst bewerten: Will ich kontinuierlich spielen?") auch dem Letzten klar sein - dann, ja dann würde man sich beim BVB sicherlich zusammensetzen und "uns auch darüber Gedanken machen, ob sein Transfer für uns sportlich sinnvoll ist" (Watzke).
Sportlich sinnvoll scheint ein Götze in Dortmund unter Tuchel in jedem Fall. Der Verein überlegt es sich sehr gut, wie man eine Götze-Rückkehr nach außen verkaufen könne, ohne den Unmut der eigenen Anhänger auf sich zu ziehen. Das ginge ja bereits bei der Pressemitteilung zur Wechselverkündigung los und endete auch nicht mit einer offiziellen Vorstellung des Spielers.
Nicht erst aufgrund der möglichen Heimkehr des einst Fortgejagten rumort es nämlich in Dortmunds Fanszene. Der Ultra-Bewegung ist der marketingstrategisch kommerzialisierte Weg zur Internationalisierung des Vereins ein Dorn im Auge, sie fürchten um Identität und Traditionen.
Präsentation auf einen Schlag?
75.000 Euro Strafe sowie ein Zuschauer-Teilausschluss auf Bewährung erlegte das DFB-Sportgericht der Borussia kürzlich wegen Vergehen aus der letzten Spielzeit auf. Ein BVB-Heimspiel ohne die Unverwüstlichen aus Block 10 bis 15 der Südtribüne ist somit kein undenkbares Szenario mehr - dazu müssten die Fans bis Ende Mai 2017 lediglich ein einziges Mal noch über die Stränge schlagen.
Um der offenkundig unauslöschbaren Pyro-Leidenschaft zu begegnen, wendet der Verein zur neuen Saison nun ein drastisches Mittel an, das der in solchen Belangen als Vermittler eingesetzten Fanbeauftragten in diesen Tagen reichlich Arbeit beschert. Alle drei Dortmunder Ultra-Gruppierungen werden künftig keine Auswärtsdauerkarten mehr erwerben können, was einen erheblichen Einschnitt für die Szene darstellt.
Womöglich würde es daher Sinn ergeben, man präsentiere sowohl Götze und Schürrle auf einen Schlag im Paket. Ein Doppel-Transfer an einem Tag würde nach innen und außen eine höhere Signalwirkung mit sich bringen, Anfang Mai taten die Bayern bei Renato Sanches und Mats Hummels dasselbe. Götze würde so ein wenig aus der Schusslinie genommen, zumindest würde sich nicht alles ausschließlich auf ihn konzentrieren können.
Querverweis zum FC Bayern
Nun muss man kein Prophet sein, um darauf zu kommen, dass Götze zunächst der blanke Unmut entgegenschlagen würde. Die Frage ist - und gerade die mögliche Antwort darauf wird vom BVB genau beobachtet -, ob sich die breite Masse gegen den Rückkehrer stellen würde oder es "nur" der Teil der hartgesottenen Fans wäre, die rein zahlenmäßig keine Mehrheit darstellen und die man ohnehin schwer vom Gegenteil überzeugen könnte.
Auch hier bietet sich ein Querverweis zum FC Bayern an: Diejenigen, die in München gegen den Ex-Schalker Manuel Neuer nach seinem Wechsel die "Koan-Neuer-Kampagne" fuhren, halten bis heute noch daran fest. Da kann der Keeper so gut halten, wie er will. Ihre Beweggründe sind nicht sportlicher Natur.
Auf Götze projiziert: Die BVB-Ultras wird er nicht mehr für sich gewinnen können. Ginge er nach einer Rückkehr zur Borussia aber aus glaubwürdigem Eigeninteresse proaktiv wie demütig auf den Großteil der Fans zu, führte er Gespräche mit ihnen und würde dabei von der Kommunikationsabteilung des Vereins gut angeleitet, würde es nicht unmöglich erscheinen, dass Götze die große Mehrheit anschließend mit konstant guten Leistungen nach und nach wieder auf seine Seite ziehen kann.
