Von seiner Entlassung erfuhr der einst gefeierte Retter Bruno Labbadia am Telefon: Bundesligist Hamburger SV hat sich am Sonntag fast erwartungsgemäß von seinem Cheftrainer getrennt. Die Norddeutschen reagierten damit auf den Fehlstart in die neue Saison - das 0:1 am Samstag gegen Rekordmeister Bayern München war die vierte Niederlage in Serie.
Mit dem Rauswurf beendeten die HSV-Bosse ein tageslanges Verwirrspiel um die Zukunft des Coaches, der den Bundesliga-Dino 2015 vor dem sicher geglaubten Abstieg gerettet hatte.
"Dieser Schritt ist angesichts unseres sportlichen Trends notwendig", sagte Klub-Chef Dietmar Beiersdorfer, der für seine zögernde Haltung in den vergangenen Tagen viel Kritik erntete: "Ich bin der Überzeugung, dass wir jetzt eine Veränderung auf der Trainerposition vornehmen müssen, um nach dem enttäuschenden Saisonstart den sportlichen Turnaround zu schaffen."
Beiersdorfer dankt Labbadia
Favorit auf die Nachfolge bei den Hanseaten ist Markus Gisdol (47). Hinsichtlich dieser Personalie sagte Beiersdorfer am Sonntag: "Es gibt noch keinen rechtskräftigen Vertrag mit Gisdol."
Labbadia äußerte sich derweil versöhnlich und übernahm die Verantwortung für die sportliche Talfahrt. "Es ist schade, dass wir jetzt zu Beginn der Saison nicht die nötigen Ergebnisse erzielen konnten", teilte der Coach auf der Facebook-Seite des HSV mit und sprach von einer "wahnsinnig intensiven" Zeit: "Es hat mir sehr viel bedeutet, Trainer des HSV sein zu können. Ich habe mich jeden Tag mit dieser Aufgabe identifiziert."
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Beiersdorfer dankte Labbadia zwar ("Es bleibt unvergesslich, was er in einer sehr herausfordernden und schwierigen Zeit erreicht hat"), dennoch sei die Trennung unausweichlich gewesen. "Mit unserer bisherigen Punkteausbeute in dieser Saison liegen wir weit hinter unseren Ansprüchen zurück", sagte Beiersdorfer: "Das ist unbefriedigend und unzureichend. Wir alle stehen in der Pflicht, das sehr schnell zu verändern."
Exakt 529 Tage lenkte Labbadia die Geschicke beim Bundesliga-Dino und erlebte in dieser Zeit die komplette Gefühlspalette des Geschäfts, wurde innerhalb von fast 18 Monaten vom gefeierten Relegations-Retter zum verfluchten Sündenbock. Nach einer wahren Achterbahnfahrt wurde dem 50-Jährigen am Ende der miserable Saisonstart mit nur einem Punkt aus fünf Spielen und dem erneuten Absturz in die Abstiegszone zum Verhängnis.
"Ganz oben steht der HSV"
Er selbst hatte sich schon vor dem Bayern-Spiel keinen Illusionen hingegeben. Dann kam der Anruf am Sonntag, womit das Kapitel HSV für den Ex-Nationalspieler zum zweiten Mal während seiner Trainerlaufbahn beendet war. In den letzten zwölf Jahren verschlissen die Hanseaten sage und schreibe 14 Coaches!
Schon am späten Dienstagabend nach der 0:1-Pleite beim SC Freiburg hatte Beiersdorfer die Zukunft von Labbadia offen gelassen - und damit viel Raum für Spekulationen gelassen. "Wir werden das jetzt sacken lassen und dann mit ihm besprechen", sagte Beiersdorfer und stellte bei Sky klar: "Ganz oben steht der HSV und sonst niemand."
Kühne investierte 33 Millionen
Von der Euphorie der ersten Wochen und Monate unter Labbadia war zuletzt nicht mehr viel geblieben. Die Investitionen von rund 33 Millionen Euro, die Investor Klaus-Michael Kühne zu öffentlichen Europacup-Träumereien animierten, zahlten sich auf dem Platz bislang nicht aus.
Dabei deutete nach der Inthronisierung von Labbadia im Frühjahr 2015 zunächst vieles auf die perfekte Zusammenarbeit hin. Sechs Spieltage vor dem Ende der Saison 2014/15 übernahm der Darmstädter das Kommando bei den Norddeutschen und führte den Klub mit zehn von 18 möglichen Punkten vom letzten Platz noch in die Relegation.
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Spätestens als der HSV dort den Klassenerhalt perfekt machte, lagen Labbadia die Fans zu Füßen - auch nach der Niederlage gegen die Bayern wurde der Trainer gefeiert. Doch in der Klubspitze besaß er keinen Kredit mehr.
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