Auch Toprak-Transfer noch möglich
Eindeutig möglich scheint jedenfalls vor allem eines zu sein: Dass der Trainer Tuchel aus Götze und Schürrle wieder jene vielversprechenden Fußballer machen kann, die sie vor einigen Jahren noch waren. Götze, Schürrle, ein fitter Marco Reus, allesamt sehr eng miteinander befreundet, dies alleine wäre eine durchaus ansehnliche Offensive mit enorm viel Potenzial, mit dem Tuchel arbeiten könnte.
Sie würden nominell zudem keine allzu verkehrte Alternative zu den Abgängen von Ilkay Gündogan und Henrikh Mkhitaryan darstellen. Hinzu kommt, dass es in diesem Mannschaftsteil auch noch ein paar andere ziemlich fähige Kicker gibt.
Ein solcher wäre auch Ömer Toprak, der die noch nicht ideal besetzte Innenverteidigung ohne Frage verstärken würde. Wie SPOX bereits vor sechs Wochen berichtete, ist ein Transfer des Leverkuseners nach Dortmund weiterhin nicht vom Tisch.
Kiew bei Dragovic unerbittlich
Er ist jedoch eng mit der Personalie Aleksandar Dragovic verknüpft. Bayer würde den Österreicher gerne verpflichten, der Spieler ist ebenfalls gewillt. Sein abgebender Verein Dynamo Kiew geht in den seit Wochen währenden Gesprächen allerdings nicht zimperlich vor und hat nur eines im Sinn: So viel Geld wie möglich für den 25-jährigen Österreicher herauszuschlagen.
Dass Dragovic, Toprak und nun auch Schürrles Berater Ingo Haspel die jeweiligen Wechselwünsche öffentlich machten, passt ins Bild und passierte nicht ohne Grund. Eigentlich wollen alle Beteiligten die drei Kaugummi-Transfers schnellstmöglich abwickeln. Eine Lösung steht bevor, sie war dann aus Dortmunder Sicht nur kein flotter Dreier, sondern brauchte Zeit und ist bleibt an gewisse Bedingungen geknüpft.
Glaubt man den kursierenden Zahlen, liegen die drei Dortmunder Angebote für Götze, Schürrle und Toprak - allesamt weit über 20 Millionen Euro schwer - nah an den Vorstellungen der abgebenden Klubs. Watzke hat in der letzten Saison nicht nur einmal betont, dass der BVB kräftig in Kader und Gehaltsstruktur investieren werde.
Neun Neue für 50 Millionen
Die Westfalen haben bislang rund 100 Millionen Euro eingenommen und etwa 60 ausgegeben. Das Götze-Schürrle-Toprak-Paket dürfte zwischen 80 und 90 Millionen Euro kosten - eine Summe, die dank des mittlerweile recht üppigen Dortmunder Festgeldkontos durchaus zu stemmen wäre. Es würde deshalb irritierend anmuten, wäre der BVB nicht bereit, in allen drei Fällen noch etwas drauf zu satteln, um die Transfers rechtzeitig unter Dach und Fach zu bringen.
Ob die Ablösesummen marktgerecht sind oder dem aktuellen Wert der Spieler entsprechen, lässt sich in heutigen Zeiten sicherlich trefflich diskutieren. Die finale Rechnung, freilich ohne die einzelnen Gehälter, Steuern und mögliche Einnahmen aus etwaigen Verkäufen von Neven Subotic oder Matthias Ginter miteinzubeziehen, ist aus Sicht der Borussia jedoch relativ einfach und gleichsam attraktiv: 100 Millionen an Einnahmen, geschätzte 150 Millionen an Ausgaben - dann hätte der BVB Stand jetzt für neun (!) Neuzugänge insgesamt 50 Millionen Euro an Transferentschädigungen gezahlt.
Dies wären im Schnitt 5,5 Millionen Euro pro Transfer. Für Götze, Schürrle, Toprak, Dembele, Rode, Merino, Bartra, Mor und Guerreiro keine schlechte Bilanz.
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